Rundfunkforum

Spacelab hat geschrieben: ↑Mi 31. Aug 2022, 09:52 Zerfall der Sowjetunion, riesige Armutswelle, Verknappung vieler Güter... Nicht wenige dürften beim bekanntwerden seines Todes eher ein Freudentänzchen hingelegt haben.

Was beschämend ist. Der Zerfall der Sowjetunion war eh überfällig, da wurde doch auch nur noch durch Gewalt und Terror zusammengehalten und dem Warschauer Pakt hat sich auch niemand "freiwillig" angeschlossen. Die Armut kam daher, weil man das ganze Geld nur noch ins Militär und die Rüstung gesteckt hat. Genau auf diesem Weg ist Russland heute wieder. Gorbatschow hat erkannt, dass dies eine Sackgasse war und endlich mal den eisernen Vorhang aufgebrochen. Kein Land auf der Welt hat Gorbi mehr zu verdanken als wir Deutschen. Grundsätzlich wäre ich dafür, dass man den Mann entsprechend ehrt. Vielleicht mit einem Denkmal oder einen Platz / Straße nach ihm benennen. Berlin böte sich da an.

Die ur-russische Perspektive, wonach Gorbatschow dem Zerbrechen der Sowjetunion Vorschub geleistet hatte, ist tatsächlich noch gegenwärtig. Und ihre Anhänger sind in allen Altersgruppen vorzufinden. Mein sibirischer Nachbar, geboren und aufgewachsen in Omsk, bestätigt mir das.

Insofern gibt es eigentlich nur zwei bitter verfeindete Lager: Die einen, die mit dem Zerbrechen der Sowjetunion und der Unabhängigkeit der meisten ehemaligen Sowjetrepubliken die Öffnung Richtung Westen positiv sahen und vom regen Handel, ganz neuer Reisefreiheit und einem gewissen Wohlstandsaufstieg profitierten.

Und das andere Lager, das Großrussland um Gebiete, Macht und Einfluss betrogen sah und das die Öffnung in Richtung Westen allgemein als begangenen Fehler ansieht. Erstaunlicherweise sieht dieses Lager das jetzige Zuwenden Richtung China und Richtung Türkei ebenso skeptisch, da sie annehmen, von beiden Ländern ebenfalls nur ausgenutzt zu werden.

Die Anhänger dieser Perspektive sollte man aber auch insofern verstehen, dass sich ehemals befreundete bzw. abhängige Länder von Russland abgewandt und dem Westen, vor allem der NATO zugewandt haben. Die massiven NATO-Stationierungen im Baltikum, in Polen usw. versteht man als Bedrohung. Dass nun auch die letzten beiden neutralen Länder Schweden und Finnland in das Militärbündnis aufgenommen werden sollen, macht es nicht besser. Es kämen mit der finnisch-russischen Grenze weitere 1300 km hinzu, auf denen die NATO ein Bedrohungsszenario aufbaut.

Nun ja, ich will einen verstorbenen Staatsmann nicht zerreden. Zu seiner Innen- und Außenpolitik gehörte in seiner Regierungszeit viel Mut. Sein Amtsnachfolger Jelzin hatte meines Erachtens keine so gute Rolle abgeliefert, bekam aber ein Staatsbegräbnis. Dass das Gorbatschow vorenthalten wird, zeigt doch, wie die heutigen Machthaber zu ihm stehen.

Der Umgang Russlands mit Gorbatschow ist genauso eine Schande wie der Umgang Russlands mit seiner Geschichte im Ganzen. Würden wir in Deutschland so agieren wie Russland, hätten wir heute Hitler-Statuen und würden Adenauer verleumden und Brandt als "ausländischen Agenten" verhöhnen.
Die Sowjetunion war ein per Zwang aufgebauter Terrorstaat, dessen Verbündete ins Bündnis gezwungen wurden. Kein Machthaber im Warschauer Pa(c)kt war demokratisch legitimiert. Die Sowjetunion besiegelte mit dem teuren und verlustreichen Afghanistankrieg parallel zum Wettrüsten ihr eigenes Ende. es ist grundsätzlich gut und richtig, wenn solche Gebilde an sich selbst zugrunde gehen. Es ist bedauerlich, dass es so lange gedauert hat, bis das jemand (Gorbatschow) gemerkt hatte und die Reisleine zog.
JEDES auf Gewaltbasis expandiertes unfreiheitliches Imperium ist irgendwann zugrunde gegangen. Und das ist auch gut so.
Das ist Systemimmanent: Bei freier Entfaltung der Persönlichkeit entstehen viel mehr positive Momente in Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Eine freiheitlich-demokratisch gesinnte Gesellschaft ist flexibler, anpassungsfähiger und dadurch evolutionär im Vorteil.
Genauso sieht es mit freiwilligen Bündnisse wie der NATO aus: wer dort drin ist, will das - und wird sich für die Ziele engagieren. Wer "zwangsweise" irgendwo mitmachen muss, tendiert hingegen dazu, die Ziele zu unterlaufen und zu sabotieren. Würden wir doch auch nicht anders machen: Eine Diktatur zu bestehlen, ist moralisch für mich zum Beispiel kein Problem...

