Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

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PAM
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von PAM »

Tagesspiegel.de: „Enteignung der Bevölkerung“ - Scharfe Kritik an Gasumlage für profitable Unternehmen
[...] An welche Unternehmen genau die Umlage geht, war lange unklar gewesen. Doch nachdem am Montag die Namen der zwölf berechtigten Firmen bekannt wurden, ist nun auch ersichtlich, dass auch Unternehmen die Umlage an ihre Kunden weitergeben dürfen, die zuletzt schon satte Gewinne gemacht haben. [...]
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DH0GHU
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von DH0GHU »

Der Artikel beginnt mit einem grundsätzlichen Fehler: Der Behauptung, wir würden eine Verdoppelung bis Verdreifachung des Strombedarfs bekommen. Hier wird offenbar der Primärenergiebedarf 1:1 in Strombedarf umgesetzt. Eine Erdgasheizung, die pro Jahr 15.000 kWh Primärenergie verschlingt, wird aber nicht durch eine Elektroheizung mit 15 MWh Strombedarf ersetzt, sondern zB durch eine Wärmepumpe mit zB 5000 kWh: Der Primärenergiebedarf sinkt entsprechend, solange es sich um "grünen" Strom handelt. Ein Benziner mit 50 kWh Benzinverbrauch (8,5 kWh/Liter) auf 100 km wird durch ein E-Auto mit 18 kWh Stromverbrauch pro 100 km ersetzt.
Prozesswärme in der Industrie wird zukünftig zumindest teilweise durch importierten grünen Wasserstoff ersetzt.
Die derzeit noch funktionsfähigen AKWs liefern pro Jahr ca. 35 TWh Energie - das sind nichtmal 1,5 % unseres Primärenergieverbrauchs. Insofern sind AKWs für unseren Energieverbrauch schlicht nicht relevant. Eine Verlängerung des Betriebs für 1-2 Jahre erscheint ja noch sinnvoll. Aber dann? Man müsste neue AKWs bauen. Die wären frühestens zwischen 2040 und 2050 betriebsbereit - viel zu spät. Bis dahin ist auch grüner Wasserstoff verfügbar.
A propos: https://www.topagrar.com/energie/news/s ... 43260.html (Für Lesefaule: +11%.)


Der zweite grundsätzliche Fehler des Artikels ist die Nichtberücksichtigung des Havarie-Risikos: Man stelle sich einen Atomunfall der INES-Stufe 7 in Neckarwestheim vor. Ca. 5-10 Millionen Menschen müssten binnen Tagen umgesiedelt werden. Deutschland wäre seiner industriellen Grundlage weitgehend beraubt (ein GAU in Neckarwestheim schrottet den deutschen Automobil- und Maschinenbau!). Natürlich ist die rechnerische Wahrscheinlichkeit für dieses Risiko gering - die Auswirkungen aber umso fataler. Und dass die berechnete GAU-Wahrscheinlichkeit eines AKW und die reale Wahrscheinlichkeit nicht übereinstimmen, wurde uns doch schon von der nackten Realität bewiesen. Die Wahrscheinlichkeit, dass uns sowas zu Lebzeiten wiederfährt, liegt real bei ca. 1:1000 - würdest Du in ein Flugzeug steigen und in Urlaub fliegen, wenn Du weißt, dass jeder 1000. Flieger abstürzt?
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strade
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von strade »

