Medienbeobachtung und Medienkritik

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RF_NWD
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Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von RF_NWD »

Ich mache hier mal einen neuen Faden auf. Sozusagen auf der Meta-Ebene.
Gedacht als Entlastung anderer Fäden, in denen dies Thema immer wieder mit reinschwappt und die Diskussion über das eigentliche Thema belastet.

Natürlich haben Diskussionen über Grundsätze des Journalismus wie beim Beispiel der vom SWR entlassenen Influencerin nichts im Radioforum zu suchen. Und viele Beiträge im OT Bereich sind ja auch durchseucht von massiver Grundsatzkritik, wie gerade heute morgen im Corona- Thread.
Diese Narrative beeinflussen natürlich auch die Selbstreflexion in den klassischen Medien: Rundfunk, Fernsehen, Zeitung und Online-Journalismus. Die Auseinandersetzung der Redakteure mit Lesern und Hörern wird zunehmend öffentlich gemacht.
Abseits der "klassischen" Medien gibt es aber auch die Diskussionen in zahlreichen Social-Media Kanälen. die für viele mittlerweile die einzigen Informationsquellen und Influencer sind. Von Telegram bis Tiktok und Instagramm.
Von ganz weit rechts bis ganz links wird dies immer mehr genutzt.
Wie soll man dabei als normaler Konsument mit begrenztem Zeitbudget noch den Überblick behalten ?
Eine weitere Frage ist die Möglichkeit des Zugangs zu Medien, die vom Geldbeutel abhängt.
Der Öffentliche Rundfunk ist jedermann verfügbar. Für Zeitungen und Onlineportale muss man meist zusätzlich bezahlen. (zumindest für die "wertvolleren" Inhalte)
Desweiteren zeichnet sich, gesteuert durch den wirtschaftlichen Druck bei den Sendern und Verlagen eine Tendenz zur Vereinheitlichung ab. Sparmaßnahmen führen zu einheitlichen Sendestrecken in ganz Deutschland und zur Bildung von Mantelinhalten der grossen Verlagsgruppen wie Madsack, Funke oder Ippen.

Die Debatten über die Rolle der Medien und die Kritik daran fristeten bislang meist nur ein Nischendasein unter Fachleuten. Dabei gibt es sie ja schon seit Jahr unf Tag besonders im Rundfunkbereich. Für jeden hörbar oder nachlesbar.

Als Beispiele:
im DLF.: @ medias res. Der Klassiker.
www.deutschlandfunk.de/startseite-mediasres-100.html
WDR 5: WDR 5 Töne, Texte, Bilder
https://www1.wdr.de/radio/wdr5/sendunge ... index.html
MDR Altpapier:
www.mdr.de/altpapier/index.html

Nun haben wir aktuell gerade für den Bereich der ÖR Rundfunk und TV Kanäle mehrere heftige Diskussionen gleichzeitig. z.B. .Das "Manifest" der Binnenkritiker der ARD., das die Gemüter erregt. Natürlich auch Futter für die Kritiker der Konkurrenz aus den Verlagen. Dabei gibt es unsachliche Rundumschläge, aber auch differenzierende Beiträge, weil natürlich sich Printredakteuere von einigen Vorwürfen gegen die ARD genauso getroffen sehen.

www.rnd.de/medien/meinungsmache-bei-ard ... 4WGEA.html
mmer wieder würden „Minderheiten mit abweichender Meinung diffamiert und mundtot gemacht“. Und wer es wage, den „gesellschaftlichen Konsens“ zu hinterfragen, der werde „ignoriert, lächerlich gemacht oder ausgegrenzt“ und als „Schwurbler“, „Klima-Leugner“ oder „Putin-Versteher“ bezeichnet.....
Niemand wird widersprechen, wenn ein Papier „Fairness und Respekt“ einfordert und gegen „Framing“ und „abwertende Formulierungen“ vorgeht. Insgesamt aber wirkt das „Manifest“ aber doch bloß wie das vertraute Gemurre von Menschen, die Kritik an ihren politischen Positionen durch andere mit Zensur und Bevormundung verwechseln. Man kann nicht oft genug daran erinnern: Zensur ist, wenn der Staat Meinungen vorab verbietet. Nicht, wenn andere Menschen widersprechen. Das Recht auf eine eigene Meinung gilt auch dann, wenn eine satte Mehrheit von 90 Prozent nicht deiner Meinung zu Corona-Impfungen, der Form des Planeten Erde oder der Krim-Annektion ist. Das ist noch lange kein Anzeichen für meinungsdiktatorische Verirrungen...
Das ganze Papier durchzieht das vertraute, alarmistische Geraune über eine dominante Mehrheitsmeinung. Das ist natürlich von der Meinungsfreiheit gedeckt, aber maßlos überzogen....
Es ist einfach, ARD und ZDF doof zu finden. Und es ist ebenso verlockend, sich ausgegrenzt und diffamiert zu fühlen und ein mediales Mainstreamkomplott zu wittern, bloß weil die Redaktionen nicht jedem Blödsinn eine Bühne bieten und bestimmte Absurditäten nicht durch das Kontrollraster professionell arbeitender Medienhäuser flutschen. Wer sucht, wird immer einen Funk-Beitrag finden, der nervtötende Wokeness-Vorwürfe bestätigt. Am Ende aber ist das Erscheinen des merkwürdigen „Manifests“ selbst der beste Beweis dafür, dass der Binnenpluralismus bei der ARD leidlich funktioniert.
Ich wünsche mir, dass es auch hier möglich ist, genauer hinzuschauen und weg von dem Prinzip des bloßen Raushauens dubioser Links aus Medienquellen, die sich sich als irgendwie alternativ verstehen.
RF_NWD
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von RF_NWD »