DH0GHU hat geschrieben: ↑Do 1. Sep 2022, 20:03 Würden wir doch auch nicht anders machen: Eine Diktatur zu bestehlen, ist moralisch für mich zum Beispiel kein Problem...

Meinst du damit die Schattenwirtschaft der DDR?

Ansonsten stimme ich mal zu. Leider ist der geistige Horizont bei vielen damit deutlich überschritten. Der Staat hat für mich zu sorgen. Alles andere kostet nur mein Geld.

pomnitz26 hat geschrieben: ↑Do 1. Sep 2022, 20:09

DH0GHU hat geschrieben: ↑Do 1. Sep 2022, 20:03 Würden wir doch auch nicht anders machen: Eine Diktatur zu bestehlen, ist moralisch für mich zum Beispiel kein Problem...

Meinst du damit die Schattenwirtschaft der DDR?

Ich meine damit, dass ich (also ich persönlich) keinerlei Achtung vor einem Staat habe, der nicht auf demokratischen Fundamenten steht.

R.I.P.

Die Queen

https://www.welt.de/vermischtes/video23 ... ahren.html

The Crown: Princess Elizabeth's 21st Birthday Speech (1947)

https://www.youtube.com/watch?v=RUlToHE_27U

Sie hatte ein langes Leben, genau wie schon ihre Mutter. Möge sie in Frieden ruhen.

Jeder wusste, der Tag wird kommen. Heute war es leider soweit.
Ruhe in Frieden Queen Elizabeth.

Ein schönes Lebensalter, eine konkurrenzlos lange Regentschaft und insgesamt eine beeindruckende Frau! Mir scheint, dass sie mit der frühen Krönung zwar um einen Teil ihrer Jugend gebracht wurde, mit den Jahren aber dennoch in dieser Rolle aufging. Millionen Briten kennen keine andere Königin. Möge sie unvergessen bleiben!

Ja, Sie war eine große Frau. Gott hab Sie selig!

Was ich an ihr faszinierend fand, war, wie sie, ohne jemals direkt ein politisches Statement abzugeben, starke politische Signale setzte. Zuletzt wieder zu sehen im Rahmen des Ukraine-Krieges... Zufällig ein gelbes Kleid mit blauem Blumenflor am Hut? Sicher kein Zufall. etc.
Oder als sie die Brexit-Rede des PM vortragen musste: Blaues Kleid, gelb gepunkteter blauer Hut.

So etwas macht aus einer "Winke-Tante" eine Staatsfrau. Diese moralische Standfestigkeit dürfte zu einem Großteil ihre Beliebtheit ausgemacht haben.

Great Britain nimmt die traurigen Nachrichten aus dem Königshaus sehr ernst.
Der seit Jahrzehnten ausgearbeitete Plan "Londown Bridge ist down" wird minutiös abgearbeitet.
https://www1.wdr.de/nachrichten/sorge-u ... n-100.html
Da ich schon in unseren Nachrichten von den Meldungen um den schlechten Gesundheitsstand der Queen gehört hatte, hatte ich am Abend das Radio auf BFBS eingeschaltet. Nach dem Verlesen der Nachricht vom Tod wurde sofort auf das gemeinsame News Programm aller BBC Wellen umgeschaltet. Das lief bis heute Mittag durch.
Seit kurzem läuft wieder das normale Programm aber mit getragenen, sehr ruhigen Tönen. Das wird vermutlich bis zur Beisetzung so beibehalten. War jedenfalls im letzten Jahr beim Tod von Prinz Philipp so.

Beim britischen Musikfernsehen ist alles anders. Kein Brexit, kein Corona hat da irgendwelche Veränderungen hervorgerufen. Da läuft auch nicht mehr das normale Musikprogramm. Stimmung machen ist heute nicht. Das EPG steht bei den meisten so oder so ähnlich da.

Möge sie im Himmel bei ihrem Mann ankommen und dort glücklich sein wie sie es verdient hat.

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