Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

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UK-DX
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von UK-DX »

frank.koriander hat geschrieben: Di 12. Mär 2024, 09:28 Trump will ja den Krieg in der Ukraine in 24 Stunden beenden. Freund Viktor Orban (dem die Strategie freilich auch gefällt) gibt jetzt einen Einblick, wie das geschieht:

1. Kein Penny mehr für die Ukraine
2. Der Westen kann alleine die Ukraine nicht unterstützen
3. Die Ukraine muss aufgeben, Russland erreicht alle seine Ziele
4. Der Krieg ist vorbei

Fehlt dann nur noch der Segen von Papst Franziskus zum Kriegsende ;)

https://www.tagesschau.de/ausland/ameri ... n-100.html
So einfach geht's nicht.

Gewinnt Putin in der Ukraine ist Moldavien als naechstes drann, eventuell Georgien oder die Balten.

Genau deswegen investiert der Westen in der Ukraine mit Waffen und dgl. damit Putin sich dort zerreibt und sonst wo anders keinen Unfug treibt.

Und gewinnt Putin in der Ukraine, muesste der Westen wahrscheinlich 20 Millionen Ukrainer als Fluechtlinge beherbergen. Nur wo, viel Wohnraum gibt es im Westen ja kaum noch.
PAM
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von PAM »

Tagesspiegel.de:
„Hatten dort keine Truppen, jetzt werden welche da sein“: Russland verlegt Soldaten und Waffen an die Grenze zu Finnland


Nach m. E. derzeit militärisch aber keine direkte Bedrohung. In der Geschichte hatten Kriegsherrscher, die an einer zweiten Front gebunden wurden oder diese selbst aufmachten, damit sehr selten Erfolg. Taktisch könnte dahinter aber etwas anderes stecken, nämlich die "wachsam gehaltene Reserve" fernab der Front, um mit den dort eingesetzten Kräften zu rotieren. Im Krieg schicken Befehlshaber ihre Kämpfer nur ungern auf Heimaturlaub. Zu groß ist das Misstrauen, dass die Zahl derer zu groß wird, die untertauchen und nach Urlaubsende nicht zu ihren Einheiten zurückkehren. Andersherum sagt man dem Heimaturlaub die bestmögliche Erholung nach, von der auch die Wiederherstellung von Kampfkraft sowie die Motivation profitieren soll.

Ein Telegram-Blogger hält es daher für wahrscheinlich, dass von der Front abgezogene Truppenteile sich am anderen Ende des Landes erholen sollen, ohne dass man sie in die Unsicherheit des Heimaturlaubs entlassen müsste. Zugleich hätte man aber taktisch den Vorteil, diese aus der Erholung schnell und vor allem voll ausgerüstet in Marschbereitschaft versetzen zu können.

Außer den ständigen Grenzprovokationen entlang der russisch-finnischen Grenze, die nach Schilderungen des finnischen Grenzschutzes und des Zolls von russischer Seite nie länger pausierten, dürfte diese Grenze auch aus russischer Sicht derzeit militärisch keine große Bedeutung haben.
🎧📺📻📡
frank.koriander
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von frank.koriander »

Da sag noch einer, Russland wolle die ganze Ukraine annektieren. Nein, ein kleiner Landstrich rund um Kiew soll laut Medwedew ukrainisch bleiben. Hat er zu viel Asterix und die Gallier gelesen? Witzig auch, dass Teile der West-Ukraine an Polen, Rumänien und Ungarn fallen sollen. Gut, Viktor Orban würde dazu wohl nicht nein sagen, Polen und Rumänien müssen aber erst auf pro-russischen Kurs gebracht werden :-)

Bild
frank.koriander
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von frank.koriander »

Ich ergänze:

https://www.tagesspiegel.de/internation ... 42086.html

Olaf Scholz lehnt beim Taurus auch den Ringtausch mit Großbritannien ab. Das ist aber nun ein Punkt, wo ich mich frage "Was erlauben Kanzler?". Leider kommuniziert er es weiter nicht klar in der Öffentlichkeit. Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass er für sich selbst beansprucht der Initiator für einen Wendepunkt zu sein - statt immer mehr Waffen und Eskalation der Druck zu mehr Diplomatie - dann könnte ich es nachvollziehen und würde es sogar begrüßen. Aber er äußert es halt nicht direkt. Sein gestriger Schlagabtausch mit Röttgen im Bundestag wirft wieder mehr Rätsel auf als Klarheiten. Was meinte er, als er zu Röttgen sagte "Du weißt haargenau wie ich, warum das nicht geht?". Gibt es dort z.B. einen Anruf von Putin mit einer direkten Drohung von Vergeltung oder ähnliches, über das wir nix wissen? Ist es wie damals bei Thomas de Maizière: "Teile der Antwort könnten die Bevölkerung verunsichern"?
Habakukk
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von Habakukk »