Ein weiteres Beispiel für den Niedergang des Mediums gedruckte Zeitung: Hamburger Morgenpost (,die zur Wochenzeitung wird)
www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Gedruckt ... po260.html
Nicht nur Sonntagsausgaben werden eingestellt wie in Berlin.
(Nur noch am Tablet: https://taz.de/Ende-der-Sonntagszeitungen/!5998036/)
Es ist 3 Uhr morgens, als am 16. September 1949 die Druckmaschine das erste Exemplar der „Hamburger Morgenpost“ auswirft. Heinrich Braune, der Erfinder der Zeitung, steht stolz daneben. Ein Boulevardblatt, wie es die „Mopo“ ist, hat es in Hamburg und andernorts in Deutschland bislang nicht gegeben. Nachrichten mit „Erregungswert“ bestimmen den Inhalt der „Morgenpost“, deren Erstausgabe sechs Seiten umfasst und zehn Pfennig kostet.
Knapp 75 Jahre später erscheint die „Mopo“ am Donnerstag, 11. April, letztmalig als gedruckte Tageszeitung. Am Tag darauf schlägt der Verlag ein neues Kapitel Zeitungsgeschichte auf: Mit jeweils mehr als 100 Seiten Umfang und zum Preis von 4,80 Euro gibt es die gedruckte „Mopo“ künftig jeden Freitag als Wochenausgabe.
www.evangelische-zeitung.de/kuenftig-wo ... -75-jahren

Die TAZ hat ihren Lesern auch schon vor einiger Zeit diese Vision schmackhaft machen wollen.
Die Reaktionen der Leser waren dabei aber teils doch sehr emotional.
https://taz.de/Diskussion-Abschied-von- ... g/!167983/
wolfgangF
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von wolfgangF »

Gutes Thema! :spos:

Wie ich schon im „SWR4 RP-Thread“, dort etwas OT, geschrieben habe sehe ich die Entwicklung unserer Medien, ÖRR und Zeitungen, insgesamt mit Sorge.

Das begann ja ganz deutlich während der Flüchtlingskrise, wobei da später wenigstens eingestanden wurde, dass man zu einseitig gearbeitet hat.

Doch während der Coronakrise waren die Medien schon wieder überwiegend ganz auf Regierungslinie. Und Kritiker landeten ganz schnell in den Schubladen Verschwörungstheoretiker, Schwurbler, Leugner, Reichsbürger oder Rechtsextremist. Daran änderte sich auch nichts, als sogar ein hervorragender Journalist wie Herbert Prantl die massiven Grundrechtseinschränkungen, völlig zurecht, kritisierte. Alles war dennoch „alternativlos“.

Und seit dem Ukrainekrieg gibt‘s jetzt noch die Schublade Putinversteher.

Von der „vierten Gewalt“ erwarte ich aber statt dessen, dass man Diskurse ermöglicht und einfordert und nicht einfach nur die „falsche“ Meinung unterbügelt. Das vergiftet letztlich das innenpolitische Klima und wird damit irgendwann auch echt demokratiegefährdend.

Es gehört halt nun mal zu einer Demokratie, dass man eine andere Meinung haben darf, sogar ein „falsche“, zumindest solange man sich damit nicht strafbar macht.

Ist Demokratie nicht im Grunde auch das „institutionalisierte Misstrauen“?
frank.koriander
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von frank.koriander »

wolfgangF hat geschrieben: Do 11. Apr 2024, 13:07 Gutes Thema! :spos:

Wie ich schon im „SWR4 RP-Thread“, dort etwas OT, geschrieben habe sehe ich die Entwicklung unserer Medien, ÖRR und Zeitungen, insgesamt mit Sorge.

Das begann ja ganz deutlich während der Flüchtlingskrise, wobei da später wenigstens eingestanden wurde, dass man zu einseitig gearbeitet hat.

Doch während der Coronakrise waren die Medien schon wieder überwiegend ganz auf Regierungslinie. Und Kritiker landeten ganz schnell in den Schubladen Verschwörungstheoretiker, Schwurbler, Leugner, Reichsbürger oder Rechtsextremist. Daran änderte sich auch nichts, als sogar ein hervorragender Journalist wie Herbert Prantl die massiven Grundrechtseinschränkungen, völlig zurecht, kritisierte. Alles war dennoch „alternativlos“.

