Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

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Ingo-GL

Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Ingo-GL »

In der technischen Entwicklung der Sharx-Tuner (Tuner mit Bandbreitenumschaltung) gab es mindestens eine grundlegende Änderung, nämlich den Wechsel von einem ZF-Verstärker mit schaltbaren Keramikfiltern zu einem Verstärker mit digitalem Filter.

Frage: In welchem Jahr hat Blaupunkt den Wechsel durchgeführt?

PowerAMs Palm Beach 50 (Jahr 2000) hat schaltbare keramische Filter.
Siehe http://forum.mysnip.de/read.php?8773,36 ... msg-369875

Der Woodstock 53 (2003) hat ein schaltbares digitales Filter

Welchen Filtertyp hat zum Beispiel der Woodstock 52?

Man erkennt es an der Hauptplatine: In den neueren Digiceivern mit digitalem Filter (wie Woodstock 53 und 54) sind alle Bauteile des UKW-Tuners auf der Hauptplatine verteilt. Es gibt keinen UKW-Tuner im Blechkästchen (jedenfalls in den Einfach-Tuner-Geräten; in Doppeltunergeräten wie Bremen MP 74 mag es anders aussehen). Und es gibt nur ein keramisches Filter.

Ingo
Erich Hoinicke

Re: Blaupunkt Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Erich Hoinicke »

Ich hatte schon immer den leisen Verdacht, dass der DigiCeiver meines Blaupunkt Dallas MD70 Vorreiter der neuen Sharx-Entwicklungsstufe für die nachfolgenden Woodstocks 53 und 54 war. Die ältesten privaten Testberichte im web stammen von Mai 2000! Wie von Ingo beschrieben, findet sich kein geschlossenes Tunerteil auf der Hauptplatine, auch ist nur ein ZF-Filter verbaut.

Ergänzen möchte ich, dass ich das oft beschriebene, 2...3 Sekunden dauernde Sharx-Einregelverhalten nicht wahrnehmen kann - es erfolgt weder stufig, noch gleitend: Der Sender "steht" beim Zappen einfach da, so wie bei einer Festbandbreite. Mit einem so kurz gewählten Regelparameter erübrigt sich für mich, Sharx nur bei Bedarf einzuschalten. Ich hab's ständig aktiviert, subjektiv ohne große Klangeinbußen, aber objektiv ohne messbare Einbußen in der RDS-Anzeige! Mai 2000 - wer bietet weniger?
Ingo-GL

Re: Blaupunkt Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Ingo-GL »

Die letzte Ziffer der Typnummer sagt aus, in welchem Jahr das Gerät herausgekommen ist:
42 = Jahr 1992
69 = Jahr 1999
50 = Jahr 2000
70 = Jahr 2000
53 = Jahr 2003
74 = Jahr 2004
35 = Jahr 2005 oder 1985

6x/7x hat eine hochwertige Ausstattung, 2x/3x hat die geringste; 4x/5x ist Mittelklasse.
Geräte mit 40er- und 60er-Nummer gibt es bei Blaupunkt zur Zeit nicht.

Der Dallas MD70 hat laut Erich Hoinicke also Sharx mit schaltbarem Digitalfilter. Damit hat Blaupunkt dann doch die beiden Techniken parallel in unterschiedlichen Gerätetypen desselben Jahres verwendet (denn Palm Beach C50 hat umschaltbare Keramikfilter)

Aus eigener Anschauung kenne ich nur das Sharx aus den Geräten mit DAB-Tuner (Woodstock 5x). Jedoch wird Blaupunkt in den Sharx-Geräten ohne DAB-Tuner dieselbe Technik verwendet haben, denn DAB und UKW-FM sind bei Blaupunkt ohnehin völlig getrennt.

Eine neue Beobachtung für mich ist, dass Blaupunkt unterschiedliche Leistungsstufen der _digitalen_ Filterung parallel in verschiedenen Gerätetypen verwendet hat. Erich Hoinickes Beobachtung des verzögerungslosen Ansprechens des Sharx-Filters am vergleichweise alten Dallas MD70 spricht jedoch für diese These. Und Tomfritz war ja schon immer dieser Ansicht.