Das Verschweigen solcher Dinge verunsichert die Bevölkerung aber sehr viel mehr und es entstehen dann Gerüchte (wahrscheinlich noch durch Russlands verlängerten Arm befeuert), die mehr anrichten als wenn man die Fakten auf den Tisch legt.

Es gibt ja auch Gerüchte, Putin hätte gegen manche unser Politiker pikante Details in der Hand (z.B. irgendwelcher Sex-Kram), die er nur veröffentlichen müsste und wir hätten einen Riesen-Skandal. Ich weiß nicht, ob man das wirklich ernst nehmen soll, wahrscheinlich sind das nur irgendwelche Fake-Märchen. Wenn es aber so wäre, wäre es traurig, dass man solche weitreichenden Entscheidungen gar nicht aus Sicherheitaspekten, sondern aus rein egoistischen Gründen trifft. Die Bevölkerung denkt dann, wir stünden kurz vor dem Atomkrieg, und in Wahrheit geht es nur um irgendwelche schmierigen Angelegenheiten.

Für mein Empfinden ist die momentane Situation jedenfalls extrem ungut. Man hat sich vor einiger Zeit dazu entschieden, mit der Ukraine den militärischen Weg zu gehen. Das sollte man dann auch durchziehen und nicht mittendrin die Unterstützung einstellen. Sonst hat man wirklich den maximalen Schaden verursacht - denn die Eroberung der Ukraine durch Russland hätte man auch ohne Krieg haben können. Diese Debatten sind doch nur mehr lächerlich (ich frage mich ohnehin, warum man das ständig in aller Öffentlichkeit breit treten muss) und wäre ich Putin, würde ich über die Europäer nur noch lachen. Ab Herbst haben wir dann noch den orangen Irren mit im Boot, dann hat Putin noch mehr Spaß!

Wenn Scholz den Taurus nicht direkt liefern möchte, ist das in Ordnung, die Argumentation dahinter kann ich nachvollziehen, auch wenn sie tlw. nicht stichhaltig ist. Was aber gegen den Ringtausch spricht, verstehe ich wirklich nicht.
RF_NWD
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von RF_NWD »

Ich kam jetzt mal dazu den WDR 2 Podcast "Jörg Thadeusz" mit dem ehemaligen Chefredakteuer des ZDF. Peter Frey vom Montag nachzuhören. Am Dienstag zickte der ARD Server wegen Überlastung noch rum. Da konnte ich nur den Talk von der Vorwoche mit Nicolaus Blome abrufen und nachhören.

www.ardaudiothek.de/episode/wdr-2-joerg ... /13219133/
www.ardaudiothek.de/episode/wdr-2-joerg ... /13201365/

In beiden Gesprächen ging es natürlich auch um die Haltung Deutschlands zum Ukraine -Krieg und speziell zu den Taurus-Lieferungen. In beiden Fällen klang auch mit, dass die Haltung von Scholz stark innenpolitisch und schon Wahlkampf bedingt ist, weil es der einzige Punkt ist, den Scholz damit in der Bevölkerung machen kann. Das letzte Politbarometer belegte ja eindeutig die deutsche Spaltung bei diesem Thema. Nicht einmal bei CDU und FDP Wählern gibt es dabei eine eindeutige Pro-Position.
www.zdf.de/nachrichten/politik/politbar ... e-100.html

Vorab das Fazit von Nikolaus Blome, dessen Position ich teile: Die Position von Scholz ist falsch, aber nicht illegetim.
Frey sieht sich in der Sache nah bei Scholz, nicht aber in der Form. Er beklagt das dünne Stimmchen von Scholz, die fehlende Autorität und den fehlenden Rückhalt in der Ampel. Ihm schwebt dabei wohl eher ein Auftreten wie von Gerhard Schröder Anno 2003 vor. Auch der Mainstream Journalismus driftet auseinander.