Und seit dem Ukrainekrieg gibt‘s jetzt noch die Schublade Putinversteher.
Ich reagieere nur mit meinem eigenen Kopf. Und ich beleidige dann, wenn andere mich beleidigen. Oft genug geschehen in den letzten Jahren. Ich bin da sogar richtig streitsüchtig geworden, was vorher nie der Fall war. Wer mich als falsch abgebogen, Putin-Versteher, AfD-Sympatisant etc. bezeichnet, der bekommt von mir ebenso das Fett ab. Ich habe im Moment auch gar keine Lust auf Menschen mit solch engstirnigen Mustern zuzugehen, die mich nur akzeptieren, wenn ich wieder "auf Kurs" bin. Warum sollte ich?

Allerdings ist einiges auch eine Gratwanderung. Aktuelles Thema Kriminalitätsstatistik. Dass es bei mehr Ausländern in der Bevölkerung auch mehr Ausländer-Kriminalität gibt, ist ja nun wirklich keine Überraschung. Das hat was von "Die Mehrzahl der Straftäter in Bayern sind Katholiken".

Es ist aber weder etwas, was man verharmlosen sollte noch etwas, was man überdramatisieren sollte. Viele Medien haben das richtig eingeschätzt, die üblichen Verdächtigen müssen aber wieder ihren typischen Senf dazu geben, in diesem Fall: die konservative BILD gegen den linken WDR (Monitor):

https://www.bild.de/politik/inland/poli ... .bild.html
zerobase now
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von zerobase now »

frank.koriander hat geschrieben: Do 11. Apr 2024, 14:12
Es ist aber weder etwas, was man verharmlosen sollte noch etwas, was man überdramatisieren sollte. Viele Medien haben das richtig eingeschätzt, die üblichen Verdächtigen müssen aber wieder ihren typischen Senf dazu geben, in diesem Fall: die konservative BILD gegen den linken WDR (Monitor):

https://www.bild.de/politik/inland/poli ... .bild.html
Bin wahrlich kein Freund der Bildzeitung, aber die Statistik ist da relativ eindeutig. Es ist doch wohl völlig unstrittig, dass das Sicherheitsgefühl in der Öffentlichkeit, besonders in den Großstädten, ein anderes ist als noch vor 10 oder 20 Jahren. Unstrittig ist auch, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen immer wieder für "Stunk" sorgen. Wenn das alles so kommentiert wird mit "alles halb so schlimm" und "muss man Verständnis für haben," dann habe ich DAFÜR absolut kein Verständnis.
frank.koriander
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von frank.koriander »

Ich glaube diese Spaltung und dieses gegenseitige Framing kann man wunderbar mit drei Buchstaben beschreiben: A, F und D.

Seit die Rechtspopulisten aufkamen, wurde der Ton in der Gesellschaft rauher. Dafür hat freilich die AfD selbst gesorgt, andererseits reagiert die "Gegenseite" seither auch sehr sensibel. Es ist doch ganz einfach: Die AfD positioniert sich in der Regel immer gegen den Kurs der Regierung. Sobald man selbst also diesen Kurs der Regierung auch nicht mit unterstützt, ist man nicht selten mit der AfD auf einer Linie - Flüchtlinge, Corona, Ukraine, Bauernproteste, Gendern, Geschlechter-Selbstbestimmung usw.

Ich z.B. bin meilenweit entfernt davon, die AfD zu wählen. Dennoch haben mir manche vorgeworfen, ich sei doch mittlerweile auf Kurs der Rechtspopulisten. Das ist freilich völliger Quatsch. Fakt ist aber, die Rechtspopulisten haben den Diskurs in der Gesellschaft verengt. Andere Meinungen werden kaum noch akzeptiert, ohne dass gleich die Framing-Geschütze ausgefahren werden. Oft kann ich darüber aber heute nur noch lachen.
Zuletzt geändert von frank.koriander am Fr 12. Apr 2024, 14:45, insgesamt 1-mal geändert.
RF_NWD
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von RF_NWD »

"Ein Faschist im Fernsehen " titelt das MDR Altpapier
www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-3612.html
Natürlich Futter für alle, die Medienkritik betreiben.

Welt TV hatte das TV Duell mit Voigt und Höcke so begründet:
Ein 'Forum' hat die AfD auch ohne TV-Sender. Über die sozialen Medien erreicht die AfD ungefiltert Millionen von Menschen, allerdings ohne sich Widerspruch oder kritische Nachfragen gefallen lassen zu müssen. Deshalb unternehmen wir diesen Versuch eines neuen Umgangs mit der AfD in der direkten Konfrontation mit dem politischen Gegner."
Die Moderatoren sind Höcket teilweise hart angegangen. Da kann man ihnen keine Vorwurf machen. Einzelne Beobachter sahen darin aber ein Problem. " Bei Interviews mit der AfD macht man immer etwas falsch."
Und natürlich ist Aufregung über den Begriff " Mettbrötchen " lächerlich.
Nach den Analysen gibt es keinen eindeutigen Gewinner der Diskussion. Die Experten, die der MDR eingeladen hatte, ziehen unterschiedliches Fazit.
www.mdr.de/nachrichten/thueringen/hoeck ... n-100.html
Kommentar des MDR.
www.mdr.de/nachrichten/thueringen/tv-du ... t-100.html