Der Woodstock 53 hat im Vergleich zum Woodstock 54 in der Tat einen kleineren und vermutlich leistungsschwächeren Mikrocomputer auf der Platine (ich muss die Typnummern der von NEC hergestellten Mikrocomputer demnächst nochmal ablesen; sie unterscheiden sich an einer Stelle). Damit ist das unterschiedliche Ansprechverhalten der Digitalfilter der beiden Geräten dann wohl nicht bloß eine Folge unterschiedlich weit fortgeschrittener Software.

Nachtrag:
Ein Torx-Schraubendreher der Größe T9 wird benötigt für das Demontieren von Laufwerken und anderen innen liegenden Teilen. Neuerdings sind auch die Gehäusedeckel mit ebensolchen Schrauben befestigt.
Torx T20 braucht man zum Lösen der Frontplatte oder des Frontplattenrahmens.

Ingo
tomfritz

Re: Blaupunkt Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von tomfritz »

[Beitrag auf Wunsch des Users entfernt.]
Ingo-GL

Re: Blaupunkt Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Ingo-GL »

Der 32bit-Microcontroller NEC Typ µPD 70..., den ich in einem vorhergehenden Beitrag erwähnt habe, hat mit der digitalen Filterung nicht viel zu tun. Die Digiceiver-Elektronik steckt vielmehr in dem mit "Blaupunkt" beschrifteten Bauteil (quadratische Fläche, 4 x 16 Anschlusspins). Es beherbergt einen Analog-Digital-Umsetzer und einen speziellen Microcontroller (Signalprozessor).

Das im Woodstock 54 DAB und Casablanca MP54 verwendete Bauteil trägt unter anderem die Bezeichnung "SC 540 206 FU" (zweite oder dritte Zeile auf dem Baustein).

Der Woodstock 53 hat den Typ "SC 390 737 FU".

Die frühen Digiceiver-Bausteine beschränkten sich auf Demodulation und RDS-Decodierung. Das für die Trennschärfe entscheidende Zwischenfrequenzfilter war in konventioneller Technik ausgeführt (Keramikfilter und im Falle von Sharx: umschaltbare Keramikfilter).

Neuerdings erledigt der Digiceiver auch einen Teil der Filterung. Sharx wurde damit in den Digiceiver integriert, und Keramikfilter werden seither nur noch für die grobe Vorfilterung gebraucht.

Ingo
Ingo-GL

Re: Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Ingo-GL »

Vergleich des UKW-Filters der Geräte Woodstock 53 und 54
(Beide haben ein durch Software definiertes Filter):

Situation:
Empfangsfrequenz 88,70 MHz,
also 100 kHz neben einem mittelstarken Sender (88,80 WDR 5, Langenberg, 45 km entfernt, 75 dBµV an der Dipolantenne laut FMScan).
Die andere Nachbarfrequenz (88,60) ist weitgehend leer (zeitweise Business Nieuws Radio hörbar)

Woodstock 53:
Permanentes, aber geringes Kratzen von der 88,80
Von Zeit zu Zeit sind schwache Signale anderer Sender auf der 88,70 hörbar (France Musique, WDR 3 Biedenkopf/Sackpfeife)

Woodstock 54:
Sehr unruhiges Kratzen, häufig gerät das digitale Filter vorübergehend aus dem Takt, laute bis zu 1 Sekunde lange Kracher sind dann zu hören. Sporadisch klingt es sogar so, als stünde da ein sekundenlanger Leerträger. Sehr merkwürdig. Im Hintergrund sind dieselben Sender wie am Woodstock 53 zu hören.

Fazit:
Die gegenüber dem Jahrgang 2003 geänderte Filtersoftware des Woodstock 54 passt sich zwar schneller an die neue Situation nach einem Frequenzwechsel an, aber sie macht auch schneller mal einen Fehler.

Eine Frage an die Besitzer eines Woodstock 52: Welche Art von Filterung ist dort verbaut. Das digitale? Oder die umschaltbare Filterbank des Palm Beach C 50?

Ingo
Robert S.

