[Historisches] Gemeinschaftsanlagen auf Hochhäusern: DXers Fluch oder Segen?

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Thomas(Metal)
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[Historisches] Gemeinschaftsanlagen auf Hochhäusern: DXers Fluch oder Segen?

Beitrag von Thomas(Metal) »

Vorweg bemerkt: Ich hatte eigentlich nie die Möglichkeit an einer solchen den Empfang zu testen.

Man sieht manchmal noch Relikte einer gloreichen Analog-Zeit auf den Dächern von Wohnanlagen. Natürlich sind praktisch alle längst außer Betrieb und wurden vermutlich schon in den 80ern durch den Kabelanschluß ersetzt. Dennoch stelle ich die Frage: Was hat eine solche Anlage auf einer "Wohnmaschine" mit 10 und mehr Stockwerken denn empfangen und weiterverteilt? Wenn ich mir das Ruhrgebiet so ansehe würde ich mal von einer UKW-Antenne, vermutlich nur Dipol, ausgehen der grob nach Langenberg zeigte. Östlich wird man also ein Stück weit in südwestlicher Richtung einen satten Beifang gehabt haben, Westlich entsprechend in südöstlicher Richtung.
Ich vermute UKW wurde offen gelassen (breitbandig). Beim Fernsehen könnte ich mir dagegen Kanalantennen und Weichen vorstellen die dann natürlich DXers Albtraum waren.
QTH: 911-69 (II: Körner 9.2, III: LPDA16), QTH-alt: 9354 (II: FUBA UKA-028)
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elchris
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Re: [Historisches] Gemeinschaftsanlagen auf Hochhäusern: DXers Fluch oder Segen?

Beitrag von elchris »

Hier in München, Anlage Baujahr mitte 60er, mit Hausantenne. Früher die übliche Konfigurationen aus VHF und UHF - heute noch eine UHF für den Österreicher, die macht seit DVB-T ja alle lokalen Programme gleich mit. Bei solchen hohen Anlagen mit weiten Kabelwegen war DX natürlich nachraning - Ziel ist hier, allen Wohneinheiten einen gleichmässigen, ausreichenden Pegel zur Verfügung zu stellen.

Wie du schon richtig vermutest gab es da Kanalselektierer - hier um K10 (ARD Wendelstein) abzuschwächen und gleichzeitig K8+32 (ORF Salzburg) sauber zu ermöglichen. Der legendäre K8K32 von Kathrein liegt bei meinem Vater noch (abgestöpselt da schon lange Sat) am Speicher.
Unterwegs auf Schiene und Straße.
pomnitz26
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Re: [Historisches] Gemeinschaftsanlagen auf Hochhäusern: DXers Fluch oder Segen?

Beitrag von pomnitz26 »

Ich kenne in Halle Saale normalerweise den S+K Kabelanschluss. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Nachdem in einem Haus mal das Satellitenfernsehen über Weihnachten / Neujahr gestört war haben die noch DVB-T mit 3x jeden ÖR Mux und 2x die Freenet Muxe. Aus heutiger Sicht sicher nicht mehr spannend aber das ein Mehrfamilienhaus vom Vermieter noch so etwas aufrecht erhält ist wohl auch kaum die Regel. Die Wohnung hat in 2 Räumen die TV Dose mit Satelliten TV und DVB-T. Daneben gibt es noch eine weitere Dose für richtiges Kabelnetz die aber nicht funktioniert. So gesehen alles vorhanden.
Thomas(Metal)
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Re: [Historisches] Gemeinschaftsanlagen auf Hochhäusern: DXers Fluch oder Segen?

