Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

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Wolfgang Mainz

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von Wolfgang Mainz »

Habakukk hat geschrieben: Ich frage mich gerade, ob die Dämpfung der Atmosphäre wirklich so hoch ist?

Bei Tropo-Überreichweiten über Wasser in südlicheren Gefilden sind durchaus regelmäßig 1000-2000km drin und die Signale können trotzdem noch RDS-Niveau erreichen. Auf Mallorca, Teneriffa oder anderen südlichen Inseln sind solche Entfernungen in Küstennähe ziemlich häufig zu beobachten, mit tlw. recht beständigen Signalen. Da sind wir ja schon fast bei Entfernungen, die bei Sporadic E üblich sind.
Oh, danke für den Hinweis.

Das mit meiner penetranten Verfechtung der atmosphärischen Dämpfung ziehe ich hiermit wieder zurück. Diese Dämpfung spielt wohl erst im Millimeter-Bereich eine tragende Rolle.

Vielmehr ist es wohl natürlich die Topografie, die Energie wegnimmt und ebenso auch bei 100 MHz noch vorhandene Dämpfung am/im Boden bei der bodennah sich ausbreitenden Welle.

Das erklärt auch, weshalb das Meerwasser bedeutend weniger dämpft als das an Land ist. Kombiniert mit höherer Luftfeuchtigkeit, anderen Luftdruckverläufen als an Land ist auch die Beugung entlang der Erdkrümmung relevant. Ich habe gelesen, dass da etwa 6-fache Reichweitenerhöhung relativ zur Ausbreitung an Land der Normalfall sein kann. Auch oberflächennahe Inversionen bei bestimmten energetischen Verhältnissen gibt es relativ häufig.

Trotzdem bleibe ich beim Grundsatz meiner geäusserten Überlegungen und ersetze darin die atmosphärische Dämpfung mit der Dämpfung durch bodennahe Ausbreitung (über Land). Wann genau diese Dämpfung nun relevant wird, ob schon in einer Höhe von 3000 m oder vielleicht erst 800 m über Bodenniveau, weiss ich zwar nicht einzuschätzen. Ich denke immer noch, die Signale müssen eher steil auf uns runterkommen, auch das Durchlaufen des sich ständig ändernden Mediums (Luftdruck, Temperatur, Wassergehalt, Staubdichte etc...) lässt erwarten, dass es eine Beugung gibt, die vom quasioptischen Verlauf der Welle nennenswert abweichen müsste.
Wolfgang Mainz

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von Wolfgang Mainz »

_Yoshi_ hat geschrieben: Der Reflektionswinkel ist auch von der Frequenz abhängig.
Im CB Funkband kann man via ES in Norddeutschland Stationen aus Süddeutschland/Österreich u.s.w. hören.

Und ich hab noch nie via ES Radiosender aus Österreich oder der Schweiz gehört.

Demnach müsste je niedriger die Frequenz ist der Reflektionswinkel steiler sein.
Und je höher die Frequenz desto Flacher.
Ich stelle mir mal einen Zaun vor. Der Zaun besteht aus einem Metallgitter, so wie solche Stahlmatten, die auf dem Bau mit Beton eingegossen werde.

Also dieser Zaun: steh ich direkt davor, dann kann ich durchgucken. Gehe ich zur Seite, dann kann ich irgendwann nicht mehr durchgucken, sondern ich sehe nur noch Metallstäbe. Da wo dies beginnt zu passieren, da habe ich den Winkel erreicht, der den Beginn der Totalreflektion symbolisiert, würde ich jetzt mit einer Taschenlampe leuchten, käme da (idealisiert) kein Licht mehr auf die andere Seite des Zauns.

Reissen wir den Zaun ab und ersetzen ihn wieder mit einem gleichen Gitter, diesmal aber doppelt so viel Stäbe. Stehe ich davor, kann ich durchgucken. Gehe ich zur Seite, kann ich irgendwann nicht mehr durchgucken. Jetzt passert das aber schon früher als das beim ersten Zaun gewesen wäre, weil die Stäbe halt jetzt viel dichter sind.

Die Dichte der Stäbe pro Meter repräsentiert die Elektronen-/Ionen-Dichte der Es-Schicht. Die Blickrichtung repräsentiert den Einfallswinkel. Und der Abstand der Stäbe hat was mit der Wellenlänge zu tun, die dann einfach nicht mehr durchkommt durch den Zaun, also nicht in den Weltraum nach oben verloren geht, sondern reflektiert wird.