Re: Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Robert S. »

Im 52 sollten digitale Filter drin sein,also manuell kann man da nix umschalten,nur halt SHARX aktivieren oder deaktivieren.
Jens1978

Re: Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Jens1978 »

Der Vorteil der digitalen Filterung ist ja aber, dass man unendlich viele Filter in allen Variationen entwickeln kann. Aus dem Grund verstehe ich nicht ganz, warum man nicht ein Menu macht, wo man verschiedene Filtervarianten auswählen kann. Die Software scheint ja da zu sein (WD53 <-> WD54). So wie jetzt schon bei Geräten verschiedene Klangvarianten auswählt werden können, wählt man dann halt verschiedene Empfindlichkeits-bzw. Einschwingstufen. So eine Abfrageroutine ist nicht viel, bringt aber viel. Als default-Fall gibt man halt irgendeine Standardfunktion ein. Allgemein ist aber der eigentliche UKW-Empfänger fast schon identisch mit dem für digitale Signale: Vorfilter(analog) -> A/D-Wandler -> Synchr. -> Abtastratenumsetzung ....
Felix 99

Re: Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Felix 99 »

@ Jens
Da die Geräte für den Massenmarkt und nicht für uns "Freaks" gebaut werden wird es sicherlich nie solch ein Menü zur Filtereinstellung geben.
Normaluser koennten dadurch eine unvorteilhafte Einstellung fabrizieren die den Kunden unzufrieden macht und somit das Markenimage schädigt.
Ich selbst würde soetwas natürlich vollends begrüssen aber komerziell ist sowas bei Massenmarkt Produkten unklug
- Und extra ein Servicemenue für 100 Leute zu implementieren wäre zu teuer.
Sprich sofern keine Techniker Eigeninitiative zeigen und soetwas versteckt irgendwo implementieren wirds sowas nicht geben.

Hat niemand hier conenctions zur Blaupunkt Entwicklungsabteilung?

@ Ingo
bevor ich mein Frankfurt zerlege - Wo finde ich das Blaupunkt teil? Unterseite oder Innenseite?
Hast mich jetzt neugierig gemacht was genau in meinem Radio verbaut ist.
Ingo-GL

Re: Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Ingo-GL »

Sharx kann auf zwei Arten realisiert worden sein:

Durch Umschalten zwischen mehreren keramischen Filtern.
Ein Beispiel dafür ist PowerAMs Palm Beach 50 (eingeführt im Jahr 2000). PowerAM hat an seinem Gerät die Filterbestückung geändert. Siehe http://forum.mysnip.de/read.php?8773,36 ... msg-369875

Oder eben durch digitale Filterung. Solche Geräte haben nur ein einzelnes keramisches Filter.

Das Vorhandensein eines mit 'Blaupunkt' beschrifteten Bausteins ist noch kein hinreichender Nachweis für das Vorhandensein einer digitalen Filterung. Entscheidend ist vielmehr die Anzahl der keramischen Filter. Es handelt sich um die bekannten senkrecht stehenden orangefarbenen Bauteile mit drei Anschlussbeinen. Bei den beiden Geräten Woodstock 53 und 54 ist das leicht zu erkennen. Dort sind nämlich alle Bauteile des UKW/LM-Tuners auf der Oberseite der Hauptplatine untergebracht. Bei anderen Geräten sieht man innen an der Rückwand ein Blechkästchen, das den UKW-Tuner und mindestens zwei keramische Filter enthält. Wenn es sich um ein Sharx-Gerät ohne digitale Filterung handelt, müssten jedoch noch mehr Filterbausteine vorhanden sein, im Blechkästchen oder auf der Hauptplatine.

Um vollständigen Einblick auf die Hauptplatine bekommen zu können, muss man das Laufwerk lösen. Bei den Geräten mit CD-Laufwerk geht das recht einfach. Bei einem Gerät des Jahrgangs 1992 mit Cassettenrecorder ging es eher schwer. Bei den mir bekannten Geräten von Blaupunkt wird zum Lösen des Laufwerks ein Torx-Schraubendreher der Größe T9 benötigt.

Ingo
PowerAM

Re: Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von PowerAM »

Schön, daß so viele Forums-Kollegen Interesse an meinem umgebauten Palm Beach
C50 finden! Jedenfalls hat das die beschriebene kaskadierte Filterbank. Was mich
jetzt mal interessiert ist mein Beetle-Alpha! Augenscheinlich hat es dann nach eurer
Beschreibung die erste Generation des "digitalen" SHARX, oder irre ich mich da?
Ich habe keine Filter gefunden - außer einem AM-Filter. Der Rest scheint gekapselt.