Natürlich machen Spiegel, Welt und RND ihre gewohnten Faktenchecks, bei denen man Höcke teilweise entlarven konnte. Aber wer liest die schon nach ?
Vermutlich hat der Kommentar des RND recht: "Höcke hat seine Bühne genutzt"
www.rnd.de/politik/tv-duell-warum-es-vo ... VKP5Q.html
Sein Thüringer CDU-Gegenspieler Mario Voigt und Welt-TV haben Höcke diesem Ziel ein großes Stück nähergebracht. Nicht, weil sie ihn verharmlost haben. Sowohl Voigt als auch das Moderations-Duo gingen Höcke nach einer Aufwärmphase hart an. Der AfD-Mann geriet ins Schwimmen. Doch dadurch wird er keine einzige Stimme bei der Landtagswahl verlieren. Seine Gefolgschaft sieht nur eines: Das Establishment beugt sich Höckes Wunsch nach einer Live-Diskussion mit dem CDU-Frontmann, er wird ernstgenommen, er wirkt höflich und gesittet, überlässt die harten Attacken den anderen.
NTV meint:
"Das TV-Duell hat Höcke nicht entlarvt - und trotzdem war es kein Fehler, denn lernen konnte man am Donnerstagabend viel. Wegschauen hilft nicht gegen Rechtsextreme."
Die tatsächlich existierenden Tabus in Deutschland lassen sich jedenfalls solchen Menschen schwer vermitteln, die unsere historische Verantwortung ablehnen. Hier werden rechtsextreme Revisionisten wie Höcke immer punkten können. Die Hoffnung bleibt, dass hinter den über 25 Prozent AfD-Wählern in Ostdeutschland nicht ausschließlich Menschen stehen, die sich selbst die nächsten sind.

Denn diesen harten Kern der AfD, wie groß auch immer er sein mag, wird Voigt nicht erreichen und auch sonst niemand mehr. Deshalb sollten wir die richtigen, historisch bedingten Tabus nicht durch falsche Angst vor einem TV-Duell ergänzen.
www.n-tv.de/politik/politik_wieduwilts_ ... 68790.html
RF_NWD
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von RF_NWD »

@ medias res vom DLF machte gestern in einem Interview mal wieder auf die Gefahr des Zeitungssterbens in einem hier nachzuhörenden Beitrag aufmerksam:
www.deutschlandfunk.de/entwicklung-des- ... s-100.html

MDR Altpapier fasst den Beitrag zusammen:
Wir sind noch nicht am Ende des Tunnels angekommen", sagt der Kölner Medienwirtschafts-Professor Christian Zabel im Deutschlandfunk zur Entwicklung, nämlich Krise des deutschen Zeitungsmarkts. Es lohnt, den Neunminüter zu hören, weil Zabel vieles im Blick hat und deutliche Worte findet. Z.B., "dass, wenn es kostenlose Alternative gibt, ... viele Nutzer überhaupt nichts bezahlen" wollen, und dass Digital-Abonnenten generell viel weniger zahlen als Print-Abonnenten, weshalb Verlage von ersteren sehr viel benötigen. Obwohl in Deutschland "eine der aggressivsten E-Paper-Strategien" laufe, wie sich an der Fülle der Paywalls zeigt, böten die durch Online-Abos erzielten Einnahmen "keinen Ersatz" für die, die im Papier-Zeitungs-Geschäft wegfallen.
www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-3616.html

In mancher Hinsicht haben sich die Verlage das ja im Laufe der Jahre selbst eingebrockt. Zu Beginn der Digitalisierung alles gratis ins Netz gestellt. Dann versuchte man die Leser mit günstigen Digitalangeboten umzugewöhnen. Anfangs kostete ein E-Paper oft nur ein Drittel des gedruckten Abos. Heute nähern sich die Preise immer mehr an. Die nächste Welle war die Monetarisierung der Webseiten durch Paywalls. Es gab keine einheitliche Strategie. Auf manchen Portalen wie beim RND ist noch viel gratis zu bekommen, andere sind komplett dicht, selbst für überall nachzulesende DPA Artikel. Viele der Plus Angebote werden zumindest temporär verramscht. Jahresabo für 36,60€ bei RND Verlagen z.B. 10 Cent pro Tag gab es am Jahresanfang.
Andere sind damit nicht so großzügig. Man hofft über gesteigerte Reichweiten mehr Einnahmen aus der Werbung zu bekommen. Aber wie das Interview im DLF aufzeigt, geht die Rechnung bislang nicht auf.

Es wird zwangsläufig darauf hinauslaufen, dass immer mehr Übernahmen geschehen werden, Mantelinhalte eingekauft, und Printausgaben scheibchenweise eingestampft werden.
Die Hoffnung der Verleger von lokalen und regionalen Blättern dabei ist, die knapper werdenden Mittel auf die Berichterstattung für die lokalen Inhalte zu konzentrieren und die Redaktionen dafür sogar zu verstärken.
Die Begründungen der Kleinverleger leuchten ja erst mal ein. Warum man z.B. sich dem RND für das Online-Portal anschließt.
www.dewezet.de/lokales/hameln-pyrmont/t ... 2a7a5.html