Will heissen:
eine höhere Dichte bedeutet: kleinere Wellenlängen respektive höhere Frequenzen.
eine höhere Dichte bedeutet auch: steilere Einfallswinkel.

Auch wenn eine Es-Wolke irgendwo über Deutschland wabert, dann gehen an Deinem möglichen Reflexionspunkt in der Es die UKW-Wellen aus S-Dtld. und AUT noch durch und gehen in den Weltraum, weil sie zu steil auftreffen.
CB-Wellen mit dreimal größerer Wellenlänge werden aber schon reflektiert, die passen schon nicht mehr durch die kleinen Gitteröffnungen. Für die ist das Gitter schon zu dicht.
DX-Fritz

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von DX-Fritz »

Kleine Korrektur zu meinem QTH:

PeakFinder hat mir mal wieder die Augen geöffnet. Ich wohne nicht nur 20 km vor den Bergen über 1500 m NN, sondern 25 - 30 km.

Was mich aber am meisten überrascht:
Wenn man PeakFinder glauben darf, ragen die Berge allesamt weniger als 2,5° über die Horizontlinie auf! Ich kann es kaum glauben, denn gefühlt sind das deutlich mehr.

BTW: Sorry für das Off-Topic.
Christian_66

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von Christian_66 »

Wolfgang Mainz hat geschrieben:
Christian_66 hat geschrieben: Gehen wir von einem Empfang aus 2000 km Entfernung aus.
Die Reflexion findet in der Mitte dazwischen in etwa 100 km Höhe statt.
Das ergibt einen Winkel von ca. 9° am Empfänger, wenn man die Erdkrümmung vernachlässigt.
Mit Erdkrümmung sind es vielleicht 10°.
Das ist steil genug, um 10 km vor einem 1000 m hohen Berg oder 20 km vor einem 2000 m hohen Berg Empfang zu haben.
...
Was ich nicht ganz verstehe bei Deiner Betrachtung, warum die Erdkrümmung den Einfallswinkel erhöht, wenn man sie bei der Geometrie mit einbezieht. Ich denke, sie müsste den Winkel doch reduzieren.
Ja, Du hast recht.


Ich möchte erklären, was mich an der Steilstrahlungs-Theorie stört:
Annahme: wenn ein Sporadic-E-Signal mit z.B. 40° reflektiert wird, warum nicht auch unter kleineren Winkeln, z.B. 30°, 20°, 10° und alles dazwischen.

Wir stellen bei Sporadic-E eine maximale Distanz von so ca. 2.200 km fest, und sehr selten sind die Distanzen niedriger als 1.300 km.
Üblicherweise ist das Empfangsgebiet in einem Moment ziemlich begrenzt, also z.B. Sizilien oder Nord-Algerien oder so.
Wir beobachten nicht in einem Moment Signale aus einer langen Zone von Südfrankreich über ganz Spanien bis Portugal.

Warum also nicht annehmen, dass die Reflexion immer nur unter kleinen Winkeln stattfindet.
Die unterschiedlichen Entfernungen lassen sich durch unterschiedliche Höhen der sporadischen E-Schicht erklären.

Und noch als zusätzliche Überlegung:
Sporadic-E-Schichten sind nicht extrem geneigt, jedenfalls gibt es keinen Grund das anzunehmen.
UKW-Sender strahlen nicht schräg nach oben, sondern parallel zur Erdoberfläche.
Die Reflexion folgt der Regel "Einfallswinkel = Ausfallswinkel".
Felix II

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von Felix II »

Auch fällt auf, dass bei Sporadic E der genaue Empfangsort gar nicht so stark ausschlaggebend ist. Mein Eindruck ist, dass ich an einem exponierten Standort nicht mehr oder stärkere Signale einfangen kann als an einem weniger exponierten Standort.
Diese Beobachtung habe ich auch gemacht, würde ich also von meiner Seite durchaus bestätigen.