Auch wenn das Palm Beach C50 schon recht gut ist - ich habe den Eindruck, als wäre
das Beetle-Alpha noch einen Tick besser. Beide trennen gut, nur das Beetle-Alpha
schafft manchmal doch einen beim Palm Beach noch leicht angekratzten Sender ganz
sauber darzustellen. Beide Tuner sind aber beim SHARX-Regelverhalten sehr langsam,
sie brauchen also sehr viel Zeit, den Empfang im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu op-
timieren. Da ist das Palm Beach auch noch langsamer - vermutlich weil die Steuerung
andere Empfangsergebnisse erwartet als tatsächlich durch die veränderten Filter er-
reicht werden.
Jens1978

Re: Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Jens1978 »

@Felix
Klar, das sehe ich genauso, ein Menu mit 15 verschiedenen Filtern macht auch wenig Sinn. Allerdings gibt es bei jedem Radio mittlerweile einen Umschalter für lokal<->dx und da kann man auch noch was anderes in dieses Funktion reinpacken als bloß die Empfindlichkeit. Machbar und wirtschaftlich günstig und leicht realisierbar ist da schon was....

@PowerAM
Welche Filterbandbreiten hast du eigentlich bei dir gegen welche ausgetauscht?

Welche Bandbreite hat eigentlich das Vorfilter bei den digitalen Sharx-Empfängern? Lohnt sich da ein Austausch?
Erich Hoinicke

Re: Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Erich Hoinicke »

@Jens1978:

Ich hatte mal vor zwei Jahren mit meinem o.g. Dallas einen Parallelscan gegen meinen Heimtuner gemacht und dabei die gesockelten Filter des Onkyo so lange durcheinander getauscht, bis ich die Filterkombination in "supernarrow" gefunden hatte, bei der beide Geräte ein identisches Empfangsverhalten an den Tag legten:

110 - 110 - 110 - 110 - 80 - 80 [kHz]

Das fand ich schon sensationell, denn damit trennst du schon recht gut im 0,1 MHz-Abstand. Zum Vergleich meine bevorzugte Bestückung, bei der es gerade noch nicht zu hörbaren Verzerrungen kommt:

110 - 110 - 80 - 80 - 80 - 80 [kHz]

Hardcore-DXer nehmen Kratzen in Kauf und würden sicher noch schmalere Filter einsetzen. Nur müsstest du, wenn du mit einem zu schmalen Vorfilter beim Blaupunkt hörtest, ständig zwischen Sharx und No Sharx wechseln, je nach dem, ob du DXen oder Musik hören willst. Mit dem Gedanken im Kopf, dass die geringe Bandbreitenreserve wahrscheinlich für übermodulierende Sender aus HOL ganz sinnvoll ist, bin ich dem Vorfilter im Dallas damals nicht mehr nachgegangen.
Ingo-GL

Re: Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von Ingo-GL »

Auch beim digitalen Filter könnte das Auswechseln des keramischen Vorfilters einen Vorteil bringen. 100 kHz neben dem Ortssender würde die Regelung die Zwischenfrequenzverstärkung weniger stark herunterfahren, der Empfänger würde weniger stark desensibilisiert. Wieviel das bringt ist schwer vorauszusagen. Die Trennschärfe eines Empfängers hängt nicht nur vom Zwischenfrequenzfilter ab, sondern auch vom Rauschen des Oszillators der Frequenzumsetzung und generell von der Übersteuerungsfestigkeit der Eingangsstufen.

Ingo
PowerAM

Re: Blaupunkt Digiceiver / Sharx Entwicklungsgeschichte

Beitrag von PowerAM »

Was original drin war weiß ich nicht mehr, ich glaube aber es irgendwo hier ge-
postet zu haben. Jetzt sind diese Filter drin: 150 - 110 -110 - 110 - 110. Schmalere
habe ich nicht. Wie die Automatik damit nun arbeitet weiß ich nicht und auch
nicht, wieviele Kombinationen sie zum Durchspielen hat.
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