Chris_BLN hat geschrieben: ↑Mi 12. Aug 2020, 18:34
Ich spreche nicht von einem mehrjährigen Lockdown. Die mehrjährige Lähmung produzieren wir uns durch unser derzeitiges Verhalten, so nicht eine Erlösung in Form eines Impfstoffes kommt. Das, was wir derzeit haben und was wieder stärker werden wird, ruiniert die Wirtschaft deutlich mehr, als einen echten Stopp einzulegen, so gut das möglich ist. Die Chance dazu ist im Frühjahr schon verpasst worden, die Maßnahmen waren zu lasch, der erreichte Wert noch viel zu hoch.
Was denn noch? In Bayern galt eine Ausgangsbeschränkung. Willst Du, dass die Leute komplett drinnen bleiben, mit allen Folgeerkrankungen? Anfangen bei Vitamin-D-Mangel, weiter zu allen Folgen von Bewegungsmangel? zumal, das hätte WELTWEIT stattfinden müssen, also zumindest überall dort, wo man ein Vorhandensein des Virus nicht ausschließen konnte. Da so ein Virus nicht erstmal zur Ausweiskontrolle kommt, bevor er einreist, schlicht unmöglich...
Schon im Frühjahr gab es mehrere Expertenäußerungen, die eine Auslöschung des Virus für unmöglich gehalten haben. Schon damals war die allgemeine Zielsetzung "Überlastung des Gesundheitssystems vermeiden, bis es einen Impfstoff gibt" - im englischen mit "flatten the curve" umschrieben. Ich hatte selbst auch lange geglaubt, dass eine Auslöschung möglich wäre. Aber da reicht ja schon die Notwendigkeit der Lebensmittelversorgung, der medizinischen Versorgung und der Aufrechterhaltung lebensnotwendiger Dienste, um das unmöglich zu machen. Möglich wäre das vielleicht, wenn man erst Symptome hätte, bevor man infektiös wird, oder wenn es Zuhause-Schnelltests gäbe, mit der man sich jeden morgen selbst testen kann...
Für eine Auslöschung hätte es eine Bekämpfung an der Wurzel benötigt. Nachdem Corona aber spätestens im Dezember(!) in Europa grassierte, war es dafür eh schon lange zu spät.
Quelle:
https://www.springermedizin.de/covid-19 ... t/18105714
https://www.heise.de/tp/features/Covid- ... 99025.html
Der Lockdown in Deutschland war nicht zu schwach, er war zu spät. Der Lockdown kam um den 20. März, da war der tatsächliche R vermutlich schon wieder nahe 1, durch die vorher ergriffenen soften Maßnahmen wie Verbot von Großveranstaltungen, Abstandsgebot, etc. Hätte man keine Starkbierfeste durchgeführt, wäre ein großer Teil der Fälle garnicht aufgetreten (und hätte man in Ischgl nicht den Ausbruch verschwiegen). die Kette war hier relativ klar - ca. eine Inkubationszeit nach den Winterferien in Ischgl kam die Starkbierfestsaison mit den großen Ausbrüchen überall dort, wo die nicht abgesagt wurde. Ähnliches gilt für Karneval. Man muß dem (meines Wissens leider verstorbenen) "NRW-Patienten 0" in Gangelt eigentlich dankbar sein, dass man dank seiner schweren Erkrankung überhaupt gemerkt hat, dass das Virus sich in Deutschland ausbreitet. Sonst hätte man es vielleicht erst eine Inkubationsperiode später gemerkt.
Diese Problematik haben wir heute nicht mehr.
DH0GHU hat geschrieben: ↑Mi 12. Aug 2020, 18:12
Ein kompletter Lockdown, Grenzschließungen etc. sind nicht nötig, damit Du Dich darüber hinaus schützst. Das kannst Du selbst. Hier ist (auch) Eigenverantwortung gefragt.
