frank.koriander hat geschrieben: ↑Do 28. Mär 2024, 13:25[...] Ach ja, @PAM, perfekte Analyse, genau so sehe ich es auch. 2022 wurde die Chance auf Frieden verpasst, jetzt mal völlig egal, ob dieser nachhaltig gewesen wäre oder nicht. Damals dachte man aber, so wie man die Russen aus Kiew wieder vertrieben hat, würde es die ukrainische Armee auch anderswo schaffen. Wie wir heute wissen, eine fatale Fehleinschätzung!
Damals war kurzzeitig das Momentum auf ukrainischer Seite. Russland glaubte, binnen weniger Wochen Richtung Kiew vorrücken zu können, die Hauptstadt einzunehmen und eine Militärregierung einsetzen zu können. Das scheiterte trotz personeller und materieller Übermacht an hundsmiserabel gewarteten Fahrzeugen mit z. T. 60 Jahre alten Reifen, an sich zusetzenden Kraftstofffiltern wegen des Nachschubs von abgestandenem Sprit und anfangs auch mit ebenfalls bescheiden ausgerüsteten Männern für die ersten Reihen der Front. Wie gesagt, man ging von einer nur wenige Wochen dauernden "Spezialoperation" aus.
Zugleich prallte man auf eine ebenfalls nicht ansatzweise ausreichend ausgestattetete ukrainische Armee, die jedoch viel durch hohe Motivation und Kampfwillen ausgleichen konnte. An ihre Seite stellten sich zumindest damals nicht wenige Freiwillige. Viele von ihnen sehr jung, männlich wie weiblich - und ebenfalls hochmotiviert. Mit logischem Denken, räumlichem Vorstellungsvermögen und eben der genannten Entschlossenheit sind heute noch einige 1000 als erfolgreiche Drohnenpiloten im Einsatz. Und man verschoss generell erstmal alles, was man noch hatte - von uralter russischer Munition bis hin zu den Spenden des Westens.
Wie ich schrieb, wäre das damals der Punkt gewesen, an dem man mit Unterstützung "des Westens" eine starke Verhandlungsposition gehabt hätte. "Der Westen", d. h. Europa, war sich nicht einig ob der Unterstützung und zumindest von Großbritannien sowie von den USA gab es die Anweisung an die ukrainische Regierung, zwischen dem Abwehrkampf mit Unterstützung primär durch die USA zu wählen oder sich dafür zu entscheiden, dass "der Westen" die Ukraine fallen lassen würde. An die Wand gedrückt entschied man sich für den Einstieg in den Abwehrkampf. Wohl auch - selbst beeindruckt - angesichts der Erfolge in den ersten Kriegswochen. Danach kam die Offensive Russlands mit unzähligen iranischen Kamikazedrohnen, denen über eine viel zu lange Zeit nichts entgegenzusetzen war. Auch heute noch muss man entscheiden, ob man sich für den sehr teuren Abschuss einer Drohne entschließt oder diese aktiv werden lässt, wenn man die angerichteten Schäden hinzunehmen bereit ist. Und nach wie vor hat die Ukraine über eigenem Territorium keine Lufthoheit.
Russland hat inzwischen massiv aufgerüstet und kombiniert uralte Militärtechnik mit Neuentwicklungen. Jeder Krieg ist eine dankbare Spielwiese für die neuesten Spielzeuge der Rüstungsindustrie, die ihrerseits noch nachbessern kann, zugleich aber auch für die Zukunft auf den erfolgreichen Kriegseinsatz verweisen kann. Verkauft sich einfach besser! Dem steht die Ukraine mit alten sowjetischen Waffen, zum Teil aber auch mit Wehrmachtshaubitzen gegenüber. Was "der Westen" an Spenden überlassen hatte, war weder mengenmäßig ausreichend, noch sollte die Ukraine zu stark werden. Das führte u. a. zu den haarsträubenden Videoszenen, in denen von der Ukraine eingesetzte Bradley als Einzelkämpfer eingesetzt wurden. Quasi als fahrende Kanone! Der Panzerkampf ist i. d. R. eine Rudeltaktik, bei der die kleinste Kampfeinheit die Panzerrotte ist. Sie bietet eine breite und schnelle Feuerkraft, ist agil und taucht (falls nicht von Drohnen aufgeklärt) aus dem Nichts auf. Der Bradley ganz besonders, er ist ggü. russischen Panzern geradezu leise. Die Panzerrotte unterstützt i. d. R. eine räumlich recht eng an sie gebundene Truppe Fußvolk (Infanterie), die wiederum in die von den Panzern aufgeschreckten oder idealerweise bereits teilzerstörten Stellungen und ihre Schützengräben für den Mannkampf geht.