Na, dann schauen wir mal nach China, wo unsere Zukunft schon heute gemacht wird : https://www.msn.com/de-de/finanzen/top- ... r-AA1153Iq
DH0GHU
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von DH0GHU »

strade hat geschrieben: Do 25. Aug 2022, 12:09 Na, dann schauen wir mal nach China, wo unsere Zukunft schon heute gemacht wird : https://www.msn.com/de-de/finanzen/top- ... r-AA1153Iq
Tja... Und in Frankreich schaltet man AKWs wegen der Hitze ab.
Man hätte diese Probleme nicht, wenn man verstärkt auf regenerative Energien gesetzt hätte. Die liefern genau dann am meisten Energie, wenn es besonders heiß und trocken ist - und genau zur Verbrauchsspitze gibts auch die Produktionsspitze. Die Atomstrom-Freunde in Europa müssen aktuell sehr froh sein, dass Deutschland doch Einiges in Solar investiert hat: Ca. 35 GW stehen aktuell Mittags zur Verfügung - bei 10 GW Strom-Exporten. Frankreich importiert ca. 10 GW Peak-Leistung, produziert aber nur 10 GW Solar. Hätten die einen ähnlichen Solarstromausbau wie wir, hätten sie zumindest in den Lastspitzen mittags überhaupt keine Probleme.

https://www.energy-charts.info/charts/p ... olute_area
https://www.energy-charts.info/charts/p ... olute_area


Derweil zeigt sich wieder: Wer aufgrund seiner Fähigkeiten, sich in Themen einzuarbeiten, sie zu verstehen und Probleme zu lösen, auch als Fachfremder Verkehrsprobleme meisterhaft lösen kann, kann das auch mit Energieproblemen. Es gilt aber auch der umgekehrte Fall:

https://www.br.de/nachrichten/deutschla ... ke,TFgu369

Der Bub ist 47. Er würde die Inbetriebnahme der neuen AKWs gerade noch so zum Renteneintritt erleben (falls man nicht das Eintrittsalter weiter erhöht). Aber auch nur, wenn wir noch dieses Jahr einen Standort finden und nächstes Jahr die Genehmigungsprozesse anlaufen und schnell gehen. So ohne Proteste etc ;). Die Probleme der Jahren 2022-2030 mit etwas lösen zu wollen, was erst ca. 2040-2045 zur Verfügung steht, ist schon dreist - zumal es wissenschaftlichen Konsens gibt, dass wir bis dahin auch keine Atomkraft mehr brauchen würden. Immerhin, einen Standortvorschlag hätte ich schon: Passau. Das zweite könnte man doch als "AKW Ruhr" am Stadtrand von Meschede errichten ;)
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strade
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von strade »

Man hätte...hätte...vieles anders machen können, wenn z.B. eine Solar-Pflicht eingeführt worden wäre. Jeder Neubau, egal welcher Art. Alleine die jahrelange Weigerung , "Balkon-Solaranlagen" frei zu geben .... .. heute usus. Generell hätte man auch eine Solarpflicht mit dem verbauten Grund und Boden bringen können: Neubauten haben sich zu 100 % selbst zu versorgen. Basta.
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von RADIO354 »

Ein Kollege hat das so gehandhabt:
Solar mit Wärmepumpe und fertig ist der Fisch.
Wäre auch mein Favorit. Bin aber zur Miete und da kam 2021 die Ölheizung 'raus.
Nun versorgt die Gemeinde das Wohnhaus mit Fernwärme aus knapper werdenden
Holzschnitzeln. Der schon Jahrelang im Keller liegende Gasanschluss bleibt zu.
DH0GHU
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von DH0GHU »