Interessant fand ich auch einen Leserbrief des früheren Kreisvorsitzender der Schaumburger FDP am letzten Wochenende. Frage " Wie lange noch ? " Er meint das " Ja" wird immer leiser werden. " Vielleicht mehr "Nein" als "Ja" nach dem klaren "Nein" unseres Kanzlers ... zu den Taurus-Lieferungen , eine Entscheidung( endlich), die die Mehrheit der Deutschen richtig findet " Und am Ende zitiert er dann noch Erich Maria Remarque aus "im Westen nichts Neues" " Am Ende wird nur einer siegen-der Tod " , wenn die Dummheit den Verstand der Verantwortlichen besiegt.

Der Riss geht auch durch die norddeutschen Medienportale.

Madsack/RND:
Ganz klare Positionierung Anti Putin, kontra Scholz und in Richtung Hofreiter- Röttgen.
Der heutige Kommentar nimmt Scholz regelrecht auseinander.
www.rnd.de/politik/olaf-scholz-und-die- ... EWYMY.html
Wohlgemerkt ein Medienkonzern, an dem die SPD finanziell stark beteiligt ist.

NOZ Medien:
Ganz anders und weitaus diffuser die Kommentierung der NOZ. Dessen Chefredakteur pinkelt gerne mal Boris Pistorius ans Bein und dort erscheinen Kommentare wie diese: "Warum Franziskus nicht Putins Papst und kein Verräter ist"
www.noz.de/deutschland-welt/ukraine-kri ... t-46619184
Wobei dabei die Kommentierung der Leser sich im Forum der Zeitung zu geschätzt zwei Drittel gegen diese Haltung positioniert. Auch die CDU Bürgermeisterin ließ dabei neulich auf der Solidaritätskundgebung für die Ukraine eine Seitenbemerkung gegen den Jounalismus vor Ort fallen. Interressanterweise kommt die Ampel in den Kommentaren der Berliner Büros der NOZ oft deutlich besser weg als in anderen Medien.
Auch die NOZ liefert ja anderen Zeitungen wie z.B der CDU nahen Rundschau aus Köln Artikel und Kommentare zu. Die Kommentare zum Ukraine-Krieg übernimmt man dort aber nicht nicht. Die werden durch eigene ersetzt. Dafür erscheinen dort z.B. Gastbeiträge von Armin Laschet gegen rechts.

Die Entwicklung in den nächsten Wochen wird vermutlich sehr interessant werden, wenn es auf den Europa-Wahlkampf zugeht. Möglicherweise ein entscheidender historischer Prozess. Das Ergebnis dabei hängt von der Entwicklung des Krieges ab. Ende offen. Leider.
frank.koriander
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von frank.koriander »

Mützenich gerade im Bundestag, und damit ist meine Vermutung endgültig bestätigt: Die SPD will einen Wandel, hin zu Diplomatie, weg von immer mehr Waffenlieferungen, Unterstützung der Ukraine vor allem in humanitärer Natur und Integration der Flüchtlinge. Mützenich hat selbst den Papst in seinen Ausagen verteidigt und vor atomarer Eskalation gewarnt. Vor allem die Grünen wie Baerbock haben nur noch mit dem Kopf geschüttelt und sind vor Wut wohl fast zerplatzt ;)

Ich dagegen sage einfach nur: Danke, danke, danke!!!
RF_NWD hat geschrieben: Do 14. Mär 2024, 10:25 Das letzte Politbarometer belegte ja eindeutig die deutsche Spaltung bei diesem Thema.
Spaltung, wenn 61% die Taurus-Lieferung ablehnen und nur 29% dafür sind? Das ist keine Spaltung, sondern ein eindeutiges Votum!
Zuletzt geändert von frank.koriander am Do 14. Mär 2024, 11:45, insgesamt 1-mal geändert.
RF_NWD
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von RF_NWD »

Moment mal:
Wenn dort zum Satz : "Olaf Scholz macht seine Arbeit im Ukraine -Konflikt 45% mit gut und 46% mit schlecht beantworten, kann man schon von einer Spaltung sprechen. Und es sind nicht 71%, die die Taurus-Lieferungen ablehnen, sondern 59%.
Die Frage: "Wird Russland auch östliche NATO Länder wie Polen oder die baltischen Staaten bedrohen ?" zeigt auch noch eine weiter Spaltung auf: Im Westen meinen 51% ja. Im Osten: 57% nein.
Habakukk
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von Habakukk »

frank.koriander hat geschrieben: Do 14. Mär 2024, 10:57 Mützenich gerade im Bundestag, und damit ist meine Vermutung endgültig bestätigt: Die SPD will einen Wandel, hin zu Diplomatie, weg von immer mehr Waffenlieferungen, Unterstützung der Ukraine vor allem in humanitärer Natur und Integration der Flüchtlinge. Mützenich hat selbst den Papst in seinen Ausagen verteidigt und vor atomarer Eskalation gewarnt. Vor allem die Grünen wie Baerbock haben nur noch mit dem Kopf geschüttelt und sind vor Wut wohl fast zerplatzt ;)

