Geschichte der Störsender Rias Berlin

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Funker Tommy
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Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von Funker Tommy »

Bis 1978 wurden ja die Rias MW durchgängig von der DDR gestört.

Mich würde interessieren, warum dies bei der KW 6005 kHz nicht der Fall war.

Und wie sah es mit den Ukw Sendern Berlin und Hof sus?
iro
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von iro »

Vermutlich wegen der Toten Zone auf Kurzwelle. Die Frage ist auch, ob die 6005 überhaupt in der DDR empfangen werden konnte, außer 50 km um Berlin herum.
Funker Tommy
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von Funker Tommy »

Soweit ich weiß wurde auf 6005 auch aus München gesendet.
In einem Blog eben gelesen, dass es auch einen 5 kW Störsender für die 6005 gab.
Von dem habe ich hier im Westen aber nichts mitbekommen, während die MW zeitweise
ziemlich verbrummt war.
RudiP
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von RudiP »

Die DDR-Post hat schön brav internationale Verträge eingehalten und Devisen kassiert, indem sie das Signal von Rias Berlin von Berlin nach Huf durchgeleitet hat. Anschließend hat die DDR dann die Hofer Mittelwelle gestört.
Chris_BLN
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von Chris_BLN »

Funker Tommy hat geschrieben: Sa 1. Aug 2020, 21:20 Und wie sah es mit den Ukw Sendern Berlin und Hof sus?
Wann kamen diese Frequenzen eigentlich dazu? RIAS 2 via Hof 91,2 habe ich 1987-89 regelmäßig gehört (damals Stammsender, danach wechselte ich zu DT64), da war nix gestört. RIAS 2 lief in Ostthüringen bestens.

Was aber auch noch 1988 wirklich gestört wurde war die Sendung "Radio Glasnost"mit konspirativer Ostbeteiligung auf dem linksalternativen Radio 100 in Berlin. Das war der DDR dann wirklich zuviel, sie hat die 103,4 (heute Energy-Blödfunk) dicht gemacht: https://www.maxschoenherr.de/clock/radio-100-gestoert/

Da wäre schon mal interessant, wie die das realisiert haben, vor allem die Funküberwachung mit 64 Stationen.
RudiP hat geschrieben: Sa 1. Aug 2020, 22:26 Die DDR-Post hat schön brav internationale Verträge eingehalten und Devisen kassiert, indem sie das Signal von Rias Berlin von Berlin nach Huf durchgeleitet hat. Anschließend hat die DDR dann die Hofer Mittelwelle gestört.
Das wurde mir auch zugetragen von jemandem, der einst in einem der beteiligten Ämter gearbeitet hat. Im Keller lag der RIAS auf Leitung an.
Jens1978
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von Jens1978 »

iro hat geschrieben: Sa 1. Aug 2020, 22:05 Vermutlich wegen der Toten Zone auf Kurzwelle. Die Frage ist auch, ob die 6005 überhaupt in der DDR empfangen werden konnte, außer 50 km um Berlin herum.
Doch, konnte sie meines Wissens nach schon. Der Sender Berlin Britz hatte eine extreme Steilstrahlantenne genau aus diesem Grund.
Die Kurzwelle zu stören war bestimmt deutlich schwieriger da vor allem das Nutzsignal doch sehr stark war und nicht so schnell leistungsmäßig abfiel. Die KW Störsender hätten dann auch so stark sein müssen. Und da man die Reichweiten nicht so leicht begrenzen konnte, wären die Störungen dann auch außerhalb der DDR zu hören gewesen bzw. die Rias Frequenz wäre völlig unbrauchbar geworden. Ich vermute deswegen hat man darauf verzichtet, denn die USA und auch die BRD wären da mit Sicherheit gegen vorgegangen. Aber Kurzwellenstörungen sind dennoch nichts außergewöhnliches. Selbst heute hört man noch auf diversen Kurzwellenfrequenzen Störsendungen aus China mit typischer chinesischer Musik über einem anderen Signal.
QTH: Bremer Umland
Funker Tommy
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von Funker Tommy »

Andererseits wurden aber RFE RL Sendungen in russ. Sprache oder DW Sendungen in tschechischer Sprache im 49 m Band effektiv gestört, bis zur Wende Anfang der 90er.
carkiller08
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von carkiller08 »

