Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

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DAB-Swiss

Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von DAB-Swiss »

Hier meine heute bei der Radioszene veröffentlichte, ganz persönliche Meinung zu dieser leidigen Sache für Euch. Wie lautet Eure Meinung dazu?

"Momentan ist in Bundesbern gerade wieder einmal kräftiges «SRG-Bashing» angesagt. Dabei nimmt man ohne Rücksicht auf Verluste in Kauf, einer der innovativsten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten Europas die Flügel schmerzhaft zu stutzen und die Hörer einer ganzen Reihe beliebter Spartenprogramme zu berauben. Dieser Gruppierung von Bürgerlichen unterstelle ich, dass dabei wenig Redlichkeit im Spiel ist. Als bürgerlicher Wähler, in früheren Zeiten ebenfalls bürgerlicher Kommunalpolitiker und Befürworter von grosser Vielfalt und Qualität im Äther, kann ich bei solchen, durchschaubaren Ansinnen nur den Kopf schütteln. Es geht einmal mehr nur um das große Geld und darum, dem politischen Gegner eins auszuwischen. So verliert die Politik abermals die Bodenhaftung, die Glaubwürdigkeit und verfolgt ausschliesslich Eigeninteressen. Dieser Schuss könnte bei den Wählern nach hinten losgehen.

Doch um was geht es eigentlich? Schon länger sind bürgerlichen Kreisen die teilweise doch recht linken Standpunkte der SRG ein Dorn im Auge. Auch mich ärgert dies zwischendurch ein wenig. Es ist jedoch kein Grund, um sich auf Teilbereiche der SRG einzuschiessen. Kommt dazu, dass es die Wirtschaftsvertreter nicht gerne sehen, wenn eine öffentlich-rechtliche, vom Steuerzahler finanzierte Rundfunkanstalt, Programme auf hohem Niveau anbietet und damit die von Werbeeinnahmen abhängigen Privatradios indirekt konkurrenziert. Bei der Abstimmung über das revidierte RTVG im Jahr 2015 hat man zudem hauchdünn verloren und will jetzt zum grossen Gegenschlag ausholen, unter dem Vorwand der Verschleuderung von Gebührengeldern. Konkret geht es um die beantragte Abschaltung der SRG-Programme, Swiss Pop, Swiss Jazz und Swiss Classic, Virus, Musigwälle und Option Musique – allesamt in der Bevölkerung beliebte und breit verankerte Nischenangebote. Für viele waren genau diese Programme DER Grund für eine Umstellung auf’s Digitalradio, DAB+, sie sind sogenannte «DAB-Flagschiffe» schlechthin. Die nationalrätliche Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) in der Schweiz fordert jetzt einem Medienbericht zufolge den Bundesrat auf, die Zahl der Radio-Spartensender der öffentlich-rechtlichen SRG zu senken.

Für Eigeninteressen geht man einmal mehr über Leichen und versucht den Bürger damit zu blenden, dass diese Spartenprogramme reine Verschleuderung von Gebührengeldern seien. Wer jedoch genau hinsieht, erkennt das politische und wirtschaftliche Kalkül und lässt sich davon nicht blenden. Die SRG-Spartenprogramme abzuschalten wäre ein herber Verlust und wer sich nur ein bisschen mit der Geschichte dieser Angebote befasst, hat dafür auch nur Kopfschütteln übrig.