strade hat geschrieben: So 28. Aug 2022, 10:23 Man hätte...hätte...vieles anders machen können, wenn z.B. eine Solar-Pflicht eingeführt worden wäre. Jeder Neubau, egal welcher Art. Alleine die jahrelange Weigerung , "Balkon-Solaranlagen" frei zu geben .... .. heute usus. Generell hätte man auch eine Solarpflicht mit dem verbauten Grund und Boden bringen können: Neubauten haben sich zu 100 % selbst zu versorgen. Basta.
Die notwendigen Kapazitäten bei regenerativen Energien (inklusive Speicher...) lassen sich jedenfalls auch jetzt noch schneller aufbauen als ein neues AKW - und zu geringeren Kosten. Auch günstiger als Fossile Energie. Deutschland gibt dieses Jahr 150 Mrd € für Öl- und Gasimporte aus - doppelt so viel wie 2021. Der Ausbau regenerativer Energien hat letztes Jahr gerade mal ca. 10 Mrd € gekostet. Jede Tempo-erhöhung wird sich hier langfristig amortisieren. Ohne Ewigkeitskosten. Ohne Sankt-Florians-Prinzip.
In einem muss man ja sogar den Fans des Inlandsfrackings und der Kernkraft recht geben: Warum nicht gleich hier produzieren, wenn wir das ansonsten für viel Geld woanders tun lassen? Ob nun Grundwasser in Alaska oder in Niedersachsen verseucht wird (Wahrscheinlichkeit: Angeblich heutzutage extrem gering), ob nun Paris oder Berlin verstrahlt wird, ob nun in Afrika oder in Bad Reichenhall endgelagert wird: Der Natur ist das egal. Gerechter ist es, wenn der Verursacher die Folgen trägt. Greenwashing durch Risikoexport ist ziemlich perfide.

Und ja: natürlich wurde jahrelang viel verpennt oder besser(schlimmer) noch: blockiert. Das war politische Absicht oder zumindest Akzeptanz von FDP, CDU und Teilen der SPD. Die SPD ist als Montanpartei ja auch traditionell nie ein Treiber der Energiewende gewesen. Die "Sicherung der billigen Energie" durch Altmaiers Ausbaubremse bezahlen wir heute teuer. Hätte hätte, Fahrradkette. Es hilft wenig, mit dem Finger auf die Akteure der Vergangenheit zu zeigen - man kann nur Lehren daraus ziehen. Und erwarten, dass aktuelle Akteure ihre Lehren daraus ziehen. Wenn ich mir den Irrsinn, den Teile von Union, FDP, Linkspartei und erst recht AfD zur Zeit verzapfen, so anschaue, scheint das ja leider nicht zu klappen. Es gilt in der Energie- wie in der Coronakrise: Man sollte besser mal mehr auf Wissenschaftler hören.
Es braucht dazu auch nicht zwingend einen Zwang. Regulative Maßnahmen tuns auch. Der zubau wurde regulativ ausgebremst. Es reicht schon, solche Hemmnisse abzubauen und Anreizmodelle auszubauen. Wobei die aktuellen Kosten sowieso Anreiz genug sind. Es gibt kaum etwas wirtschaftlicheres als selbsterzeugte regenerative Energie...
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Thomas(Metal)
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von Thomas(Metal) »

DH0GHU hat geschrieben: So 28. Aug 2022, 10:38 Die notwendigen Kapazitäten bei regenerativen Energien (inklusive Speicher...) lassen sich jedenfalls auch jetzt noch schneller aufbauen als ein neues AKW - und zu geringeren Kosten. Auch günstiger als Fossile Energie.
Jein! Das kann man privat (!) durchaus machen. Und da sind wir schon beim Punkt: Die Energieversorgung wird eine andere. Es ist nicht mehr der "große Versorger" (Strom aus der Steckdose) der das bringt, sondern dezentral. Das funktoniert noch nicht einem schlecht wie ich schon vor über 10 Jahren bei einem Jugendfreund sehen konnte.
Ob zentrale Speicher in der notwendigen zeit aufgebaut werden können halte ich für sehr fraglich. Nicht umsonst hat man wohl auf Gas als Puffer gesetzt. Zentrale oder zentralere Produktion wäre aber notwendig für alle die entweder kein Eigentum haben oder wo es größeren baulichen Aufwand mit sich bringt.