Unter
https://d-nb.info/1018485201/34
(Andreas Schmidt: Hauptabteilung III: Funkaufklärung und Funkabwehr (Handbuch).Hg. BStU. Berlin 2010. )

finden sich auf S.146 (PDF-Seite 144) Details, welcher Aufwand mit UKW-Störsendern 1988
wegen "Radio100" ( Sendung "Radio Glasnost") betrieben wurde.
580 Die Verteilung der Störanlagen (einschließlich Störfunktion) auf die Standorte nahm sich wie folgt aus: Fernsehturm Berlin-Alexanderplatz: 1 Sender der DP, 1 000 W, Störrichtung 45° und 90°; Berlin-Mitte, Hochhaus Leipziger Straße: 1 Sender der HA III, 50 W, Störrichtung 90° und 270°; Gebäude der BDP Potsdam, Zentrum: 1 Sender der DP, 20 W, Störrichtung rundum Stadtzentrum Potsdam; Berlin-Mitte, Hochhaus Fischerinsel: 1 Sender der DP, 20 W, Störrichtung rundum Stadtbezirk Mitte; Berlin-Mitte, Haus der Elektroindustrie: 1 Sender der DP, 20 W, Störrichtung 350° Stadtbezirk Mitte; Berlin-Prenzlauer Berg, VP-Inspektion: 1 Sender der DP, 20 W, Störrichtung 360° Stadtbezirk Prenzlauer Berg; Potsdam-Nord, Gelände: 2 Sender der NVA, 40 W, Störrichtung 100° und 140° Stadtzentrum Potsdam; Babelsberg, Gelände: 2 Sender der NVA, 40 W, Störrichtung 160° und 200° Zentrum Babels-berg; Basdorf, VP-Bereitschaft: 2 Sender der NVA, 40 W, Störrichtung 5° und 15°; Berlin-Johannisthal, Flugplatz: 2 Sender der NVA, 40 W, Störrichtung 0° und 90° Stadtbezirk Schöneweide/Johannisthal; Berlin, Stadion der Weltjugend: 2 Sender der NVA, 40 W, Störrichtung 120° und 150° Stadtbezirk Mit-te; Berlin, Stadion der Weltjugend: 2 Sender der NVA, 40 W, Störrichtung 80° und 100° Stadtbezirk Mitte. Vgl. HA III, Generalmajor Männchen: Anschreiben vom 6.5.1988 an den Stellvertreter des Ministers, Generalleutnant Schwanitz, nebst Anlage: Abschlussbericht zu realisierten operativ-technischen Maßnahmen gegen die Sendung »Radio Glasnost – außer Kontrolle« am 25.4.1988, 2.5.1988; ebenda, Bl. 12–20, hier 20.
Der RIAS wurde m.W. in den 80ern nicht mehr gestört.
Funker Tommy
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von Funker Tommy »

Ja, auf MW wurden die Störungen mit Inkrafttreten des Genfer Wellenplans 1978 eingestellt
RADIO354
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von RADIO354 »

Es gab Nördlich von Berlin eine Region ( Flecken Zechlin ) wo Ich durch Ausrichten des Radios die MW Stärer des RIAS sauber ausblenden konnte.
Mit gutem Gerät war RIAS da auch noch via UKW empfangbar.
Harald Z
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von Harald Z »

…1950 begann die DDR mit ersten Störsendungen auf der damaligen Berliner RIAS-Frequenz 989 kHz. Diese Störsendungen führten zur Inbetriebnahme eines 20 kW Kurzwellensenders auf 6005 kHz (aus Berlin-Britz), denn damit konnten auch entfernte Gebiete der DDR weitgehend störungsfrei erreicht werden. RIAS auf Kurzwelle gab es bereits zwischen Juli 1948 und April 1949 auf 6080 kHz über einen 70-kW-Sender der VoA in München-Ismaning. Von 1954 bis 1964 wurde RIAS von München aus auch über Langwelle 173 kHz (1000 kW) und Mittelwelle 1186 kHz verbreitet. Als diese Ära am 1. Februar 1964 geendet hatte versuchte man als Ausgleich auf der 6005 tags mit 70 kW von München und nachts mit 20 kW von Berlin zu senden. 1975 wurde dieser Rhythmus umgekehrt. … Da auch diese Lösung nicht befriedigte, nahm man am 1. September 1983 einen neuen 100 kW Kurzwellensender in Berlin in Betrieb. Ismaning war fortan für der RIAS überflüssig… Gleichzeitig kam statt des Faltdipols eine neue Quadrat-Dipol Kurzwellenantenne zum Einsatz. … Am 23. November 1978, dem Tag des Inkrafttretens des neuen internationalen Wellenplans für Lang- und Mittelwelle, endeten die Störsendungen der DDR…

Auszug aus „100 Jahre Funktechnik“ Behnke/Herold/Klawitter/Manteuffel - Wissenschaft und Technik Verlag Berlin 1977 - Seite 188/189
793267
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von 793267 »