Swiss Pop, Classic und Jazz sind aus dem Telefonrundspruch entstanden, welcher technologisch nicht mehr mithalten konnte und anno dazumal beispielsweise in Spitälern und anderen öffentlichen Räumen äusserst beliebt war. Die SRF Musigwälle entstand aus dem ehemaligen Mittelwellenangebot von Beromünster und hat die Volksmusik- und Schlagerangebote übernommen, welche von SRF1 ausgelagert wurden, da sie dort zunehmend an den Rand gedrängt wurden, um allen gerecht zu werden. Option Musique ist wohl das einzige Programm in der Schweiz, welches sich auch französischen Chansons widmet, entstanden aus dem Mittelwellenangebot des Senders Sottens. Bleibt da nur noch SRF Virus, welches mit seinem Angebot für eine jüngere Klientel tatsächlich in direkter Konkurrenz zu einigen privaten Anbietern steht. Trotzdem hat auch Virus eine treue Stammhörerschaft aufbauen können. Bis anhin haben die Privatradios, bis auf einige wenige, löbliche Ausnahmen, absolut keine Anstalten gemacht, Angebote von annähernd solcher Qualität ins Leben rufen zu wollen. Zwar hat die ENERGY-Gruppe kürzlich über DAB+ auch eigene Spartensender gestartet, welche jedoch momentan noch eintönige, lieblos zusammengestellte Festplattenmusik spielen (vielleicht hat man damit aber noch weiterführende Pläne, hält diese aber noch bedeckt), Radio Top strahlt mit Top Two ein sehr beliebtes Angebot für Popmusik und Rock aus und FM1 bietet mit Radio Melody über DAB+ ebenfalls ein Spartenprogramm für Schlager und Oldies an. Bei Swiss Pop, Classic und Jazz können die Hörer interaktiv wirken und das Programm so massgebend mitgestalten. Zudem wird vielen, sonst eher unbekannten Schweizer Musikschaffenden eine wertvolle Plattform geboten, während sich die meisten Privatradios komplett dem Mainstream hingeben und in kleinen Rotationen tagtäglich dieselben paar Dutzend aktuellen Hits abspielen.

Was die Initiatoren des Antrages jedoch dabei ganz vergessen, ist, dass sich mehr Wettbewerb für den Konsumenten nicht immer nur positiv auswirkt. Nicht überall kann knallhart das Verursacherprinzip angewandt werden. Es gibt in einer freien Demokratie auch Einrichtungen und Organisationen, welche von der Gemeinschaft getragen werden müssen und sollen. Die einen profitieren mehr davon, die anderen weniger. Das wollen viele Politiker einfach nicht begreifen. Die SRG ist genau eine solche Organisation für eine breite Öffentlichkeit, von welcher eine hohe Qualität, ein attraktives Angebot und auch Nischenprodukte für kleinere Interessensgruppen erwartet werden. Dieser Anforderung entspricht der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der Schweiz momentan voll und ganz. Es kann nicht sein, dass man nun wieder Rückschritte in die Radiosteinzeit macht, mit einem äusserst begrenzten Angebot. Ich kann nur schwerlich glauben, dass die privaten Anbieter der Schweiz die durch den Wegfall der SRG-Spartenprogramme entstandenen Lücken füllen werden. Zu wenig rentabel sind auf dem Werbemarkt solche Nischenangebote, wie beispielsweise Option Musique. Nein, da wird wohl viel eher in weitere, langweilige Mainstreamprogramme mit seichten Wortbeiträgen investiert. Dank den Gebührengeldern von uns allen kann es eigentlich nur die SRG schaffen, Nischenprogramme anzubieten und diese auch attraktiv zu gestalten. Wollen wir das wirklich auf’s Spiel setzen?

Damit ist das zweischneidige Ansinnen der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) durchschaut und findet hoffentlich im Bundeshaus und in der breiten Öffentlichkeit kein Gehör. Viel sinnvoller ist eine starke, fruchtbare Zusammenarbeit zwischen SRG und Privaten, wie die Umstellung auf DAB+ in der Schweiz eindrücklich bewiesen hat. Ich wage zu behaupten, dass sich die Schweiz ohne die starke Zugkraft der SRG noch immer auf verlorenen, digitalen Posten befinden würde.

In diesem Sinne: PRO SRG-Spartenprogramme und starke Gemeinschaft, CONTRA Polit- und Wirtschaftsspielchen! Hören wir endlich damit auf, auf einem solch’ hohen Niveau zu jammern und lassen wir Angebote laufen, welche sich über Jahre bewährt haben!"
drahtlos

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von drahtlos »

Auf die Unterstützung der breiten Öffentlichkeit würde ich nicht hoffen.