Was soll ich denn noch tun? Ich gehe außer zum Einkaufen und wenns unbedingt sein muss zu einem Arzt nirgendwo mehr hin, wo Menschenansammlungen sind. Trotzdem habe ich jedes mal beim Einkaufen asoziale Arshclöcher, die ihre Maske nicht richtig tragen und zusätzlich keinerlei Abstand halten. Wir empfangen keinen Besuch seit März. Ich war seit 6 Monaten nicht in meiner Wohnung, weil ich dorthin mit der Bahn fahren müsste und keine Lust darauf habe, mich unterwegs zu infizieren, weil andere keine Eigenverantwortung zu brauchen glauben und damit auch keine Verantwirtung für die Allgemeinheit übernehmen.
Viel mehr kann ich nicht mehr tun. Ich gehe da auch auf dem Zahnfleisch und habe keine Lust, das noch jahrelang durchhalten zu müssen (was auch finanziell nicht geht), weil die Bevölkerung die Zahl an aktuell Infizierten durch Disziplinlosigkeit oben hält.
Du beschreibst das eigentliche Problem ganz richtig: Unzureichende Durchsetzung der bestehenden Regeln. Wir brauchen nicht wieder mehr Verbote, wir benötigen eine Durchsetzung von Dingen wie der Maskenpflicht und des Abstandsgebots insbesondere gegenüber Fremden. Dann bleibt R unter 1 - das war er ja auch bis vor wenigen Wochen, trotz Lockerungen. Wobei die Frage ist, ob derzeit einfach nur durch die gezielten Tests bei Rückkehrern aus Risikogebieten (was eben oft auch Folge einer Ignoranz bestehender Regeln ist) R mit größer 1 errechnet wird.
Wie alt bist Du eigentlich? Hast Du Vorerkrankungen? Hast Du mal überlegt, zusätzlich zur normalen Maske auch zum Eigenschutz eine FFP2- oder 3-Maske zu tragen? Damit geht Dein Risiko auch im ÖPNV gegen 0. Auto als Alternative zur Bahn scheidet natürlich für Dich aus, weil Dein Sterberisiko dort ungleich höher wäre.
DH0GHU hat geschrieben: ↑Mi 12. Aug 2020, 18:12
*1) 2009 brach die Weltwirtschaft um ca. 2% ein. Wir reden bei einem Lockdown in den betroffenen Volkswirtschaften von Einbruchraten >30%. Dass sie in der Praxis oft deutlich niedriger sind, liegt vor allem daran, dass kaum irgendwo ein Lockdown länger als 6 Wochen eines Quartals gedauert hat, und die Daten meist Quartalsbezogen sind.
Es gibt eine interdisziplinär geführte Berechnung, wonach die Kosten für die Gesellschaft in Deutschland bei einem R von 0,7 am geringsten gewesen wären. Radikalere Maßnahmen lähmen, laxere Maßnahmen führen zu höheren Kosten durch die Folgen der Pandemie. Und die USA, in der man von oberster Ebene kaum spürbare Maßnahmen für notwendig erachtete, geht auch am Stock:
https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... demokraten - Ignoranz der Pandemie schützt also auch nicht vor wirtschaftlichen Folgen.
Der 7-Tage-R lag zeitweise in Deutschland unter 0,6 und ab 12.4. unter 0,7.
Erst nachdem er ziemlich lange so niedrig war, hat man gelockert - anders als in den USA, wo die Lockerungen zum Teil schon kamen, als ein leichtes Absinken der täglichen Fallzahlen zu erkennen war. Das hat dann eine zweite Welle mit relativ hoher Dynamik provoziert, mit den entsprechenden Folgen.
Ob die aktuell steigenden Fallzahlen in Deutschland und anderen EU-Ländern tatsächlich eine zweite Welle sind, oder zu einem Gutteil "nur" optimierter Testung geschuldet sind, wird man frühestens in 1-2 Wochen an den Todefallzahlen sehen. Die liegen momentan bei 4-5 pro Tag (7-Tage-Mittel; Circa-Werte Anfang April 100, Mittel April 240, Anfang Mai 140, Anfang Juni 27, Anfang Juli 8, Anfang August 3; wobei der Wert 3 nur an einem einzigen Tag errechnet wurde...).