Anschlag in Mchn jetzt zwei Tote
Erhalten am Freitag Nachmittag, jeder möge dazu denken was er will, ich greife nicht vor:
Guten Tag (...),
überall im Land waren gestern Zehntausende Kolleg*innen im Streik und auf den Straßen, um der ver.di-Forderung nach mehr Geld und freier Zeit im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen Nachdruck zu verleihen. Diese Kolleg*innen haben ihre Grundrechte auf Streik, freie Meinungsäußerung und Demonstrationen wahrgenommen, als einige von ihnen auf der ver.di-Kundgebung in München Ziel eines terroristischen Angriffs wurden. Ein Angriff mit 36 zum Teil schwer verletzten Kolleg*innen – ihnen und ihren Angehörigen gilt mein Mitgefühl und meine Anteilnahme. Mein großer Dank allen Helfenden vor Ort und in den Krankenhäusern sowie den Sicherheitskräften. Ganz besonders sind unsere Herzen und Gedanken zur Stunde bei dem schwerstverletzten zweijährigen Kind, das auf der Intensivstation noch immer um sein Leben ringt, bei seinen Eltern und seiner Familie.
Der Anschlag auf unsere Streikkundgebung war der brutalste Angriff auf eine gewerkschaftliche Veranstaltung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Er nimmt uns mit und erschüttert. Ich war gestern noch selbst in München und habe den Opfern und den betroffenen ver.di-Mitgliedern meine Solidarität ausgedrückt.
Ich danke für die überwältigende Welle der Solidarität, die uns erreicht, von den Schwestergewerkschaften im In- und Ausland, von Politiker*innen, von Arbeitgebern, von Kolleg*innen: Diese Solidarität eint uns und gibt uns Kraft in diesen schweren Stunden. Es ist gut und tröstlich zu wissen: Wir sind nicht allein.
Reflexartig meldeten sich aber schon wenige Minuten nach den ersten Eilmeldungen diejenigen zu Wort, die den brutalen Anschlag instrumentalisieren wollen: Für Spaltung, Hass und Hetze - obwohl die Hintergründe der Tat noch immer nicht vollständig aufgeklärt sind. Natürlich muss darüber diskutiert werden, welche Konsequenzen Verbrechen haben. Natürlich wollen wir Antworten auf die Fragen, wie die Selbstradikalisierung von Tätern über Internetangebote eingedämmt werden kann, wie wir sicher und friedlich zusammenleben können.
Denn darum geht es uns:
ver.di steht für ein friedliches Miteinander in unserer Gesellschaft. Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit und das Streikrecht sind fundamentale Säulen unserer Demokratie. Dieser Angriff richtet sich damit nicht nur gegen unsere Kolleg*innen, sondern gegen unsere demokratischen Grundwerte.
Vielleicht fragst Du Dich, wie es jetzt weiter geht? Wir stehen in dieser schweren Stunde solidarisch beisammen. Wir stehen auch jetzt füreinander ein, für unsere Werte: Für gute Arbeits- und Lebensbedingungen, Gerechtigkeit, eine vielfältige Gesellschaft. Konkret heißt das: Natürlich üben wir unsere demokratischen Grundrechte aus und streiken, wenn es notwendig ist. Natürlich verhandeln wir weiter mit den Arbeitgebern über die ver.di-Forderungen in den vielen Branchen und Bereichen, in denen wir gerade in Tarifverhandlungen sind. Wir lassen uns unsere Grundrechte nicht nehmen. Und wir werden uns in den kommenden Tagen und Wochen bei den mit Streiks und gelebter Solidarität verbundenen Demonstrationen und Kundgebungen Raum geben, unserer Münchener Kolleg*innen, den Opfern und ihren Angehörigen zu gedenken und als Gewerkschaftsfamilie einander auch in dieser Zeit beizustehen. Unsere bayerischen ver.di-Kolleg*innen arbeiten derzeit an der Einrichtung eines Spendenkontos für die Opfer – Wir informieren Dich über verdi.de, wenn es steht und bitten Dich um Beteiligung.
Solidarität, Gemeinschaft und Mitgefühl sind die Kräfte, die uns auch durch diese schweren Tage tragen werden. In den Stunden seit dem Angriff von München ist spürbar: Jetzt, wo der Zusammenhalt der ver.di-Familie am meisten gebraucht wird, ist er stärker denn je. Dafür danke ich herzlich.
Mit solidarischen Grüßen,
Dein Frank Werneke
ver.di-Vorsitzender