Darüber hinaus hat man im Tal sogar noch eher Erfolge schwächere Signale zu empfangen weil das Band "freier" ist.
Wolfgang Mainz

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von Wolfgang Mainz »

Christian_66 hat geschrieben:
Ich möchte erklären, was mich an der Steilstrahlungs-Theorie stört:
Annahme: wenn ein Sporadic-E-Signal mit z.B. 40° reflektiert wird, warum nicht auch unter kleineren Winkeln, z.B. 30°, 20°, 10° und alles dazwischen.
Ich glaube, wie reden unterschiedlich, meinen aber dasselbe.

Stellen wir nochmal den Zaun mit den Gitterstäben auf als Symbol für die Es-Schicht.
Diesmal gucken wir nicht durch den Zaun und gehen dabei zur Seite. Diesmal stecken wir einen Besenstiel durch den Zaun und gehen damit zur Seite.

Irgendwann geht es nicht mehr weiter zur Seite, weil wir den Besenstiel abbrechen würden. Jedes Schrittchen weiter ist dann schon in der Zone, die reflektiert wird.

Benutzen wird nun einen dünneren Besenstiel, dann können wir mehr zur Seite gehen. Das heisst, mit einer kleineren Wellenlänge (dünnerem Besenstiel) ist der Winkelbereich zwischen Besenstiel und Zaun kleiner als bei längerer Wellenlänge (dickerem Besenstiel).

Aber alle kleineren Winkel zwischen Besenstiel und Zaun werden reflektiert. (Alle größeren Winkel lassen den Besenstiel durch den Zaun durch.)

Sollte also bei 40° der Besenstiel nicht mehr durchgehen, dann geht er bei 30°, 20°, 5° und so weiter auch nicht mehr durch.

Also hier sind wir uns vermutlich einig.

Was ich mit steilen Winkeln meine, ist nicht das oben an der Es-Schicht, sondern, das, was unten auf der Erde passiert. Ich weiss nicht, ob überall in Europa die Sendeanlagen mit ihrer Strahlcharakteristik so eingerichtet sind, dass sie mit 20 Grad nach oben oder mehr nicht mehr abstrahlen, vielleicht ist es dann das umgebende Gelände des Senders, was dann nach oben strahlt. Meine Theorie ist, dass die Signale nur begrenzt bodennah verlaufen können, weil sie sonst wie alle anderen am Boden verlaufenden Wellen spätestens nach insgesamt 200 km Bodennähe zu stark gedämpft würden. Will heissen, die quasioptische Ausbreitung mit Es-Wolke quasioptisch dicht über dem Horizont von Sender und Empfänger muss ausscheiden, sonst wären die Feldstärken nicht mehr so stark, wie sie es oftmals sind bei Es-Ausbreitung.

Diese These werde ich in einem weiteren Post gleich nochmal stärker untermauern.
Christian_66 hat geschrieben: Warum also nicht annehmen, dass die Reflexion immer nur unter kleinen Winkeln stattfindet.
Die unterschiedlichen Entfernungen lassen sich durch unterschiedliche Höhen der sporadischen E-Schicht erklären.
Ja. Nach der Besenstil-Theorie sind es eher die flacheren Winkel an der Es-Wolke. Und das mit der Höhe ist sehr plausibel.
Christian_66 hat geschrieben: Sporadic-E-Schichten sind nicht extrem geneigt, jedenfalls gibt es keinen Grund das anzunehmen.
...
Die Reflexion folgt der Regel "Einfallswinkel = Ausfallswinkel".
Sicher? Selbst bei der Grafik bei Wikimedia, hier früher schon zitiert, ist Einfallswinkel und Ausfallswinkel nicht identisch. Und auch als Beugung eingezeichnet.

Sicher, auch das mit der ausgeschlossenen extremen Neigung? Wenn wir hier von "Wolken" sprechen, so sind sichtbare Wolken nicht nur nach unten begrenzt, sondern auch seitlich und haben die unterschiedlichsten Formen der Begrenzungen.

Selbst die wissenschaftliche Darstellung des auf der vorigen Seite dieses Threads zitierten Artikels des - ich meine - Australiers sprach glaube ich von sowas wie Wolken. Er unterteilte die Es-Phänomene ja gleich in drei Arten: die äquatoriale, die mid-lattitude und die boreale (polare) Es-Bildung. Alle mit unterschiedlichen physikalischen und chemischen Abläufen. Angenommen, es gäbe eine Es-Ionisierung durchgehend vom Äquator bis in die hohen Breiten, dann wären wegen der unterschiedlichen Abläufe vermutlich drei voneinander irgendwie abgegrenzten Es-Wolken im Spiel oder zumindest mit deutlich unterscheidbaren physikalischen Eigenschaften.

