DRS 3 ein Radio, das immer wieder störte

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radiohead

DRS 3 ein Radio, das immer wieder störte

Beitrag von radiohead »

Hier noch ein interessanter Beitrag von A bis Z über das 20 Jährige DRS 3!

Am 1. November 1983 nahm DRS 3 seinen Betrieb auf. Der Sender sollte alte Forderungen nach besserer Berücksichtigung von Pop und Rock im öffentlichen Radio erfüllen. Er war aber auch die Antwort der SRG auf die Zulassung von Privatradios. DRS 3 provozierte immer wieder öffentlichen Ärger: erst wegen gewisser Informationssendungen, später wegen seiner Annäherung an kommerzielle Musikprofile - ein Rückblick.


Fast schon prophetisch hatte 1956 Musikredaktor Heinz Wehrle bei einem vom Deutschschweizer Radio übertragenen Jazzkonzert die Fans darauf vertröstet, dass es dereinst einmal ein drittes Programm geben könnte, das sich exklusiv der modernen populären Musik annehmen würde. Das im selben Jahr gestartete zweite Deutschschweizer Radioprogramm vermochte nämlich die Bedürfnisse der Liebhaber moderner Sounds nicht zu befriedigen. Ab den sechziger Jahren machten Jugend- und Kulturbewegungen die Programmierung von Rock- und Popmusik im Radio immer wieder zu einem Politikum. Nicht ohne Erfolg. Genau genommen heisst die älteste Sendung von DRS 3 nämlich «Sounds!», die als profilierte Musiksendung bereits 1975 auf DRS 2 quasi im Exil startete. Die Schweizer Hitparade mit ihren 35 Jahren ist zwar etwas älter, aber das kommentierte Abspielen der meistverkauften Titel zählt nur begrenzt als redaktionelle Eigenleistung.

Ein Kind der Liberalisierung
Dass der Sendestart des dritten Programms erst 1983 erfolgte, lässt sich nur teilweise mit technischen oder finanziellen Problemen erklären. Letztlich fehlte bei den verantwortlichen Stellen der medien- und programmpolitische Wille, diesem Kulturbereich ein eigenes Service-public-Programm zu widmen. Wie die zahlreichen Lokalradios ist DRS 3 ein Kind der Liberalisierung des Rundfunks. Der Bundesrat beschloss 1983, ab November desselben Jahres erstmals neben der SRG private und kommerzielle Radiostationen zu konzessionieren. Im Gegenzug bewilligte er der SRG ein drittes Radioprogramm, das ihre Position in der Konkurrenz mit den Privaten absichern sollte.

DRS 3 erzielte bei der Bevölkerung ab 15 Jahren bereits 1984 einen Marktanteil von 14 Prozent, den es im folgenden Jahr auf knapp 16 Prozent steigern konnte. Dem DRS-3-Team gelang es, ein eingängiges Begleitprogramm zu produzieren, das dank überraschenden und vertiefenden Beiträgen auch beim anspruchsvollen Publikum ankam. Noch heute finden sich bei DRS 3 zahlreiche Programmelemente aus der Gründerzeit. Etwa das mittägliche Telefonspiel «Bääsefrässer», die gesellschaftspolitische Hintergrundsendung «Input», die musikalischen «Specials» am Abend oder die Live-Sendungen «Uf dr Gass» mit ihren unzähligen musikalischen Höhepunkten.

Bezüglich Publikumserfolg ging es ab Mitte der achtziger Jahre kontinuierlich bergab, bis 1991 die Quote unter die symbolische Grenze von 10 Prozent fiel. Dieser Misserfolg lässt sich zum einen mit der erstarkenden Konkurrenz der zahlreichen Lokalradios erklären, die mit musikalischen Mainstream-Programmen ein breites Publikum anzusprechen vermochten. DRS 3 verstand sich zur selben Zeit als musikalischer «Störsender» und forderte von seinem Publikum oft viel Aufmerksamkeit. Das brachte ihm zwar viel lobende Kritik, insgesamt sank jedoch die Bereitschaft beim Publikum, auch unbekannte Sounds als Begleitprogramm zu akzeptieren.

