Neues aus dem Online-Blätterwald

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TobiasF
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Re: Neues aus dem Online-Blätterwald

Beitrag von TobiasF »

Tatsächlich sehe ich die Wahlrechtsreform kritisch. Denn das Grundgesetz besagt:
Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt.
Wenn jedoch die meisten Wahlkreise „ihren“ Direktkandidaten bekommen, manche aber nicht, dann liegt keine Wahlgleichheit vor. Insbesondere, weil die aufgrund der Zweitstimmenanteilsüberschreitung oder Verfehlung der Fünf-Prozent-Hürde ausgeschlossenen Direktkandidaten einzögen, wenn sie nicht als Partei-, sondern als Einzelkandidat anträten. Ich würde also damit rechnen, dass das Bundesverfassungsgericht den Ausschluss von Direktkandidaten kassiert.

Wie das Bundesverfassungsgericht die fehlende Ausnahme von der Fünf-Prozent-Hürde bei Erreichen von Direktmandaten sieht, ist unbekannt. Gegen diese Ausnahme spricht, dass sie zu Missbrauch einlädt: Eine große Partei könnte einer kleinen drei Wahlkreise überlassen, um sie in den Bundestag zu hieven. Außerdem ist die Gleichheit nicht gewährleistet: Eine Partei mit 4,9 % fliegt raus, während eine Partei mit noch weniger Anteil rein kommt, wenn sie drei Direktkandidaten präsentieren kann. Für diese Ausnahme spricht, dass damit auch regional stark verankerte Parteien in den Bundestag einziehen können. Ohne diese Ausnahme hätte eine nur in Thüringen antretende Partei keine Chance, in den Bundestag einzuziehen. Selbst wenn alle Thüringer diese Partei wählen, würde sie keine 5 % erreichen.

Tatsächlich sehe ich die geplante Implementierung der Fünf-Prozent-Hürde kritisch. Insbesondere die fehlende Möglichkeit einer Ersatzstimme (in Form einer Reihenfolge/eines Rankings) gefällt mir nicht:
  • Die Leute, die eine die Fünf-Prozent-Hürde verfehlende Partei wählen, werden ausgeschlossen. Sie werden so gestellt, als ob sie überhaupt nicht zur Wahl gegangen wären.
  • Das begünstigt das taktische Wählen: Um die Stimme nicht zu „verschenken“, wählen sie nicht die Partei, die ihrer Überzeugung am nächsten ist, sondern das „kleinste Übel“ unter den großen Parteien. Es werden also die großen Parteien begünstigt.
  • Das begünstigt auch die Mehrheitsumkehr: Politische Lager, die in nur einer großen Partei daheim sind, werden besser gestellt als die, die in vielen kleinen Parteien daheim sind.
Insofern halte ich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass eine Ersatzstimme nicht zwingend erforderlich ist, für ein Fehlurteil.

Zusätzlich würde ich noch Ausnahmen von der Fünf-Prozent-Hürde für regional stark verankerte Parteien vorsehen. Das wäre dann der Fall, wenn eines dieser Kriterien erfüllt ist:
  • Die Partei gewinnt ein Direktmandat
  • Die Partei erreicht 10 % der Stimmen in einem Bundesland
  • Die Partei erreicht 33,3 % der Stimmen in einem Wahlkreis
Tatsächlich würde ich dann die Fünf-Prozent-Hürde vorerst beibehalten und schauen, wie sich das Wahlverhalten mit Ersatzstimme entwickelt. Der Vorteil ist unbestreitbar, dass damit der Umsetzung nicht mehrheitsfähiger Einzelinteressen als „Kompromiss“ ein Riegel vorgeschoben wird. Beispiele haben wir dank FDP und CSU genug: Etwa die ermäßigte Mehrwertsteuer für Hotelübernachtungen oder die gescheiterte Autobahnmaut.

Verabschieden müssen wir uns von der Vorstellung, dass man mit der Fünf-Prozent-Hürde radikale Parteien aus dem Parlament fernhält. Im Gegenteil: Ich vermute, der Erfolg der AfD wurde durch die Fünf-Prozent-Hürde gefördert. Es wird der Populismus begünstigt, weil man damit mehr Wähler bekommt als mit gemäßigten Positionen.
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TobiasF
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Re: Neues aus dem Online-Blätterwald

Beitrag von TobiasF »

TotalEnergies verkauft Tankstellennetz in Deutschland. Da wird sich sicher der Name nochmals ändern. Ist ja nicht so, dass der Name schon mehrmals geändert wurde: MINOL → elf → TOTAL → TotalEnergies. Kommt jetzt der Name Circle K, der in Deutschland bisher völlig unbekannt ist?
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Nicoco
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Re: Neues aus dem Online-Blätterwald

Beitrag von Nicoco »

Dürfte interessant werden, wer noch so viel Potential in einem erweiterten Tankstellennetz sieht.
Meine Prognose, von den Total-Tanken werden etliche geschlossen werden.
DAB-Empfangsprognosen: dabmap.nicocoweb.de
PAM
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Re: Neues aus dem Online-Blätterwald

Beitrag von PAM »

Nicoco hat geschrieben: So 19. Mär 2023, 13:45 Dürfte interessant werden, wer noch so viel Potential in einem erweiterten Tankstellennetz sieht.
Meine Prognose, von den Total-Tanken werden etliche geschlossen werden.
Zumal die meisten Total-Stationen sich eher im höherpreisigen Marktsegment verorteten und selbst bei direkter Konkurrenz im Nahbereich oftmals nicht vom Preiswettbewerb anstecken ließen. So kam man häufig in derartige Situationen, in denen die Konkurrenz 8 oder 10 Cent billiger waren - wohin fährt die Kundschaft dann? Vieles, was der Spritkunde in der Vergangenheit immer und immer wieder so gesehen hat, vergisst der nicht so schnell - selbst wenn die Tankstelle an einen anderen Betreiber geht.