"Unsere Stärke ist hier vor Ort "
meinte der Chef des Mindener Tageblatts im Interview mit dem DLF:
www.deutschlandfunk.de/zentralredaktion ... t-100.html
Für seine Zeitung mache es keinen Sinn, sich von Minden aus mit der deutschen Hauptstadt oder der US-Politik zu beschäftigen. Dementsprechend verringere die neue Zentralredaktion auch nicht die Medienvielfalt in Deutschland, sagte Piel. "Ich sehe die Gefahr nicht darin, dass eine Redaktion aufhört, sich dpa-Meldungen auf die Seite zu stellen. (…) Wir sind eben nicht zu einem großen Mantelanbieter gegangen, der nun uns die Seiten baut, so wie sie in großen Städten in Deutschland überall erscheinen, sondern wir konzentrieren uns ja gerade auf die Region und das Lokale. Und ich finde, da findet die Medienvielfalt statt, zumindest die Medienvielfalt, die ich meine."
Ja die machen das wirklich gut in Minden. Der "Mantel" besteht aus lokalen Inhalten. Viele lesenswerte Artikel und Storys über Geschichten vor Ort., die überregionale Trends am Beispiel vor Ort verdeutlichen. Wer mehr Analyse des Weltgeschehens haben möchte, muss zur Zweitzeitung wie FAZ oder SZ greifen oder auf Online-Inhalte der ÖR oder anderer Newsportale ausweichen.
Und dann gibt es Lokalblätter, deren Print- und Onlineausgaben schnarchlangweilig sind. Eindruck: Die sind noch nicht im 21 Jahrhundert angekommen. Bedienen die alternden, langsam aussterbendenden Generationen der Printleser. Lokalausgaben der WN aber auch der NW sind davon noch geprägt.

Andere sind da deutlich weiter. NOZ macht das im lokalen Bereich auch ganz gut. Vor allem mit ihren lokalen Themenserien. Webseite und App sind aber von der Gestaltung her aber nicht unbedingt mein Geschmack.
Und da hatte ich als zeitweiser Abonnent des E-Papers immer das Gefühl: "Wo liegt der Mehrwert ?"
Online first in der App und Artikel 4-6 Tage später im E-Paper. mit 15€( regulärer Preis) auch ganz schön teuer für die einfache + Version.
Da ist das Preis-Leistungsverhältnis beim RND schon passender mit Berechtigung für gleich 2 Portale Lokal + RND + und zwei Apps, deren Design und Bedienung weitaus nutzerfreundlicher sind.

Im DLF Interview wurde erwähnt, dass noch kein einziger Verlag eine wirklich greifende Strategie gefunden hat, die Digiatlisierungsverluste aufzufangen, unterschiedliche Fortschritte bei der Entwicklung der digitalen Nutzer-und Abo Kunden aber durchaus sichtbar sind.
Ob es in 10-15 Jahren noch gedruckte Tageszeitungen geben wird ? Eher unwahrscheinlich. Vielleicht noch gebündelte Inhalte in einer Wochenendausgabe, wo die Leser mehr Zeit zum Lesen haben und gern auch mal digital abschalten wollen. Könnte sein. Erkennbar ist jetzt aber schon eine Flucht der Verlage in andere gewinnbringendere Geschäftsfelder.
RF_NWD
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von RF_NWD »

Da es nebenan (Ukraine) mal wieder um das Thema Glaubwürdigkeit der Medien, speziell der ÖR geht, greif ich hier mal eine aktuelle Studie zum Thema auf, in der es um die mediale Begleitung des Heizungsgesetzes und des darauf folgenden Vertrauensverlusts zur Ampelregierung geht.
Hier muss man zunächst einmal fragen: "Wer ist der Auftraggeber der Studie mit welchem Interesse" ?
Die Denkfabrik "Das progressive Zentrum"
Damit sind wir auch schon beim ersten Kritikpunkt von Philipp Bovermann, der das Papier für die "Süddeutsche" zuerst las. Laut Bovermann ist es eine "linksliberale, teils öffentlich, teils über Stiftungen, Verbände, Unternehmen und private Spender finanzierte Denkfabrik", die als Partner mehrere Bundesministerien auflistet, "was eine gewisse Voreinigenommenheit hinsichtlich des erhofften politischen Nutzens der Ergebnisse erwarten lässt".
www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-3622.html

Dennoch sind die Ergebnisse der Studie dadurch nicht komplett unbrauchbar. Ein Kern der Analyse war, die Überprüfung der Fakten und Grundlagen verbreiteter Meinungen.
Hierbei zeigte sich, dass die überregionalen Zeitungen (FAZ,SZ,WELT, Handelsblatt), Online-Angebote der TV Sender (Tagesschau, NTV) und die regionalen Zeitungen( z.B WAZ, HAZ) deutlich weniger irreführende Aussagen gemacht hatten, als die Boulevardzeitung "Bild" sowie Medien des extrem linken(Junge Welt)und rechten (Tichy) Spektrums:
www.progressives-zentrum.org/publicatio ... te-debatte
https://www.progressives-zentrum.org/wp ... ebatte.pdf
Radiowelt
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von Radiowelt »

RF_NWD schrieb:
"Ich wünsche mir, dass es auch hier möglich ist, genauer hinzuschauen und weg von dem Prinzip des bloßen Raushauens dubioser Links aus Medienquellen, die sich sich als irgendwie alternativ verstehen."

Ja, dem kann ich nur zustimmen.