Man kann sich zwar vorstellen, dass die Es-Schicht soweit droben eine in sich ruhende gemütliche Umgebung ist und alles schon langsam und wohlgeschichtet und geordnet abläuft. Ich denke, auch hier können Fluktuationen im Spiel sein. Das muss gar nicht ausgelöst sein von Gewittern, ich hatte was gelesen, es könnten bis dort droben auch die sogenannten "Gravitationswellen", also letzlich Heckwellen von irgendwelchen Verwirbelungen ganz drunten von Gebirgen z.B. auftreten. Oder man stelle sich vor, es fließen Protonen- / Elektronen-Ströme aus dem Sonnenwind ein, was ja keineswegs gleichmäßig sein dürfte, das sieht man ja an den unterschiedlichsten Strukturen von Polarlichtern. Wenn da irgendein Strom nach Süden fließt, dann stört er die Es-Wolke im Bereich seines Auftretens und es entstehen ganz unterschiedlich geformte Begrenzungen der Es-Wolken - kann man sich vorstellen.

Und selbst wenn ohne Störung so eine "Es-Wolke" sowas wie ein wabernder Ellipsoid ist, so haben wir unterschiedlichste denkbare Punkte, die reflexiv aktiv sein könnten.

Dann ist Einfallswinkel = Ausfallswinkel längst nicht die unbedingte Notwendigkeit, vllt sogar eher die Ausnahme. Vielleicht muss das Signal noch nicht mal auf die Erdoberfläche plan projiziert geradlinig verlaufen, sondern nimmt einen Umweg von ein paar hundert Kilometern und macht einen Knick. Und wird vllt. auch nicht mittig reflektiert.

Noch abschließend noch eine Überlegung. Wenn es nicht "den Reflexionspunkt" gibt, sondern eine Ablenkung an/in der Es-Schicht in Form einer Beugung (z.B. wegen keiner "harten" Grenzschicht, sondern wegen fließender Übergänge), dann können sich die Strukturen innerhalb der Es-Wolke natürlich auch unterscheiden im Bereich Eintrittspunkt und Austrittspunkt, was ebenso wiederum auf Ein- und Austrittswinkel sich auswirken kann.

Vielleicht denke ich ja auch nur alles zu komplex!?

Gruss
Wolfgang
Wolfgang Mainz

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von Wolfgang Mainz »

Christian_66 hat geschrieben: Gehen wir von einem Empfang aus 2000 km Entfernung aus.
Die Reflexion findet in der Mitte dazwischen in etwa 100 km Höhe statt.
Das ergibt einen Winkel von ca. 9° am Empfänger, wenn man die Erdkrümmung vernachlässigt.
Mit Erdkrümmung sind es vielleicht 10°.
Das ist steil genug, um 10 km vor einem 1000 m hohen Berg oder 20 km vor einem 2000 m hohen Berg Empfang zu haben.

Es könnte auch steilere Winkel geben, wenn die Entfernung zum Sender kürzer ist.
Dann gibt es aber auch Empfangsorte weiter entfernt, so dass dort der Winkel wieder so um 10° beträgt.
...
Sporadic-E kommt dagegen von "oben" (also so um 10°), wie oben beschrieben.
Hallo, ich zitiere nochmal Deinen Rechenvorgang, hatte ich ja schon mal getan.

Zum einen finde ich "10°" noch nicht mal wirklich so von "oben".
Zum anderen hatte ich Deine Vernachlässigung der Erdkrümmung ja schon mal als nicht unrelevant erlätert. Weil genau die Erdkrümmung bei einem Skip von 2000 km von Deinen 10° wieder 9° wegfrisst.

Was mir aber gefällt, ist Deine generelle Betrachtung in einem planen Dreieck. Man kann das natürlich auch ganz schön mit ausführlichen Formeln eines sphärischen Dreiecks berechnen, wer Lust darauf hat, möge das tun. Was man aber von Christian lernen kann, dass man das sehr einfach auf ein System ohne Erdkrümmung projizieren kann. Man muss dann nur bedenken, dass die 10° Einfallswinkel am Empfänger in natura 9° weniger, also de facto 1° sind.

