maroon6 hat geschrieben: ↑Mi 13. Okt 2021, 11:05
Genau wegen solcher berechtigter Argumentation halte ich die Diskriminierung von Ungeimpften für eine Frechheit, zumal wir im Winter wohl noch mehr Impfdurchbrüche sehen werden. Viele sagen, ihnen seien in gewissen Situationen getestete Ungeimpfte lieber als ungetestete Geimpfte.
Mit dieser Haltung habe aus folgendem Grund ein Problem:
Es geht ja nicht um Diskriminierung. Es geht darum
(a) Zu verhindern, dass viele Ungeimpfte mit dem Virus in Kontakt kommen - sicher auch zu ihrem eigenen Schutz, aber vor allem zum Schutz des Gesundheitssystems vor Überlastung bzw. massiver Belastung. Dass in Krankenhäusern bereits wieder Personal aus Regelabteilungen abgezogen werden soll und in Covid19-Abteilungen zur Pflege meist ungeimpfter Patienten benötigt wird, beweist nur diese Notwendigkeit (Quelle: Ein befreundeter Mitarbeiter eines großen Klinikums im Südwesten)
(b) Situationen zu verhindern, in denen Super-Spreading-Events mit Folge (a) sehr wahrscheinlich sind - und das sind nunmal Situationen, in denen infizierte Ungeimpfte auf Ungeimpfte treffen.
Es ist nunmal auch für Geimpfte, die keine Gefährdung des Gesundheitssystems und anderer (insgesamt gesunder) Geimpfter darstellen, nicht vermittelbar, dass diese sich weiter deutlich einschränken sollen. "Deutlich" ist für mich alles, was über Nachweispflichten, sowie Masken in "unkontrollierten" Situationen, hinaus geht.
Als Geimpfter Testen? Nunja, im Prinzip ja - aber wieso und auch wie? Es ist Konsens, dass es im Verhältnis unter Geimpften nicht mehr wichtig ist. In bestimmten Situationen vielleicht - aber es gilt dann durchaus: Wer bestellt, bezahlt. Solange es für mich keinen signifikanten Zeit- und Flexibilitätsverlust bedeutet, gerne, solange ich dafür nicht zahlen muss. Unter einer Bedingung: Bei der "False Positive"-Quote muss sich noch extrem viel verbessern. Die Inzidenz bei geimpften ist so niedrig, dass man beim Einführen einer allgemeinen Testpflicht für Geimpfte massiv viele Fehlalarme bekommen wird. In Hamburg lag die Quote im Sommer mal bei >50%. Ansonsten: Wenn eine Veranstaltung nur mit Impfung *UND* Test zugänglich ist, warum nicht. Das gibt zusätzliche Sicherheit. Das ist dann aber eher was für die Kreuzfahrt, wo man zu Beginn und zu Ende mal eben alle testet, und nix für den Diskobesuch am Samstagabend.
Andererseits ist es ein Spiel mit dem Feuer. Am Wochenende habe ich eine weitere alte Bekannte getroffen und kannte ihr Schicksal noch gar nicht. Sie und ihre Eltern sind im Frühjahr an Corona erkrankt, sie (45 jahre alt) hatte 1,5 Wochen mit grippeähnlichen Symptomen im Bett gelegen, die Mutter (kanpp über 70) musste ins Krankenhaus und hat es knapp überlebt, der Vater (ebenfalls knapp über 70) hatte Pech und ist nach wenigen Tagen gestorben. Ausschlaggebend war ihr Umzug, die Eltern hatten ihr dabei geholfen, zudem hatte sie ein Umzugsunternehmen engagiert und sie tippt, dass einer der Mitarbeiter positiv war und die anderen angesteckt hatte. Das war also das klassische "zur falschen Zeit am falschen Ort". Genau daher war es für mich keine Option mit der Impfung noch zu warten. Selbst bei Zurückhaltung mit sozialen Kontakten ist nicht ausgeschlossen, dass es einen trifft. Einkaufen muss schließlich jeder mal.
Eben das ist das Problem. Es gibt derzeit keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Impfung auch nur annähernd so schlimme Folgen wie eine Infektion hat - bezogen auf die Häufigkeit. Ich kann ja irgendwie noch nachvollziehen, wenn ein 25-jähriger das Risiko auf sich nimmt und auf einen "sichereren" Impfstoff oder auf mehr Erkenntnisse oder wirksame Medikamente wartet(*). Bei Älteren ist das aber weit außerhalb jeder Realitätsnähe. Dass es immernoch Senioren gibt, die sich nicht impfen lassen, ist grauenvoll. Klar, FFP2- oder gar FFP3-masken schützen...
(*): Nein, auch diese Argumentation mitzugehen fällt mir schwer. Ich bin es aber leid, das immer wieder mit diesen Leuten zu diskutieren:
- Neu bedeutet nicht unsicher. Man fliegt ja auch nicht lieber mit einer JU52 nach Malle als mit einem A320, weil die Ju so alt und damit so zuverlässig ist... Speziell die Freunde der Tot- und Lebendimpfstoffe scheinen auch zu vergessen, was da schon so schief ging. Und Novavax ist nicht wirklich "alt". Es ist ein altes Prinzip, aber mit komplett neuen Materialien. Also quasi ein JU52-Nachbau mit GFK-Rumpf, Wasserstoffantrieb und und und...
- Es gab bereits viele 100 Millionen "Testkaninchen". Es dürfte kaum ein pharmazeutisches Produkt geben das so breit ausgerollt wurde wie die Covid19-Vakzine. Eine Impfnebenwirkung kommt nicht erst nach Jahren. Meist nach Wochen, selten nach Monaten. Sprich: Man weiß bereits heute die Risiken sehr gut abzuschätzen. Und man kennt eben auch die einer Infektion immer besser...
- Nein, auf Medikamente zu warten halte ich für keine gute Idee. Bis der Covid19-Erkrankte merkt, dass er ein Medikament benötigt, ist die Lunge in einigen Prozent der Fälle bereits geschädigt. Und das kann kein Medikament rückgängig machen - genau DAS ist das Problem. Lungenbläschen kaputt ist kaputt. Lebenslang. Zerstörte Lungenbläschen können sich nicht regenerieren. Man kann durch Medikamente nur vermeiden, dass noch mehr geschädigt werden. Na, immerhin... Wer aber nach einer Covid19-Infektion Long Covid der Lunge hat, wird das voraussichtlich ein Leben lang haben - ich habe im Freundeskreis solch einen Fall. Man lernt damit zu Leben und das Leben auch damit zu genießen. Aber es ist halt so wie es dann ist...
Und ein zweiter Schuss ist dann womöglich final. Muss ja nicht Covid19 sein. Kann ja was anderes sein, was nochmal ein bischen Lungenamok läuft...