Funker Tommy hat geschrieben: Sa 1. Aug 2020, 22:20 Soweit ich weiß wurde auf 6005 auch aus München gesendet.
In einem Blog eben gelesen, dass es auch einen 5 kW Störsender für die 6005 gab.
Von dem habe ich hier im Westen aber nichts mitbekommen, während die MW zeitweise
ziemlich verbrummt war.
Der RIAS Berlin hatte schon seit der Gründung, US Bindungen (Gründung als DIAS, durch die US Millitärverwaltungsanweisung, für Berlin).
Zur Modulationsversorgung der RIAS Berlin Sender in Bayern (Hof), wurde ein US Amy Kabel benutzt.
Teilweise kam auch ein VOA MRS Sender (MUN 6005 kHz 100 Kw Programm RIAS BERLIN) zum Einsatz.

Bayerischer Rundfunk, Sender Ismaning, Senderstraße 31-57, D 85737 Ismaning
1 Hier gibt es, auch heute noch eine Fläche, die vom BR benutzt wird, für UKW/DAB Sendungen - Ismaning, ex ITU/HFCC Standortkenner: ISM Ismaning (BR) D 48N15 011E45 6085 kHz 100 kW.

2 Gleich daneben, lag die Fläche der ehemaligen VOA Munich Relay Station (VOA MRS), mit seinen Sendern - Ismaning, ex ITU/HFCC Standortkenner: MUN Munich D 48N06 011E36.

Vom RIAS wurde meines Wissen, nur auf MW Beeinträchtigungen, durch DDR Störsender berichtet.

Ich las auch mal, von einem RIAS Kabelsignal Spannungsabfall, in Hof. Hier hatte jemand in der DDR, die Leitung, für sein eigenes RIAS Programm angezapft.
Klaus-Peter
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von Klaus-Peter »

Info vom RIAS
Dateianhänge
rias.png
QTH : Region Hannover
RX : Grundig Satellit 650 u.a.
ANT : Teleskop und Langdraht
Felix II
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von Felix II »

Was aber auch noch 1988 wirklich gestört wurde war die Sendung "Radio Glasnost"
In diesem Zusammenhang würde mich mal interessieren ob man die damals gestörten Sendungen heute noch ungestört irgendwo nachhören kann.
mfG: Felix II
[hr]
Zitat H.S.: Es gibt kluge Menschen in Deutschland. Und solche die gendern...
Sticks and stones may break my bones but there will always be something to offend a feminist.
Wikipedia: Standart bezeichnet häufig eine Falschschreibung des Wortes Standard
Chris_BLN
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Re: Geschichte der Störsender Rias Berlin

Beitrag von Chris_BLN »

carkiller08 hat geschrieben: Sa 1. Aug 2020, 23:05 Unter
https://d-nb.info/1018485201/34
(Andreas Schmidt: Hauptabteilung III: Funkaufklärung und Funkabwehr (Handbuch).Hg. BStU. Berlin 2010. )

finden sich auf S.146 (PDF-Seite 144) Details, welcher Aufwand mit UKW-Störsendern 1988
wegen "Radio100" ( Sendung "Radio Glasnost") betrieben wurde.
Danke! Nicht nur dieser Teil der Abhandlung liest sich spannender als jeder Krimi.

Und heute läuft elektronischer Krieg und Desinformation ganz legal über Facebook, Whatsapp, Twitter und andere Kanäle und ist für uns so normal, genau wie "Vorratsdatenspeicherung", unbefugt ausgelesene Polizei-Computer etc. Die Sprachaufzeichnungsqualität unserer Alexas dürfte auch weitaus besser sein als die der von der Stasi in Steckdosen und Fernseher eingebauten Mikrofone. Schöne neue Welt.
Felix II hat geschrieben: So 2. Aug 2020, 09:04 In diesem Zusammenhang würde mich mal interessieren ob man die damals gestörten Sendungen heute noch ungestört irgendwo nachhören kann.
Dazu sagt https://www.deutschlandfunk.de/radio-gl ... e_id=99558 :

Und was bleibt von Radio Glasnost – außer 27 Stunden Mitschnitt im Robert-Havemann-Archiv in Berlin?

Dort wird man also fündig.

Und wenn man den Text beim DLF so liest, merkt man, wie sich Geschichte immer weiter entwickelt und wie manches von "damals" mit heutigen Kenntnissen völlig anders bewertet werden muss. Da taucht z.B. der Name Lengsfeld auf und was sie damals damit zu tun hatte. 2009 entstand dieser Beitrag des DLF. Und heute? Ja, da kann einem schon übel werden.
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