Die SRG ist bei den Jungen nicht mehr besonders beliebt. Siehe diverse Meinungsäusserungen zum Thema in öffentlichen Leserbriefen oder Kommentaren von 20 Minuten/Blick und Co.
Ich hoffe, dass die KVF nicht auf solche Schreibereien und Umfragen hereinfällt. Natürlich ist der Kostendruck allgegenwärtig ein Thema, insbesondere bei der SRG.

Ansonsten bin ich natürlich der Meinung des TE. Aber es gibt schon ein paar Sachen welche bei der SRG in letzter Zeit geändert wurden, mit denen ich überhaupt nicht mehr einverstanden bin - als FAN der SRG und seinen Spartenprogrammen.
woody1

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von woody1 »

Ich denke, die unmoderierten Programme könnten in Frage gestellt werden. Was aber auch irgendwie nachvollziehbar wäre. Die Diskussion müsste aber auch SRF3 treffen.
SRF3 differenziert sich von den Privaten doch seit langer Zeit nur noch wegen Sendungen wie Sounds oder Black Music Spezial. Das ist definitiv zu wenig.
Radiomonitor

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von Radiomonitor »

woody1 hat geschrieben: Ich denke, die unmoderierten Programme könnten in Frage gestellt werden. Was aber auch irgendwie nachvollziehbar wäre. Die Diskussion müsste aber auch SRF3 treffen.
SRF3 differenziert sich von den Privaten doch seit langer Zeit nur noch wegen Sendungen wie Sounds oder Black Music Spezial. Das ist definitiv zu wenig.
Ich bin ganz Deiner Ansicht, woody1.
dxbruelhart

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von dxbruelhart »

Die SRG muss ihre Programme weiterhin verbereiten können, und es wäre sehr sinnvoll, wenn die SRG weitere Musikspartenprogramme starten kann (z.B. Rock, Techno, Dance, Ethno-Weltmusik - das wären schon vier weitere Programme; die Musikspartenprogramme kosten sehr wenig Geld, da hier Musik gespielt wird, die bereits im grossen Fundus der SRG sind, und die Programme sind nicht moderiert.

PRO SRG-Spartenprogramme und starke Gemeinschaft, PRO starke SRG!
RADIO354

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von RADIO354 »

Gewisse Dinge kann und wird der Privatfunk nicht liefern ( Ich sage nur Swiss Jazz ).
Meiner Meinung nach sollten die Spartenprogramme on air bleiben. Sie dienen der Hörerbindung. Die
Hörerbindung ist für eine Öffentlich Rechtliche Rundfunkanstalt Publik Service.
2-0-8

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von 2-0-8 »

RADIO354 hat geschrieben: Gewisse Dinge kann und wird der Privatfunk nicht liefern ( Ich sage nur Swiss Jazz ).
Meiner Meinung nach sollten die Spartenprogramme on air bleiben. Sie dienen der Hörerbindung. Die
Hörerbindung ist für eine Öffentlich Rechtliche Rundfunkanstalt Publik Service.
Jazz ist eine Sparte und die Sparte ist schon besetzt. Natürlich startet so kein Privatfunk.
Allenfalls als Festplattendudler zur Frequenz-/Sendeplatzverstopfung oder als Abschreibungsprojekt zur Steuervermeidung.
2-0-8

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von 2-0-8 »

DAB-Swiss hat geschrieben: ...Konkret geht es um die beantragte Abschaltung der SRG-Programme, Swiss Pop, Swiss Jazz und Swiss Classic, Virus, Musigwälle und Option Musique – allesamt in der Bevölkerung beliebte und breit verankerte Nischenangebote. Für viele waren genau diese Programme DER Grund für eine Umstellung auf’s Digitalradio, DAB+, sie sind sogenannte «DAB-Flagschiffe» schlechthin...
Genau so laufen doch die Spielchen in der Politik: Mit einer überzogenen Forderung an den Start gehen, damit die Leute aufschreien und man am Schluss, nach dem Nachgeben, das bekommt, was man eigentlich wollte.
Ich vermute, dass sich am Ende gar nichts ändern soll, man aber wenigstens auf den Volkswillen verweisen will.