DH0GHU hat geschrieben: So 28. Aug 2022, 10:38 In einem muss man ja sogar den Fans des Inlandsfrackings und der Kernkraft recht geben: Warum nicht gleich hier produzieren, wenn wir das ansonsten für viel Geld woanders tun lassen? Ob nun Grundwasser in Alaska oder in Niedersachsen verseucht wird (Wahrscheinlichkeit: Angeblich heutzutage extrem gering), ob nun Paris oder Berlin verstrahlt wird, ob nun in Afrika oder in Bad Reichenhall endgelagert wird: Der Natur ist das egal. Gerechter ist es, wenn der Verursacher die Folgen trägt. Greenwashing durch Risikoexport ist ziemlich perfide.
Klar bin ich seit einiger Zeit ein Fan der Kernkraft. Ich wiederhole mich gerne: Ich fürchte mich vor dem was mit dem CO2 noch kommt oder kommen könnte. Alleine die Möglichkeit das die Menscheit da ins Getriebe des Weltklimas gelangt hat sollte schon dazu führen CO2 arme oder frei Produktion zu bevorzugen. Das heißt für mich: Solange da nichts installiert ist wähle ich Kernkraft und keine Kohkraftwerke aus für die Rückkehr ans Netz. Sehen wir es offen: 30 Jahre Kernkraft werden da locker notwendig sein, die (mindestens sechs) Reaktoren in Deutschland sind mit neuen Brennstäben zu bestücken. Und kein Geeiere mehr: Feste Vorgaben und Ziele für alternative Energien, bei Bedarf dann auch ein massives Eingreifen. Aber ein Land was u. a. aus Ästhektik Antennenanlagen auf Gebäuden verbietet wird auch keine Energieanlagen erlauben :verrueckt: :kopf:
DH0GHU hat geschrieben: So 28. Aug 2022, 10:38 Die SPD ist als Montanpartei ja auch traditionell nie ein Treiber der Energiewende gewesen.
Man schaue "damals" nach DU-Rheinhausen, etc. Die haben das blaue vom Himmel gelogen. Und: Wenn die Pumpanlagen abgeschaltet werden gibt das eine Seenplatte von zweifelhafter Schönheit im Ruhrgebiet.
QTH: 911-69 (II: Körner 9.2, III: LPDA16), QTH-alt: 9354 (II: FUBA UKA-028)
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Ruhrwelle
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von Ruhrwelle »

Die Seenplatte im Ruhrgebiet wäre von UNzweifelhafter Schönheit. Diverse hoffnungslose Städte wären einfach weg und ich hab vernünftige Seen in der Nähe :cheers:
strade
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von strade »

Zumindest mal wieder sauber.....
https://www.rnd.de/politik/wohlstandsve ... JCCDQ.html
Zitat : "Es werde daran gearbeitet, die Menschen aufzufangen. „Aber mit Sicherheit nicht für Hundert Prozent“, sagte der Grünen-Politiker auf einer Veranstaltung in Flensburg.". Eigenartig. Der Erinnerungsscholz sagte doch : Niemand wird allein gelassen. (hinweis: das heisst, jeder muss sich um sich selbst kümmern.). Fraglich, ob es im Winter preislich günstiger ist, den gesamten Tag im warmen Zug mit WLAN herumzufahren, statt die Wohnung zu heizen....
ulionken
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Re: Kernkraft? Ja, bitte! - Eine Frage der Energiewende

Beitrag von ulionken »

Ruhrwelle hat geschrieben: So 28. Aug 2022, 19:49 Die Seenplatte im Ruhrgebiet wäre von UNzweifelhafter Schönheit. Diverse hoffnungslose Städte wären einfach weg und ich hab vernünftige Seen in der Nähe :cheers:
Der Phoenix-See in Dortmund-Hörde ist doch ein Beispiel, was man aus brachliegendem Werks- oder Zechengelände machen kann. Ich bin früher in Sichtweite davon zur Schule gegangen und war überrascht, wie sehr sich diese Ecke zu ihrem Vorteil gewandelt hat (naja, die Häuser mit Seeblickkönnen sich wohl eher BVB-Stars als Normalbürger leisten).

73 de Uli
UKW/TV-Arbeitskreis, FMLIST und REFLEXION
QTH: Lörrach, JN37TO
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