Ich dagegen sage einfach nur: Danke, danke, danke!!!
Ja, das klingt natürlich alles supertoll, aber niemand weiß doch, wie das konkret aussehen soll.
Putin scheint doch aktuell gar nicht zu Verhandlungen bereit zu sein, bzw. bliebe nach solchen Verhandlungen nahezu nix mehr von der Ukraine übrig! Du hast ja selber oben das "lustige" Bildchen gepostet. Und du hast doch selber geschrieben, dass man den Zeitpunkt verpasst hat, zu dem Verhandlungen für die Ukraine noch halbwegs glimpflich ausgegangen wären. Und mal im Ernst: sollen wir jetzt wirklich im großen Stil Flüchtlinge aus der Ukraine bei uns aufnehmen und dauerhaft integrieren, nur weil die ihr Territorium an Russland verlieren?

Das sind letztendlich nur wohlfeile Worthülsen, hinter denen nix steht. Oder fährt Mützenich morgen zu Putin und Selensky und schlägt denen einen "Deal" vor?

Ich hätte auch gerne Frieden in der Ukraine und mich regt die momentane weltweite Aufrüsterei massiv auf. Ich dachte, wir wären *als Menschheit* schon deutlich weiter, als uns mit irgendwelchem explosivem Material gegenseitig die Köpfe wegzubomben.

Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass die Ukraine, bevor man ernsthaft an sowas wie Verhandlungen denken kann, nochmal militärisch zumnindest in eine gute Patt-Situation befähigt werden sollte.

Sich mit dem Schild "Stell dir vor es ist Krieg und keiner geht hin" hinzustellen, ist wunderbar! Hilft nur absolut niemandem in der Ukraine, wenn die Forderung nicht auch Russland einbezieht!
frank.koriander
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von frank.koriander »

RF_NWD hat geschrieben: Do 14. Mär 2024, 11:32 Moment mal:
Wenn dort zum Satz : "Olaf Scholz macht seine Arbeit im Ukraine -Konflikt 45% mit gut und 46% mit schlecht beantworten, kann man schon von einer Spaltung sprechen. Und es sind nicht 71%, die die Taurus-Lieferungen ablehnen, sondern 59%.
Die Frage: "Wird Russland auch östliche NATO Länder wie Polen oder die baltischen Staaten bedrohen ?" zeigt auch noch eine weiter Spaltung auf: Im Westen meinen 51% ja. Im Osten: 57% nein.
Ah, du meintest das ZDF-Politbarometer und nicht den ARD-Deutschlandtrend. Laut diesem sind nur 29% für Taurus-Lieferungen. Ich bleibe dennoch dabei, das ist eindeutig.

Bild

@Habakukk: Das Schwierige in der ganzen Debatte ist, dass es wohl wahrhaftig keine Wahl gibt: Entweder die Ukraine gewinnt den Krieg und erreicht alle seine Ziele oder umgekehrt Russland. Einen dritten Weg gibt es nicht. Und wenn Russland den Krieg nach sage ich mal 15 Jahren gewinnt, ist es der maximale Schaden, den man anrichten kann, denn das hätte man dann alles auch unblutiger haben können.

Ich sehe dennoch keine Möglichkeit, dass die Ukraine den Krieg selbst mit maximal möglicher Unterstützung und ohne fremde Truppenbeteiligung gewinnt. Es sei denn man schafft ein zweites Afghanistan, da dauerte es 10 Jahre, bis die Russen abgezogen sind (ich glaube das ist die Hoffnung vieler, dass Russland nach ewig langer Zeit merkt, dass man nicht weiter kommt und dann die Truppen abzieht). In diesem Fall reden wir aber noch weiter von ungeheurer Zerstörung und Millionen Toten. Das kann ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Das ist aber halt auch das Problem des ganzen Krieges: Die Wahl zwischen weiter mit Krieg auf der einen und Russland gewinnt und die Waffen ruhen auf der anderen Seite ist letztlich wie die zwischen Pest und Cholera.