Und mal ganz provokant gesagt: Wenn man wirklich was sparen wollte, könnte man die UKW-Kette von SRF2 abschalten und den paar Hörern, die sich darüber aufregen, ein DAB-Radio schenken.
dxbruelhart

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von dxbruelhart »

Ohne grosses Aufheben könnte man die starken Sprachtausch-Frequenzen auf UKW abschalten, wie z.B. Säntis 107,8 99,9 und Rigi 106,2 Chasseral 107,3 etc. Dasselbe natürlich auch im Tessin und in der Romandie.
Diese Programme laufen auch schon lange per DAB.
RADIO354

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von RADIO354 »

Rete Uno geht an meinem QTH gleich 4 X via FM. Da könnte man nun wirklich `ran.
Wobei Diese Sprachaustauschfrequenzen wohl gar nicht zur Diskussion stehen.
DJ Taifun

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von DJ Taifun »

Oder die 107,8 / 107,3 / 106,2 für den Rest der Zeit bis 2024 DRS 4 ehm SRF 4 draufschalten:D
digirad

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von digirad »

Im Anhang zu den Swiss Satelite Radios ein Kommentar aus dem Ktipp 4/2017.
[attachment 8847 Ktipp Kommentar.pdf]
Rolf, der Frequenzenfänger

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von Rolf, der Frequenzenfänger »

K-Tipp hat geschrieben: Im Coiffeursalon läuft Radio Swiss Pop, im Hallenbad und im Sportgeschäft auch
Ganz ehrlich: Ich würde es sehr schätzen, in der Hallenbad-Garderobe nicht jedesmal von Swiss Pop mit nervigen Abfallprodukten der Popmusik (z.B. Savage Garden oder Charles & Eddie :rolleyes: ) zwangsbedudelt zu werden.

Virus, Musikwelle, Jazz, Classic und Option Musique haben durchaus ihre Daseinsberechtigung, aber Swiss Pop würde ich echt nicht vermissen.

(Meine ganz persönliche Meinung, hiermit ausdrücklich als solche gekennzeichnet!)
SXA

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von SXA »

Die Spartenprogramme wie Swiss Pop sollten eingestellt werden. Das gehört m.E. nicht zum Service Public. Swiss Pop, Jazz und Classic sind reine Musikprogramme ohne redaktionellen Mehrwert.

Es gehört m.E. auch nicht zum Service Public, dass ein gebührenfinanziertes Radio wie Swiss Pop et al, auch wenn es "nur" 13 Stellen braucht, um diese zu produzieren, bis nach Moskau in jedem Hotel zu hören ist. Mit unseren Billag-Gebühren finanzieren wie tausenden von Hotel, Restaurants und Shops die musikalische Berieselung. Ist das der Auftrag von Service Public resp. sind für diese Art von Programmen unsere Gebührengelder wirklich richtig eingesetzt?

Speziell ist auch die Verbreitung von Swiss Pop et al beispielsweise im Südtirol. Dort hört man Swiss Pop ebenfalls in jedem Hotel. Sehr speziell im Südtirol ist zudem, dass auch im ganzen Südtirol Swiss Pop, Swiss Jazz und Swiss Classic über DAB+ verbreitet wird. Ich frage mich, wer diese teure Verbreitung bezahlt. Ich nehme nicht an, dass der DAB Betreiber dies kostenlos verbreitet. Nebst der Verbreitungskosten fallen in den einzelnen Ländern zudem SUISA resp. ifpi-Gebühren an. Frage: wer bezahlt diese Gebühren? Wird das auch über die Billag-Gebühren finanziert?

Hand aufs Herz: für was braucht es 13 Stellen, um drei Festplatten-Dudler zu programmieren?

Ich finde gut, was in Bundesbern passiert und dass man diesen SRG-Wildwuchs der letzten Jahre kritisch hinterfragt und hoffentlich im Sinne des Service Public bereinigt.
dxbruelhart

Re: Der Kampf um die SRG-Spartenprogramme

Beitrag von dxbruelhart »

Swiss Jazz ist immerhin das meistgehörte Progamm der SRG per Webstreams, und das sollte man einstellen, das erfolgreichste Programm der SRG?
Die Musikprogramme sind nicht umsonst so beliebt!
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