Eine einfache Formel macht das:

d/40.000 km*360°=delta beta.

delta beta ist das, was man in der Projektion auf ein planes Dreieck, also unsphärisches Dreieck, als Einfallswinkel (z.B. am Empfänger) dazugeben muss.

Vergessen wir bei dieser Betrachtung mal alles, was inzwischen diskutiert wurde mit wabernden Grenzflächen, solaren Elektronenflüssen und sonstwas unregelmäßigem.

Wir betrachten das Modell: Sender, Empfänger, ein bisschen Erdenrund dazwischen und ne Es-Wolke dazwischen, die genau in der Mitte uns freundlicherweise das Signal schön brav reflektiert.

Runtergebrochen auf das plane Dreieck haben wir ein symmetrisches Dreieck, das wir getrost in seine zwei Einzelteile zerlegen können. Das schöne hierbei ist, wir kriegen ein Teildreieck, bei dem wir einen festen Winkel kennen, nämlich den der vom Erdboden aufragt hoch zu unserem Reflektionspunkt in der Es-Schicht: 90°.

Auch wissen wir, wie hoch unser Reflektionspunkt sein soll: gehen wir mal von 100 km aus.

Auch wissen wir, wie weit unser geloggter Sender weg ist: ich beziehe mich mal auf unser TRT Nagme auf 87,5 und nehme mal die Distanz von 2150 km.

Und schon kann ich alles berechnen. Vorsicht: die Distanz muss man halbieren, da ja unser rechtwinkliges Dreieck nur den den Weg zwischen Reflexion und Empfänger beschreibt.

Da ich keine Lust habe, das mit Sinus, Cosinus und Kram zu berechnen, stütze ich mich auf einen online-Service, wo ich alle Bekannten eingeben kann und alle unbekannten Größen auf Konpfdruck berechnet bekomme:
https://rechneronline.de/pi/dreieck.php

Und ich mache gleich folgendes: Ich geb nicht die Höhe ein vom Reflexionspunkt, sondern ich lasse ihn mir berechnen. Dabei nehme ich an, das Signal kommt echt genau über den Horizont im Winkel von 0°. Will heissen, ich muss in das Schema bei Beta die 0° + delta beta eingeben.

beta= 0° + (1.075 km / 40.000 km * 360°) = 9,675°
alfa= 90°
c= 1.075 km

Die Dreiecksseite b ist die Strecke (Punkt auf der Erde unter der Reflexion) - (Reflexionspunkt in der Es-Schicht). Oder kurz gesagt: die Höhe des Reflexionspunkts.

Was mich erstaunt, dass da 183 km rauskommen.
Deutlich höher als die rund 100km, in der die Es-Schicht beobachtet wird!

Was haben wir falsch gemacht?
An der Geometrie haben wir nichts falsch gemacht. Hoffe ich.

Dass ein höherer Wert rauskommt, hatten wir ja schon diskutiert. Es ist nämlich anzunehmen, dass es keine punktgenaue Reflexion ist, sondern eine Beugung. Deswegen sollte der virtuelle Reflexionspunkt bei unserem Modell-Ausbreitungsdreieck von Sender-Es-Empfänger erwartungsgemäß ein paar km höher liegen als die tatsächliche Es-Schicht.

Aber dann gleich mehr als mind. 60 km?

Ich schätze, irgendetwas muss mit unserer modellhaften Erklärung im Argen liegen. Die bestmögliche Erklärung wäre, dass die Beugung an der Es-Schicht nicht reflektionsähnlich abläuft, sondern sehr bis sehr sehr viel allmählicher. Am Ende gibt es sogar gar keine Reflektion, sondern es ist eine sehr sehr allmähliche Beugung?

Oder wir haben doch eine Art Tunnelführung in der Es-Schicht mit einem Eintrittspunkt in die Wolke und mehreren Reflektionen in dieser Wolke bis zum Austrittspunkt, und beide liegen vielleicht Hunderte oder Tausend Kilometer auseinander?

Schon alleine die Änderung des magnetischen Vektors vom Erdmagnetfeld könnte hier für unsymmetrische physikalische Eigenschaften innerhalb des Ausbreitungsweges führen.

Und dann noch die ganzen anderen Überlegungen, die ich in meinem letzten Post aufgeführt habe...

Ich glaube, es liegt noch ein gutes Stück Arbeit vor uns.