Meine "Wunschlösung" ist immer noch eine innenpolitische in Russland: Volksaufstand, jemand knallt Putin ab, er stirbt früher oder was auch immer. Halte ich aktuell für realistischer als einen ukrainischen Sieg mit Waffenlieferungen. Was nicht bedeutet, dass es realistisch ist.
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von Radio Fan »

frank.koriander hat geschrieben: Do 14. Mär 2024, 11:54 […]
Meine "Wunschlösung" ist immer noch eine innenpolitische in Russland: Volksaufstand, jemand knallt Putin ab, er stirbt früher oder was auch immer. Halte ich aktuell für realistischer als einen ukrainischen Sieg mit Waffenlieferungen. Was nicht bedeutet, dass es realistisch ist.
Hm, und selbst wenn. Der Nachfolger sitzt doch schon in den Startlöchern und der scheint lt. seiner Rhetorik, noch ein bis zwei Zähne schärfer zu sein… 🤔

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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von PAM »

Es hätte einen dritten Weg gegeben, das Zeitfenster dafür war klein und es lag im Frühjahr 2022. Damals lag - ich erinnere nochmals daran - eine diplomatische Lösung auf dem Tisch. Später hatte sie der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger mal recht umfassend skizziert: Demnach wäre die Krim russisch geblieben und die "Volksrepubliken" im Donbass autonome bzw. russisch kontrollierte Gebiete geworden. Das damalige Einfrieren des Frontverlaufs hätte der Ukraine weite Teile der Schwarzmeerküste und damit den für den Außenhandel extrem wichtigen Seezugang erhalten. Die Kernforderung des Rückzugs russischer Truppen vom verbleibenden Staatsgebiet der Ukraine, wäre hierbei erfüllt worden. Den NATO-Beitritt hätte es keinesfalls gegeben, der Ukraine wäre eine militärische Neutralität geblieben, ggf. auf Basis mehr oder weniger vertrauenswürdiger Sicherheitsgarantien. Selbst den EU-Beitritt hätte es geben können - den sehe ich aber unverändert in unerreichbarer Entfernung.

Der so genannte "Westen", allen voran der damalige britische Premierminister Boris Johnson, stellten aber klar, dass man bei der Annahme dieser diplomatischen Kriegsbeendigung die Ukraine schutzlos fallen lassen würde. In diesem Zusammenhang bliebe auch zu zweifeln, ob der Verhandlungsfriede gehalten hätte, würde der Westen die Ukraine sich selbst überlassen und ihr jedwede Unterstützung entziehen. Es wäre durchaus denkbar gewesen, dass sowohl die russische, als auch die ukrainische Seite sich wenig später nicht mehr an die ausgehandelten Vereinbarungen gebunden gesehen und die Gunst des Augenblicks für einen Überraschungsschlag genutzt hätte. Aber auch damals hätte bereits klar sein müssen, dass der Westen die Ukraine nicht unendlich und erst recht nicht kostenlos mit Waffen, Munition, militärischem und geheimdienstlichem Wissen usw. unterstützen würde. Die USA haben ihr Engagement erheblich zurückgefahren, was auch angesichts anderer Abhängigkeiten und Notwendigkeiten (u. a. ggü. Israel) zu erwarten war. Die EU-Unterstützung allein bringt nicht das, was die Ukraine fordert bzw. sich erhofft. Und selbst das wird, trotz des jüngsten Milliardenpakets, auch irgendwann bröckeln. In einigen EU-Ländern wird bald gewählt, die Wahl zum EU-Parlament steht an - beide dürften die bisherigen Mehrheitsverhältnisse sowohl in den jeweiligen Ländern verändern, auch im EU-Parlament.

Auf dem Weltmarkt kann die Ukraine jedenfalls nicht in größerem Maße einkaufen, nüchtern betrachtet müsste sie alsbald den Staatsbankrott erklären. Spätestens dann, wenn die EU-Milliardenunterstützung wegfallen sollte. Augenblicklich sind die Argumente in Verhandlungen über eine diplomatische Kriegsbeendigung eher auf russischer Seite. Käme es jetzt zu Verhandlungen, bliebe es beim jetzigen Frontverlauf und den schmerzlich verlorenen Schwarzmeergebieten. Ob die Ukraine künftig einen unbeeinträchtigten Seezugang behielte, darf auch angezweifelt werden. Es wäre denkbar, dass die russische Seite zum Schutz ihrer Schwarzmeerflotte auf Sperrzonen bestehen würde, die auch zivile bzw. Frachtschifffahrt in diesen Regionen unmöglich machen würde.