Was mich bei Total ebenso wie auch bei Shell, Aral oder Esso genervt hatte: Man hatte statt des "normalen" Super plus lieber eigenen Edelsprit im Sortiment, der m. E. deutlich überteuert ist. Mein Rollerich muss Super plus bekommen - angesichts der Literleistung ist das auch richtig so. Mit E10 fehlt dem Motor alles Temperament. Der Swift soll auch Super plus kriegen, läuft aber mit Minderleistung auch mit "irgendwas".
🎧📺📻📡
Ruhrwelle
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Re: Neues aus dem Online-Blätterwald

Beitrag von Ruhrwelle »

PAM
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Re: Neues aus dem Online-Blätterwald

Beitrag von PAM »

Ruhrwelle hat geschrieben: Di 21. Mär 2023, 09:36 :spos:
Daran wird sich aber nichts ändern.
Ändern wird sich dagegen, dass das Eigenheim sich bis in den Mittelstand "nicht mehr gehört" und eine schrittweise Enteignung eingeleitet wird.
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DH0GHU
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Re: Neues aus dem Online-Blätterwald

Beitrag von DH0GHU »

Wer ein Haus erbt, wird später nicht durch Sozialtransfers seine Miete bestreiten müssen. Substanzsteuern finde ich grundsätzlich ungerecht. Selbst bei den "Top45": Das sind oft reine Buchvermögen in Form von Unternehmensbeteiligungen, die wiederum Arbeitsplätze schaffen. Würde man die Erbschaften hoch besteuern, müsste Kapital aus den Unternehmen abfließen und an den Staat transferiert werden. Diese Gelder können dann nicht mehr in die Zukunft der Unternehmen investiert oder in gute Gehälter ausgezahlt werden. Dass es auch Ar***loch-Unternehmer gibt, ändert daran nichts. Und Familienunternehmen sind oft die Unternehmen, die eher aufs Wohl der Arbeitnehmer und der Gesellschaft schauen als irgendwelche Aktiengesellschaften mit anonymen, oft ausländischen Kapitalgebern, die keinerlei Bezug zu Belegschaft und Region haben.

Wenn man für die "kleinen Leute" etwas tun möchte, muss man die Einkommenssteuerfreibeträge und die Beitrabsbemessungsgrenzen erhöhen, das Sich-Verpissen von Gutverdienern aus der gesetzlichen Krankenversicherung verhindern, Mehrwertsteuern auf Grundbedarfe reduzieren oder abschaffen, die auf "grüne" Energie ebenfalls. Und man muss Anreize zur Schaffung nachhaltig günstigen Wohnraums geben.
QTH: Obersöchering/JN57OR, zeitweise Kehl/JN38VN
Funkamateur, DLF-Hörer, Multipler Musikgeschmack, DAB-Nutzer. Normal ist normalerweise langweilig.
http://zitate.net/kritik-zitate
Lebe stets so, dass die fckAfD dagegen ist!
DH0GHU
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Re: Neues aus dem Online-Blätterwald

Beitrag von DH0GHU »

Kein Vorbild: Die Linke als Steigbügelhalter der Rechten: https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... f8ea575093
QTH: Obersöchering/JN57OR, zeitweise Kehl/JN38VN
Funkamateur, DLF-Hörer, Multipler Musikgeschmack, DAB-Nutzer. Normal ist normalerweise langweilig.
http://zitate.net/kritik-zitate
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Re: Neues aus dem Online-Blätterwald

Beitrag von Allgäu_Süd »

https://www.focus.de/politik/deutschlan ... 26787.html
Zu später Stunde etwas ausdiskutieren? Da kommt bestimmt nichts gescheites dabei heraus. :sneg:
ross22
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Re: Neues aus dem Online-Blätterwald

Beitrag von ross22 »

DH0GHU hat geschrieben: Mo 27. Mär 2023, 13:25 Kein Vorbild: Die Linke als Steigbügelhalter der Rechten: https://www.spiegel.de/politik/deutschl ... f8ea575093
Das Problem hat viele Schichten.
Sehr gut ist immer das Magazin 28 Minuten auf ARTE. Leider sehr spät um 3:20 Uhr.

Als das neue Rentenmodell vorgestellt wurde lag die Zustimmung in Frankreich sogar etwas über 40 %.
Allerdings hat Macron dann verlauten lassen er brauche das Geld aus der verlängerten Arbeitszeit auch für den ökologischen Umbau.
Danach ist der Prozentsatz auf dem er hätte aufbauen können wegebrochen.

Die französische Verfassung gibt dem Präsidenten mehr Macht als in Deutschland.
Etwas wie: " Ich bin der König und brauche für Reformen nicht das Volk." entwickelt sich dabei.

Mit dieser Einstellung ist er schon bei den Demonstrationen der Gelbwesten 2018/19 aufgelaufen.
Er hat dann etwas zurückgerudert und versucht publikumswirksam Kontakt und Zustimmung aufzubauen.
Aber eben erst hinterher.

Mit seinem Rentenmodell begeht er den gleichen Fehler.
Die Folgen sind durchaus so möglich wie im Artikel beschrieben.

Die Verantwortung liegt aber nicht einseitig bei der Linken.
Macron hat diese Situation durch sein eigenes Verhalten zum grossen Teil erst ermöglicht.
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