Nachdenkliche Grüsse
Wolfgang aus Mainz
iro

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von iro »

Ohne jetzt näher auf die obigen Ausführungen einzugehen, möchte ich einen Aspekt erwähnen, der die ganze Rechnereien mit genauen Winkeln und genauen Reflektionspunkten in der Mitte zwischen Sender und Empfänger wieder das extakte nimmt.
Man nimmt ja für ES mögliche Entfernungen von 700 bis 2700km Entfernungen an. Daneben kann es auch noch Doppelhops geben mit unterschiedlichen Kombinationen von 2 x (700 bis 2700 km), vorzugsweise aber um die 4000 km.

Was aber auch passieren kann: zu Anfang eine Tropo-Ausbreitung, eventuell im Duct. Irgendwo verlässt das Signal diesen Duct wieder - und das kann genausogut in Richtung Himmel statt Erde sein - trifft dann auf eine ES Wolke und kommt schließlich beim Empfänger an. Möglicherweise verirrt es sich sogar nach der ES Wolke nochmal in einen Tropo Duct in unseren Breiten.

Wenn es starr nach Einfallswinkel=Ausfallswinkel funktionieren wurde ohne mitspielende Tropo-Effekte, wäre es eher unwahrscheinlich, daß manche ES-Empfänge der gleichen Sender zur gleichen Zeit an sehr unterschiedlich verteilten Orten (Nord/Süd/Ost/West) in Deutschland stattfindet. Das kann normalerweise nicht sein.

Ich habe mal einen Empfang aus Ägypten gehabt, ca. 3100 km, eine Entfernung die weder per Einzelhop oder eher unwahrscheinlich per Doppelhop überbrückt wird.
Aber zur gleichen Zeit lag auch eine ausgedehnte Tropo-Zone der Stärke 9 zwischen (ungefähr) Ägypten und Griechenland/Zypern.
Wahrscheinlich ist das Signal aus EGY erst einige 100km durch das Tropogebiet verbreitet worden und wurde dann an irgendeinem Punkt nach oben, Richtung (passende!) ES-Wolke abgelenkt worden.

Eine weitere Sache fällt auch noch auf: es gibt bei ES ja auch einige "Stammgäste", die immer wieder geloggt werden. Es könnte sein, daß diese Sender deswegen zu Stammgästen werden, da ihre Antennen einen Teil des Signals (ungewollt) nach etwas weiter oben als üblich abstrahlen.

Und noch eine Beobachtung:
häufig ist in unseren Breiten ein gleichzeitiges Auftreten von Tropo und ES zu beobachten. Da könnte es sein, das einige Empfänge nur darum verschiedenenorts hierzulande zustandekommen, da ES-Signale beim Runterkommen nochmals größerflächig per Tropo weiterverteilt werden.
Wolfgang Mainz

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von Wolfgang Mainz »

Danke, iro, alles sehr plausibel.
iro hat geschrieben: Eine weitere Sache fällt auch noch auf: es gibt bei ES ja auch einige "Stammgäste", die immer wieder geloggt werden. Es könnte sein, daß diese Sender deswegen zu Stammgästen werden, da ihre Antennen einen Teil des Signals (ungewollt) nach etwas weiter oben als üblich abstrahlen.
Sowas habe ich mir auch schon gedacht.

Danke für die tollen Beitrag!

Gruss
Wolfgang
UKW-Fan Sachsen-Anhalt

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von UKW-Fan Sachsen-Anhalt »

_Yoshi_ hat geschrieben: Bei ES fällt mir gleich auf das Sender die via ES rein kommen gleichermaßen Faden.
Ich hatte immer angenommen das dieses Fading Frequenzabhängig wäre.
Egal ob auf 87,5MHz oder 97,5MHz es bleibt gleich.
Hier einmal zwei Links zu sporadic-E-Empfängen im Kurzwellenbereich:

1.) im 25m-Band: 11690 kHz Sitkunai
http://www.rhci-online.net/radiogram/Vo ... _Broadcast
Audio: https://app.box.com/s/6q2ygnxyxikwegqweuai

2.) im 49m-Band: 6070 kHz Rohrbach
http://www.rhci-online.net/radiogram/Vo ... htm#DIGIDX
Audio: https://dl.dropbox.com/s/nqdjbyqgdw4wzb ... R.wav?dl=1

In beiden Fällen war der Empfang via F2 praktisch unmöglich. Eine geringe foEs ist im KW-Bereich schon ausreichend. Sporadic-E und dessen Fading-Verhalten kenne ich seit ca. 1983.

roger
Valkosipuli

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von Valkosipuli »

gelöscht (falscher Thread)
Wolfgang Mainz

Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von Wolfgang Mainz »

Hi.