Professor Michael Butter kam in einer Untersuchung "alternativer" Medien wie Telepolis zu dem Schluss, dass dort Verschwörungstheorien bedient werden, die dann als "seriöse" Nachrichten verkauft werden.
Siehe den verlinkten Artikel im Thread zur Ukraine und Russland.
Von daher muss man sich über bestimmte Aussagen hier nicht wundern.
RF_NWD
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von RF_NWD »

Mittlerweile ist es keine Selbstverständlichkeit mehr, dass es vor Ort noch die lokalen "Käseblätter" gibt. Gratiszeitungen, rein werbefinanzierte Anzeigenblätter, in denen meist auch noch die Werbeprospekte der lokalen Händler enthalten sind.
In der Corona-Zeit sind einige davon völlig verschwunden vom Markt, andere erscheinen nur noch einmal pro Woche. Gedruckt werden sie i.d.R. am Freitag und dann am Wochenende verteilt. Anders als zu deren Hochzeiten aber nicht mehr am Sonntag mit Bundesliga-Berichten. Die Verteilung klappt oft nicht mehr. Manche Strassen, wie bei mir,werden wochenlang nicht bedient. Der früher bei Schülern und Rentnern begehrte Aushilfsjob für den Nebenbeiverdienst muss sauer beworben werden.
Zu meiner Schulzeit wurden solche Jobs, auch für die Sonntagszustellung von BAMS und WAMS unter der Hand weitergegeben. Heute sind die Zustellungen für die Springer-Blätter mittlerweile Geschichte. WAMS wird auch schon am Freitag gedruckt und nur noch über den Handel, Bäcker und Tankstellen vertrieben.

Vor 40/50 Jahren wurden man als Zusteller des "Käseblatts" noch sehnsüchtig am Gartenzaun erwartet, heute klebt oft am Briefkasten in den Städten. "Bitte keine Gratiszeitungen einwerfen! " Wollte ich jahrelang auch nicht mehr, als es noch zwei Ausgaben gab und ich oft nicht zuhause war. Mittlerweile nehm ich es aber wieder mit in die Wohnung wegen der Werbeprospekte.

In meiner alten Heimat wurde jetzt gerade das 50 jährige Jubiläum des Anzeigenblattes (Oppermann Verlag) gefeiert. Das war wirklich eine Erfolgsgeschichte. Vor allem nachdem die örtliche kostenpflichtige Wochenzeitung eingestellt wurde, weil es für den verstorbenen Verleger keinen Nachfolger mehr gab. Das Blatt war für den sparsamen Leser durchaus eine Alternative, um sich über das lokale Geschehen zu informieren. Nicht nur PR-Seiten, sondern echte lokale Berichterstattung für die Haushalte ohne Bezug einer Regionalzeitung.
https://blaetterkatalog.oppermann-medie ... 2024_04_20
https://jubi.oppermann-medien.de

Schaut man sich das vor Ort am Wochenende an, dann sieht man, warum in der Abozeitung der Werbeanteil fast gegen Null tendiert. Werbung und Familienanzeigen fast nur noch im Gratisblatt. Auch ein sehr hoher Kleinanzeigenmarkt und Jobangebote. So schnell scheint das Bedürfnis nach gedrucktem Wort vor allem in der Ü 50 Generation wohl noch nicht auszusterben.
In den jüngeren Generationen wird dagegen fast alles nur noch online konsumiert. Man zieht sich Angebote direkt über die Händler-Apps rein oder interessiert sich überhaupt nicht mehr dafür, weil alles nur online bestellt wird und über Bringdienste ins Haus kommt( Fastfood und sogar Lebensmittel) Die Spannbreite bei mir im Haus ist dabei sehr groß, je nach Alter.

Im Nachbarkreis Minden ist der Umfang des sehr ähnlichen Produkts "Weserspucker "deutlich geringer. Hier wird die Zeitung vom Monopolisten der örtlichen Tageszeitung herausgegeben. Keine Familienanzeigen und sehr wenig Kleinanzeigen.
www.weserspucker.de
Ähnlich sieht es in Osnabrück aus. Die ON bieten als Ergänzung zur Tageszeitung viele Kultur- und Freizeittips, die man durchaus lesen kann. Etliche Promo-Seiten, aber ganz wenig Info über die örtliche Politik und keine Familenanzeigen. Das private Anzeigenaufkommen ist sehr bescheiden
Im Kreis Lippe in NRW ist dagegen, nachdem "Lippe aktuell" (aus dem Haus Oppermann) von den Tageszeitungsverlagen bedrängt und danach aufgekauft wurde, 2022 eingestampft worden. Der Anzeigenanteil der "Lippischen-Landeszeitung" am Samstag ist dann auch deutlich höher als nebenan

Wie sieht das anderen Orts aus ?
Haben Werbeblätter noch echte lokale Inhalte? Oder sind sie nur noch Umhüllungen für die Werbeprospekte der Ketten und Möbelhäuser ?
Werft ihr die Blätter einfach weg oder verbietet den Einwurf?
RF_NWD
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von RF_NWD »