In verschiedenen bürgerlichen Kreisen war DRS 3 weniger in musikalischer, sondern in politischer Hinsicht ein Störsender. In den achtziger Jahren provozierte DRS 3 wiederholt mit Voten kritischer Zeitgenossen hitzige Debatten in der Presse, die regelmässig in der Forderung nach einem Rücktritt von Direktor Andreas Blum gipfelten. Als der Schriftsteller Fritz H. Dinkelmann im Sommer 1985 über den damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan lästernd herzog, schimpfte die NZZ: «Hier wird, ‹poppig› aufgemacht, den jugendlichen Zuhörern unreflektierte Ideologie in kleinen Dosen verabreicht.»

Spagat zwischen Mainstream und Qualität
Ab Ende der achtziger Jahre sah sich das DRS-3-Team immer wieder mit der Grundsatzfrage konfrontiert, ob es als Teil des Service- public-Auftrags der SRG eher ein populäres Mainstream-Programm oder anspruchsvolles Qualitätsradio machen solle. Mit dem Ziel, Qualität für ein möglichst breites Publikum zu produzieren, gelang es DRS 3 in den neunziger Jahren, die rasche Erosion der Marktanteile zu stoppen. Zwischen 1990 und 1998 pendelte die Hörerquote zwischen neun und elf Prozent. Dies entsprach zwar nicht den Zielsetzungen der Radiodirektion, aber angesichts der erstarkten Lokalradios kann die Stabilisierung als Teilerfolg gewertet werden.

Unter dem Motto «Frühlingserwachen» unternahm DRS 3 1989 erstmals einen grösseren Programmumbau und produzierte fortan ein spezifisches Wochenendprogramm. Das «Weekend- Radio» war mit der Losung «Musik mit Wort statt Wort mit Musik» als DJ-Radio konzipiert, das die Persönlichkeit der Moderierenden in den Vordergrund stellte. Die Sonntagmorgen-Sendung «Brunch» entwickelte sich zum radiophonen Höhepunkt für die Liebhaber kriminalistischer Hörspiele. Roger Graf gelang mit dem Kurzkrimi- Dreiteiler «Die haarsträubenden Fälle des Philip Maloney» ein Langzeiterfolg; der kauzige Detektiv löste inzwischen auf DRS 3 über 250 Fälle.

Programmausbau und Rationalisierung
Die publizistischen Anstrengungen des Musiksenders konzentrierten sich vermehrt auf die Wortsendungen, speziell auf den Informationsbereich. Die 1989 eingeführte wöchentliche Talkshow «Focus» mit in der Öffentlichkeit stehenden Persönlichkeiten wurde rasch zu einem wichtigen journalistischen Aushängeschild von DRS 3 und bietet noch heute eine attraktive Mischung aus Information und Unterhaltung.

Bei der Gestaltung der Nachrichten- und Informationssendungen stiess DRS 3 an seine finanziellen und personellen Grenzen. Das von der Abteilung Information für alle Programmketten produzierte Angebot geniesst zwar von jeher wegen seiner journalistischen Qualität einen ausgezeichneten Ruf, jedoch entsprach die etwas trockene Art der Informationsvermittlung nie den Wunschvorstellungen von DRS 3. Der Versuch mit eigenen Nachrichtensendungen wurde unlängst abgebrochen. Seit Oktober 2003 bietet DRS 3 wieder dieselben Nachrichten an wie die anderen DRS-Sender und setzt ab November 2003 auf die neue Hintergrundsendung «Info 3».

Parallel zum Aus- und Umbau des Programms liefen in den neunziger Jahren zahlreiche Rationalisierungsmassnahmen. 1994 vollzog DRS 3 als erste Programmkette eine geographische Schwerpunktbildung und gab Bern als festen Produktionsstandort auf. Eine Rationalisierung versprach sich Radio DRS auch von der 1993 beim dritten Programm eingeführten computergestützten Musikprogrammierung. Der Computer sollte der Programmleitung insbesondere helfen, die Gestaltung des Musikprogramms besser zu steuern. Im Laufe der neunziger Jahre zeigte sich nämlich anhand verschiedener auch in der Öffentlichkeit ausgetragener Konflikte immer deutlicher, dass die Radiodirektion und Teile der Redaktion von DRS 3 recht unterschiedliche Ansprüche ans Musikprofil knüpften.