Die Position der Ukraine im Stellvertreterkrieg für den Westen ist derzeit jedenfalls denkbar bescheiden. Der Rückhalt wird eher schwinden, denn wachsen. Die lautstark thematisierten Einsätze von NATO-Truppen kämen einem Kriegseintritt gleich. Hätte man das gewollt und die Eier dazu gehabt, wäre das Frühjahr 2022 der Zeitpunkt dafür gewesen. Aber: Es gab und gibt keinen NATO-Bündnisfall. Es gab und gibt kein UN-Mandat - und das wird es wegen mehrerer zu erwartender Vetos auch nicht geben. Auch sonst sähe das Völkerrecht kein Einsatzszenario - abgesehen von humanitärer Hilfe. Daran ändert nichts, dass der russische Angriff ebenso völkerrechtswidrig ist. Dass bereits eine durchaus ernstzunehmende Zahl westlicher Spezialisten in oder für die Ukraine militärisch und geheimdienstlich arbeiten, dürfte ja bekannt sein.

Sollte es jetzt oder demnächst doch zu einem diplomatischen Kriegsstillstand bzw. -ende kommen, dürften von den Ukrainern, die sich ins Ausland absetzen konnten, wenige ein Rückkehrinteresse haben. In die derzeit russisch besetzten Gebiete gibt es ohnehin kein Zurück, das nicht zeitgleich die Annahme der russischen Staatsangehörigkeit bedeuten würde. Zu erwarten wäre auch, dass insbesondere die jüngeren, die derzeit noch im Land sind und/oder zur kämpfenden Truppe gehören, das Land verlassen. Jene, deren Heimat in den russisch besetzten Gebieten liegt, hätten gar keine andere Wahl. Es wäre zu erwarten, dass ihnen nicht einmal die Wahloption bleiben würde, zum Preis der Rückkehr die russische Staatsangehörigkeit anzunehmen. Eher ist zu erwarten, dass Russland sie auch selbst nach einem Vertragsfrieden als Staatsfeinde betrachten würde.
frank.koriander hat geschrieben: Do 14. Mär 2024, 11:54
@Habakukk: Das Schwierige in der ganzen Debatte ist, dass es wohl wahrhaftig keine Wahl gibt: Entweder die Ukraine gewinnt den Krieg und erreicht alle seine Ziele oder umgekehrt Russland. Einen dritten Weg gibt es nicht. Und wenn Russland den Krieg nach sage ich mal 15 Jahren gewinnt, ist es der maximale Schaden, den man anrichten kann, denn das hätte man dann alles auch unblutiger haben können.

Ich sehe dennoch keine Möglichkeit, dass die Ukraine den Krieg selbst mit maximal möglicher Unterstützung und ohne fremde Truppenbeteiligung gewinnt. Es sei denn man schafft ein zweites Afghanistan, da dauerte es 10 Jahre, bis die Russen abgezogen sind (ich glaube das ist die Hoffnung vieler, dass Russland nach ewig langer Zeit merkt, dass man nicht weiter kommt und dann die Truppen abzieht). In diesem Fall reden wir aber noch weiter von ungeheurer Zerstörung und Millionen Toten. Das kann ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Das ist aber halt auch das Problem des ganzen Krieges: Die Wahl zwischen weiter mit Krieg auf der einen und Russland gewinnt und die Waffen ruhen auf der anderen Seite ist letztlich wie die zwischen Pest und Cholera.

Meine "Wunschlösung" ist immer noch eine innenpolitische in Russland: Volksaufstand, jemand knallt Putin ab, er stirbt früher oder was auch immer. Halte ich aktuell für realistischer als einen ukrainischen Sieg mit Waffenlieferungen. Was nicht bedeutet, dass es realistisch ist.
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Re: Ukraine, Russland & Co: Seid ihr besorgt?

Beitrag von htw89 »

PAM hat geschrieben: Do 14. Mär 2024, 12:28 Die Position der Ukraine im Stellvertreterkrieg für den Westen ist derzeit jedenfalls denkbar bescheiden.
Radio Berlin International hat gesprochen. :p
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