Beitrag von Thomas(Metal) »

Ich erinnere mich an eine Anlage in Niederpöcking / Kreis Starnberg. Dort wurde Dank eines BR-Mitarbeiters wohl bereits in den 70ern eine Gemeinschaftsanlage für eine Siedlung auf einem Schleuderbetonmast aufgebaut. Die UKW-Antenne war eine 4er Yagi welche etwa nach Salzburg zeigte, VHF-III dürften irgendwo > 10 Elemente gewesein sein und war auf den Wendelstein ausgerichtet. UHF war jeweils als 2er Gruppe gebaut. Einmal zur Zugspitze für ORF1/2 und dann 2x eine 2er Gruppe nach München. Das Erste wurde auf E10 beibehalten, ob Umsetzer im Einsatz waren ist mir nicht bekannt gewesen. Filter waren auf jeden Fall verbaut, da die UHF-Programme alle nach VHF umgesetzt wurden. Immerhin waren damit die Privatsender vom Olympiaturm bei normalem Wetter einwandfrei empfangabar. "Interessant" war SAT1, bezogen via E59. Das hatte gerne mal Probleme, immer wieder war das BayFS dort zu sehen. Übersteuert war da nichts, sondern es war der E59 vom Hohen Bogen (!) aus etwa 250km Entfernung.
UKW war aus DXer Sicht nicht aufregend. Nach meiner Meinung war es zu schwach gepegelt. Die Wendelstein-Programme waren alle mit Vollanschlag, die 107,7 hingegen war schon deutlich schwächer. Der Münchener Lokalfunk war deutlich verrauscht was nicht nur der Antennenstellung geschuldet war. Selbstversuche mit einer 4er Yagi, natürlich nicht auf dem hohen Mast, sondern in etwa 2-3m über Grund hatten da deutlich besser Ergebnisse gebracht. Auch war die Ausrichtung "langweilig". Nach Südwesten hätte es deutlich mehr Programm gegeben. Der ORF wäre dann von Reutte oder Zugspitze (diese Reihenfolge) gekommen, die Schweizer wären dabei gewesen, aber, für mich damals sehr interessant, SWF3 vom Grünten war da auch einwandfrei möglich. [Nachtrag] Mit der Südost-Einstellung war immerhin der DLF via 100,1 gerade so sauber in Mono empfangbar.
Leider hatte man im TV-Bereich keine Antenne in Richtung Säntis aufgebaut. Etwas höher, oben an der Kaserne, war die VHF-III für Säntis wohl bereits Standard.
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PAM
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Re: [Historisches] Gemeinschaftsanlagen auf Hochhäusern: DXers Fluch oder Segen?

Beitrag von PAM »

Hier, am Rande Berlins, war im 1963 bis 1964 errichteten Wohngebiet auf jedem der vier Blöcke je eine 3-Element für UKW, eine 10-Element für VHF-Band III und ein UHF-Rechen für das untere Bandende (ab K39 fiel der Empfang dramatisch ab. UKW kam ungefiltert und brachte das reguläre Berliner Programmangebot. Die Fernsehbänder waren so befiltert, dass nur K5 (DDR 1) und K27 (DDR 2) stark kamen. Gegen die Signalstärken von K7 (ARD mit SFB-Regionalprogramm) und K33 (Zweites West) waren selbst die Filter machtlos - sie kamen in deutlich verschlechterter Qualität dennoch durch. E39 (N3 mit SFB-Regionalprogramm) fraß die Befilterung recht wirksam und E25 (SAT.1 ab 1987) rutschte nur deshalb recht wenig bedämpft durch, weil 2 Kanäle unter DDR 2 mit mehr Bedämpfung das DDR-Fernsehen gelitten hätte.

Deutlich wirksamer als die Befilterung war aber die Auslegung der Netze in Baumstruktur und die zu wenig entkoppelten Anschlussdosen. Dahinter wurde in den Mieterwohnungen ziemlich viel mit eigenen Kabeln gepfuscht und das brachte Reflexionen, Brummstreifen und andere hässliche Erscheinungen. In manchen Aufgängen konnte das trotz des noch ganz guten Pegels das eine oder andere Westprogramm unansehnlich machen. Es wurde spekuliert, dass besonders starke Störstreifen oder Geisterbilder auf Westprogrammen vielleicht gezielte Sabotage sein könnten. Und ja, es handelte sich um Dienstwohnungen der Volkspolizei.