Überstrapazierte «Durchhörbarkeit»
Gegen Ende der neunziger Jahre geriet DRS 3 insbesondere wegen seiner Musikprogrammierung immer mehr unter Druck; die internen Konflikte nahmen zu. Eine erste grosse Verunsicherung beim Team und beim Publikum provozierte 1997 der Entscheid, das Zielpublikum neu auf die 25- bis 45-Jährigen auszurichten und somit durchschnittlich um zehn Jahre altern zu lassen. Als der Marktanteil 1999 mit acht Prozent auf einen neuen Tiefpunkt rutschte, beendete die Programmleitung das langjährige Lavieren zwischen mehrheitsfähigem Begleitprogramm und anspruchsvollem Qualitätsradio und nahm klaren Kurs in Richtung musikalischen Mainstream: mehr bekannte Musiktitel, mehr Hitparade, insgesamt eine markante Reduktion des Angebots an Musiktiteln. DRS 3 erlebte in der Folge seinen bisher grössten Umbruch im Team; zahlreiche profilierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen Moderation und Redaktion waren nicht gewillt, das neue Konzept mit umzusetzen.

Radio DRS wollte mit der Neuausrichtung von DRS 3 verhindern, einen «Service public sans public» zu veranstalten. Die Programmverantwortlichen sehen sich durch den seit 2000 markant gestiegenen Marktanteil in ihrem Grundsatzentscheid bestätigt. In der Öffentlichkeit löste die Programmreform aber heftige Proteste aus, die sich 2002 nochmals verschärften, als DRS 3 zur Steigerung seiner «Durchhörbarkeit» eine weitere Formatierung seines Programms ankündigte. Die Verschiebung der Kultsendung «Sounds» aufs Kabelradio Virus brachte für viele Kritiker das Fass zum Überlaufen. DRS 3 sei tot oder liege zumindest im Sterben, lautete eine gängige Diagnose. Nun mischte sich sogar der Bundesrat in die Debatte ein und rügte die drohende Verflachung bei DRS 3. Er reagierte mit der Ausschreibung einer neuen Konzession für einen Jugendsender im Grossraum Zürich mehr oder weniger direkt auf die erhitzte radiopolitische Debatte.

Seit der Übernahme der Programmleitung Anfang 2003 durch Bendicht Luginbühl ist DRS 3 in etwas ruhigere Gewässer gesteuert worden. Verschiedene symbolträchtige Handlungen wie die Rückverschiebung von «Sounds» auf DRS 3 signalisieren, dass DRS 3 nicht gänzlich mit seiner Vergangenheit brechen und wieder stärker als kompetenter Musiksender auftreten will.

Rolf, der Frequenzenfänger

Re: DRS 3 ein Radio, das immer wieder störte

Beitrag von Rolf, der Frequenzenfänger »

Mich "stört" DRS3 auch wieder in zunehmendem Masse. Nachdem man sich nach der letzten Reform wirklich Mühe gab, ist man inzwischen wieder grösstenteils zum Einheits-Dudelbrei zurückgekehrt. :( Die Moderatoren nerven, der miese Sound auf UKW nervt, das Gedudel nervt... wie es sich für einen amtlich bewilligten Störsender eben gehört!
Wrzlbrnft

Re: DRS 3 ein Radio, das immer wieder störte

Beitrag von Wrzlbrnft »

Schön war der Sommer 2004 in Zürich, als man einige Monate lang ein wirklich abwechslungsreiches Programm auf UKW geboten bekam. Jetzt dominiert unterwegs wieder die hauseigene MP3-Rotation.

-jens

Re: DRS 3 ein Radio, das immer wieder störte

Beitrag von -jens »

reeeto von gunten am sonntagmorgen nervt mich. Zwar hat er eine nette stimme - aber mehr auch nicht. ständig muss er reden, reden reden und reden. Wenn da wenigstens was sinnvolles rauskäme...? Aber die Idee "2 generationen, eine Sendung" funktioniert nicht. Der reeeto redet nur blech, der teenie nichts bis gar nichts und wenn, dann schon auch nur blech.

Reeeto ist vorbei. sorry. aber so bringt er mich nicht mehr dazu drs3 am sonntag zu hören (was ich bislang getan habe).
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