DH0GHU hat geschrieben: ↑Di 1. Feb 2022, 21:44Das erklärst Du jetzt aber mal dem Club- Bar- oder diskobetreiber, der noch immer geschlossen hat (oder dem Barkeeper, der pleite ist), oder dem Thermenbetreiber, der bei 25% Belegung eigentlich Verluste einfährt, die nur bei Komplettschließung noch höher wären. Oder auch der Stadt, die das Hallenbad nun noch mehr bezuschussen muss, weil bei 25% Belegung die Einnahmen einfach mickrig sind. Die Liste ließe sich lange fortsetzen - auch die von Dir erwähnten Konzertbetreiber oer die Cateringservices, Veranstaltungstechniker und Messebauer werden Dir recht schnell sagen, welche Öffnungen sie sich vorstellen könnten - und die sie vermutlich schon hätten, wäre die Impfquote bei 90% und nicht bei 75%.
Es war bereits Ende 2020 klar, dass es eine große Marktbereinigung geben wird. Ganze Branchen werden nach Corona nicht mehr existieren, viele haben sich schlichtweg überlebt. Ganz vorn dabei waren z. B. Messebauer - heute sind Messen digital und damit braucht es die Eindruck schindenden Messestände nicht mehr.
Jemand aus meinem Freundeskreis hatte sowas gemacht und rechtzeitig seinen Messebau-Geschäftsbetrieb aufgegeben. So konnte er sein Privatvermögen bewahren und den Schaden gering halten. Der hatte "lediglich" von Herbst bis Jahresende 2020 keine Aufträge mehr, brauchte allerdings auch keinen ausstehenden Rechnungen hinterher rennen. Jetzt ist er angestellt beschäftigt und baut "Bürolandschaften" in Firmengebäuden oder auch zuhauf Homeoffice-Arbeitsplätze im Auftrag dieser Firmen. Manche lassen sich beides gutes Geld kosten - mit viel Aufwand gliedert man frühere Großraumbüros in Leichtbauweise zum Arbeiten im "Chambre séparée" um. Das gewinnt für Einzel- oder allerhöchstens Zweier-Arbeitsplätze mehr Ruhe für z. B. vertrauliche Telefongespräche, gibt dem gesamten Raum eine angenehmere Akustik mit erheblich reduziertem Grundgeräuschpegel und es werden nun immer öfter maschinelle Be- und Entlüftung nachgerüstet. Noch ist die Auftragslage auch beim Einrichten von Homeoffice-Arbeitsplätzen ausgezeichnet, wird aber in ein paar Jahren abebben.
Die Umverteilung ist ansonsten in vollem Gange, Corona war und ist ein probates Mittel dafür.
Wessen Vermögen sind in den Corona-Jahren überproportional gewachsen, an wem ging "die Krise" vollkommen spurlos vorbei? Na bitte! Gerupft hatte und hat es doch mehrheitlich den Mittelstand. Nicht nur den Mittelstand im Handel, im Handwerk, im Dienstleistungsbereich - sondern auch den Einkommens-Mittelstand innerhalb der Bevölkerung. Wer nicht nach oben aufrücken konnte, der wurde nach unten durchgereicht. Allein beim Durchreichen nach unten unterscheidet sich von Fall zu Fall das Tempo.
Wer nicht umtriebig genug ist, sich neu zu orientieren und sein Geschäftsfeld mit Erfolg zu finden, der wird in Armut landen. Nicht umsonst sind ganze Berufszweige in Bewegung - in den vergangenen zwei Jahren haben so viele angestellt Beschäftigte und Selbstständige wie nie zuvor ihren bisherigen Beruf aufgegeben und anderswo neu angefangen.
Für manche Geschäftsmodelle muss man mit dem spitzen Stift rechnen und wird feststellen, dass sie keine gewinnbringende Zukunft haben werden. Mit den derzeitigen Betriebsverboten und künftigen Anforderungen an Hygiene, Anforderungen an Bauwerk, Lüftung und auch letztlich ans Personal - mit all dem wird man feststellen, dass z. B. Großraumdiskotheken keine Zukunft haben werden. Es wäre massiv zu investieren, um die künftigen Anforderungen erfüllen zu können. Viele hängen jetzt bereits in den Schulden und müssen aufpassen, dass man sie nicht wegen Insolvenzverschleppung dran kriegt. Und wer sagt, dass nicht nach einer vorsichtigen Öffnung im Juni oder Juli zum Herbst wieder Betriebsverbote und Schließungen angeordnet werden? Kein Kreditgeber wird sich darauf einlassen, einem derart windigen Geschäftsmodell auch nur einen Euro zu leihen!