Irgendwann um 1987 oder 1988 herum verschwanden in dem Block, in dem ich damals mit meinen Eltern wohnte, die Filter. Damit geriet vielleicht auch die Pegelung in falsche Regionen, fortan hatte DDR 2 zwei harte Schatten rechts neben vertikalen Strukturen und bei Texteinblendungen waren deutliche Reflexionen zu sehen. Hinzu kam bei scharf gesprochenen Lauten ein Kratzgeräusch im Ton. Mich ärgerte das, da meine Märchenfilme in der Bild- und Tonqualität eingebüßt hatten. Erstes und Zweites West kamen dafür richtig gut, N3 wirkte immer etwas flau und SAT.1 war stärker geworden bei nur noch wenig Bildrauschen. Im Nachhinein erzählte man sich, dass in einer Nacht- und Nebel-Aktion wohl alle Antennen etwas Richtung Westen geschwenkt wurden und das optimale ZDF-Bild der Maßstab für diese Aktion war.

Empfangbare Fernsehprogramme: DDR 1, DDR 2, ARD, ZDF, N3 und ab 1987 SAT.1.

Mit den Defiziten, insbesondere oberhalb Kanal 39, ging es nach der Wende noch einige Jahre. 1991 kam das ersehnte RTL plus auf K56 dazu, hier leider nur stark verrauscht an der Grenze zum Farbempfang. Pro7, n-tv und VOX (sowie FAB) gab es hier später noch. Ab Mitte der 1990er wurden weitere Programme von Astra dazu eingespeist, also eine bunte Mischung aus lokal analog empfangenen Programmen und Ergänzungen vom Orbiter. War für die Zeit okay, brachte uns immerhin Viva 1 und 2.

Aus Sicht des DXers war diese Anlage reizlos. Abgesehen von mehrmals miterlebten Überrwichweiten, die lokale Programme weg drückten, war damit nicht viel zu machen. Mehrere Male hatte ich die weg gedrückten Kanäle 7 und 56 erlebt, mehrere Male fiel auch der MDR vom Brocken und vom Inselsberg auf die Antenne. Einmal kann ich mich hier auch an das HR-Fernsehen erinnern. Auf UKW hatte ich selbst in jungen Jahren mit Zimmerantennen mehr eingefangen.
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Ingelheimer
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Re: [Historisches] Gemeinschaftsanlagen auf Hochhäusern: DXers Fluch oder Segen?

Beitrag von Ingelheimer »

In den Hochhäusern am Eckbusch in Wuppertal waren aufgrund der Lage und entsprechenden Antennen die Holländer und Südwest mit drin. Wenn man gewollt hätte, hätte man mit wenig Aufwand viel mehr rein holen können. Den Aufwand haben die Wohnungsgesellschaften aber nicht getrieben. Das war halt der Unterschied, ob es in Bayern um ORF oder in der Ostzone um ZDF ging oder "nur" um Belgien oder Hessen.
HAL9000
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Re: [Historisches] Gemeinschaftsanlagen auf Hochhäusern: DXers Fluch oder Segen?

Beitrag von HAL9000 »

Unsere Mietshaus- Anlage in Wilhelmshaven in den 70er Jahren vor dem Kabelanschluss war zumindest TV- technisch eher langweilig: Nach Westen ausgerichtete Fernsehantenne mit drei Kanalverstärkern für Aurich (ARD Kanal 53, ZDF Kanal 33 und Nord3 Kanal 43). Was anderes kam da auch nicht.
Besser war die 5 Elemente UKW- Antenne, die nach Südost ausgerichtet war (wohl wegen Radio Bremen). Daran hing einfach ein Kathrein Bereichsverstärker, so dass alles, was eben grad an der Antenne ging, auch hörbar werden konnte. Somit kam oftmals hr1 vom Hohen Meissner 99,0 und WDR 2 vom Bielstein auf 93,2. hr3 ging auch dann und wann, aber mangels trennscharfer Empfänger wurde der leider oftmals vom Bremerhavener 89,3 kaputtgemacht.
Ant: Humax 80cm Sat auf Stab USALS PolarMount- Rotor, UKW-Antenne 14 El. Kompaß @ Rotor
RX: microtelecom PERSEUS & microtelecom FM+
KFZ: Alpine i902D-G6
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