Wieder mal hat ein ö.R Jugendsender , diesmal Bremen NEXT, sich Probleme eingehandelt beim Thema Palästina.
Radio Bremens Jugendprogramm Next steht in der Kritik – wegen eines Instagram- und TikTok-Films, der im Rahmen "eines medienpädagogischen Projekts" zusammen mit der Studierendengruppe "Muslim Empowerment Bremen" erstellt wurde. Zwei junge muslimische Frauen dieser Gruppe wollen den "Spieß umdrehen" und fragen in einer Fußgängerzone Leute, ob sie sich schon von den Morden in Hanau distanziert hätten. Erstmal ist das ein legitimes Perspektivenspiel. Auch wenn’s nicht allen passen mag. Eine der (externen) Reporterinnen trägt allerdings einen Wassermelonen-Badge, grün, rot, weiß und schwarz – die palästinensischen Farben. Es handle sich zwar "nach einschlägiger Expertenmeinung vor allem um ein Zeichen der Solidarität mit der palästinensischen Zivilbevölkerung und des Protests", schreibt Radio Bremen nun in einer Mitteilung, die Wassermelone werde aber "durchaus auch im Umfeld antisemitischer Positionierungen verwendet". Sie war auch auf Demonstrationen in Deutschland zusammen mit dem Slogan "Free Palestine" zu sehen (etwa bei spiegel.de im Oktober). Man habe den Badge übersehen und distanziere sich "von solchen Positionen ausdrücklich".
www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-3626.html

Dazu Stellungnahme von Radio Bremen:
www.radiobremen.de/presse-mitteilungen/ ... t-112.html
Bremen NEXT hat am 15. April 2024 ein Video mit dem Titel "Radikale Christen" auf Instagram und mit dem Titel "Vorurteile umgekehrt" auf TikTok veröffentlicht. Darin interviewen zwei Frauen mit Hijab Passanten auf der Straße. Sie stellen Fragen wie zum Beispiel "Sprechen Sie Zuhause eigentlich deutsch?" oder "Kennen Sie radikale Christen?". Idee ist, stereotype Fragen an Muslime umgekehrt anderen gesellschaftlichen Gruppen zu stellen. Kritisiert wird das Video, weil

Die Frauen tragen einen Wassermelonen-Badge, der als anti-israelisches Symbol gedeutet werden kann. .
Die Initiative „Muslim Empowerment Bremen“ hat antisemitische Beiträge auf TikTok verbreitet..
Die Mitwirkung der Initiative "Muslim Empowerment Bremen“ als aktivistische Gruppe an einem Bremen NEXT-Beitrag entspricht nicht dem Gebot der journalistischen Unabhängigkeit. .

Radio Bremen nimmt die Kritik an dem Beitrag sehr ernst und hat den Beitrag auf Grundlage seiner journalistischen Regeln und Ansprüche an seine Angebote geprüft. Um das mit der gebotenen Sorgfalt zu tun, hatte Bremen NEXT den kritisierten Beitrag am 17. April vorsorglich offline gestellt. Am 22. April hat sich Radio Bremen entschieden, den Beitrag ergänzt um deutliche Hinweise auf die Kritik wieder verfügbar zu machen.
Auch wieder die Problematik, dass man sich in die Abhängigkeit von Social Media Plattformen begibt, TIKTOK und Instagramm. Auf der Seite von Radio Bremen finde ich das umstrittene Video nicht. Das Dilemma dabei ist, dass man die anvisierten Zielgruppen nur über diese Plattformen mehrheitlich noch erreicht. Dabei aber die Grundsätze eines verantungsvollen Journalismus über den Haufen wirft, weil sowas dort ja keine Klicks erzeugt. Nur noch Provokation und Polarisierung. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.

Natürlich ist es richtig, dass man TIKTOK nicht nur den Strategen der AFD überlassen will und auch unbequeme Themen dort platziert werden. Aber nicht um jeden Preis!
RF_NWD
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von RF_NWD »

"Die Zeit" beklagt in einem Leitartikel die vermeintliche oder tatsächliche "Meinungsmonotonie" der Berichterstattung und Kommentierung der deutschen Leitmedien.

Flüchtlingskrise, Corona, jetzt Ukraine – die deutschen Medien berichten auffallend einhellig. Schon wieder.
Ein Kommentar von Anne Hähnig
www.zeit.de/2024/18/ukrainekrieg-oeffen ... rstuetzung (Z+)

Der Analyst von "MDR Altpapier" kann das in dieser Form nicht nachvollziehen.
Was nicht überzeugt, mich jedenfalls nicht, ist, dass sie ihre Argumentation damit stärken möchte, dass sie an die Corona- und die Flucht-Berichterstattung erinnert. "Die Meinungsmonotonie ist ja kein neues Phänomen. Sie ließ sich so ähnlich auch zu Zeiten der Migrationspolitik 2015 und der Coronapandemie beobachten. Zu Recht wurde sie im Rückblick stets bedauert", schreibt Hähnig. Die Frage ist, von wem sie "stets bedauert" wurde. Mutmaßlich von denen, die sie für einhellig hielten. Aber die sind nicht die einzigen, die eine Meinung dazu haben.
Um die Corona-Berichterstattung des Jahres 2020 ging es hier damals jedenfalls in einem Jahresrückblick, der folglich nicht unter dem Eindruck der ersten Corona-Wochen entstand, und dabei ergab sich ein differenzierteres Bild. Und mal ernsthaft: In der Pandemie, die mehrere Jahre dauerte, berichteten "die" Medien quasi einhellig? In den ersten acht Wochen vielleicht. Aber danach doch nicht.
www.mdr.de/altpapier/das-altpapier-3630.html#sprung3