Heute habe ich mal mit dem Handy nach Es-Signalen gelauscht. Das, was ich jetzt beschreibe, mag für Es-Jäger und Yagi aufmRotor olle Kamellen sein, mich hat es aber beeindruckt.

Da ich sonst nur mit dem Blaupunkt-Opel-Werksradio ES empfangen habe (heute auch: Türkei, Spanien), hatte ich dort schon manchmal versucht, durch im Kreis fahren, eine besondere Richtwirkung im Empfang nachzuweisen Ich denke mit gekippter Dach-Stummelantenn in der Breitenmitte, kurz vor Heckscheibe, ist da vielleicht nicht soviel Keule, manchmal empfange ich aber in der einen Richtung Sender besser, als wenn ich an der selben Stelle in die Gegenrichtung fahre.

Bei Es-Empfängen war aber mit dem Auto keine eindeutigen Richt-Effekte bemerkbar.

Heute beim Handy schon.

In jener Zeit heute wurden spanische und nordafrikanische Sender von Euch geloggt. Das hörte ich auch ab und zu.

Auf der untersten "freien Frequenz" bei Mainz, 89,0 (BR Klassik, Würzburg und RTL 89,0 vom Brocken kommen manchmal durch) hab ich mal in den Weinbergen bei Mainz beim Spanien-Empfang folgendes gemacht:

Samsung Galaxy S4 mini Duos, Stereokopfhörer in Buchse und in den Ohren, Handy schräg nach links gehalten, Kopfhörerkabel hängt locker durch. So habe ich mich um die eigene Achse gedreht.

Man kann jetzt bestimmt nicht erwarten, dass diese Konstellation eine sonderliche Richtwirkung erzielt - hat es aber.

Auf wenige Grad Varianz war BR Klassik zu hören (Kopfhörerkabel etwa mit Breitseite, also quer zum Herkunftswinkel). Seltsamerweise aber 180 Grad weiter nicht.

Der Mischmasch aus spanischen Signalen kam aber ganz genauso aus nur einem engen Winkel, so geschätzte 120 Grad weiter nach recht als BR Klassik.

Ich hätte erwartet, dass verschiedene Sender vielleicht besonder reagieren auf leichte Winkelvarianzen, was aber keinerlei Einfluss hatte.

Mit meiner "hochexakten" Meßmethode, wie beschrieben, machte es aber eher den Anschein, als käme das alles so gut wie nur aus einem Winkel.

Der Vorteil dieser scheinbar doch recht gerichteten Antennenanordnung ist jedenfalls, dass man sehr schnell alle Richtungen abchecken kann.
Christian_66
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Re: Abgespaltet: Sporadic-E Diskussion (Entstehung/Ursachen)

Beitrag von Christian_66 »

Ich denke das passt hier am Besten rein.

Wissenschaftler haben Sporadic-E Schichten in der Ionosphäre des Planeten Mars entdeckt:
https://www.nature.com/articles/s41550-019-0984-8
https://www.nasa.gov/press-release/godd ... -and-rifts

Mit Hilfe der Raumsonde MAVEN wurden Zonen extrem hoher Ionisation entdeckt, die dem Sporadic-E-Phänomen in der Ionsosphäre der Erde sehr ähneln.
Allerdings sind diese alles andere als sporadisch und zudem langlebig.
Interessanterweise wurden auch Zonen mit so gut wie gar keiner Ionisation gefunden, sozusagen das Gegenteil von Sporadic-E.
Die Wissenschaftler hoffen jetzt, dass sich die Entstehung und das Verhalten der Sporadic-E-Schichten auf dem Mars erklären lassen.
Und das besser als auf der Erde, da ja die Schichten auf dem Mars viel häufiger und langlebiger sind.
Außerdem liegen sie in einer Zone, die für zukünftige Forschungssatelliten erreichbar wäre.
Somit könnte auch eine Erklärung und möglicherweise eine Vorhersage für Sporadic-E auf der Erde gefunden werden.
QTH: D-53721 Siegburg
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