Und so einhellig ist die Kommentierung zum Thema Ukraine-Krieg in den regionalen Medien auch nicht.
Das konnte ich zumindest in der NOZ oder bei der NW aus Bielefeld zur Haltung der SPD sehen.
frank.koriander
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Re: Medienbeobachtung und Medienkritik

Beitrag von frank.koriander »

RF_NWD hat geschrieben: Do 25. Apr 2024, 12:37 "Die Zeit" beklagt in einem Leitartikel die vermeintliche oder tatsächliche "Meinungsmonotonie" der Berichterstattung und Kommentierung der deutschen Leitmedien.
Ich zitiere mich hier mal selbst, denn es gab ja auch schon vor kurzem eine Untersuchung zu ARD/ZDF. Dabei ist zwar rausgekommen, dass "linke" Themen leicht dominierten, aber im Endeffekt doch viele unterschiedliche Standpunkte zugelassen waren. Von einer "Meinungsdiktatur" ist das also weit entfernt.

Ich schrieb dazu in einem Kommentar:
Die Studi­energeb­nisse mögen all jenen eine Bestä­tigung geben, die ARD und ZDF Einsei­tig­keit vorwerfen. Natür­lich spielen der Klima­wandel, die hierbei nötige Trans­for­mation der Gesell­schaft, eine Umstel­lung der Ernäh­rung (weniger Fleisch), die Umrüs­tung auf Wärme­pumpen oder E-Mobi­lität, die Inte­gra­tion von Migranten und andere Themen, die eher als "links" ange­sehen werden, in der Bericht­erstat­tung eine große Rolle. Das ist nicht nur bei aktu­ellen Themen der Fall, sondern auch in fiktio­nalen Spiel­filmen, die im Auftrag der Öffent­lich-Recht­lichen produ­ziert werden. Ob es aber tatsäch­lich bewusste Mani­pula­tion ist, wenn etwa in der ZDF-Serie "Früh­ling" die Haupt­dar­stel­lerin nicht länger ein Verbrenner-Fahr­zeug, sondern nun ein E-Auto fährt (und dies auch explizit erwähnt wird), dass in einer Familie nun vegan gekocht wird oder dass immer mehr Menschen mit Migra­tions­hin­ter­grund oder gleich­geschlecht­liche Part­ner­schaften den Weg in die Produk­tionen finden, möge jeder für sich selbst beur­teilen. Denn eine Gesell­schaft wandelt sich, und entspre­chend findet sich dieser Zeit­geist auch in den Medien.

Die Studie bestä­tigt aber auch, dass die Posi­tionen der Ampel-Regie­rung gerade bei den Öffent­lich-Recht­lichen mehr im Fokus stehen als jene der Oppo­sition. Und entspre­chend werden auch nicht alle Posi­tionen und Meinungen der Gesell­schaft gleich­berech­tigt behan­delt. Die Kritik der Studi­enersteller hieran ist berech­tigt.

Alles in allem sorgen die Öffent­lich-Recht­lichen aber dennoch für weit mehr Viel­falt, als ihnen vorge­worfen wird. Dass viele dies subjektiv anders sehen, mag in erster Linie damit zusammen hängen, dass Berichte, die nicht mit der eigenen Meinung und Gesin­nung über­ein­stimmen und daher für Miss­gunst sorgen, stärker im Gedächtnis bleiben. Zu einer Demo­kratie gehört aber, auch andere Meinungen und Darstel­lungen zu respek­tieren.
Zum Fall Ukraine ist mir nur aufgefallen, dass beispielsweise beim Thema "Taurus-Lieferung" in den Leitmedien doch eine sehr starke Tendenz zugunsten einer Lieferung spürbar war. Olaf Scholz wurde für seine Haltung mehr kritisiert als gelobt, obwohl eine breite Mehrheit der Bevölkerung hinter dem Kurs des Kanzlers steht.

Zwei Beispiele von vielen:

https://www.rnd.de/politik/kommentar-zu ... XFA64.html

https://www.welt.de/debatte/kommentare/ ... -will.html

Freilich gab es aber auch Artikel, die Verständnis für den Kurs des Kanzlers zeigten:

https://www.sueddeutsche.de/bayern/krie ... -99-744244

Der Vorwurf der Einseitigkeit ist also auch hier nicht haltbar. Interessant ist nur, wie Medien öfter mal eine andere Tendenz zeigen als die Bevölkerung.

Bei Corona war übrigens immer interessant, dass in Umfragen eine Mehrheit gegen die Lockerung von Maßnahmen war, etwa als es um die Aufhebung der Maskenpflicht ging. Da hatte die Politik mal anders reagiert als das Volk es mehrheitlich wollte und dieser Kurs der Politik wurde auch mehrheitlich in den Medien kritisiert.

Beispiel auch hier: https://www.sueddeutsche.de/meinung/cor ... duced=true
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