Schweizer Telefonrundspruch

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FrankenWalder

Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von FrankenWalder »

Wer hat den Schweizer Telefonrundspruch noch selbst gekannt und kann etwas über das Übertragungssystem, die Programme, die Qualität und die Empfangsgeräte sagen?

Das Ganze war doch ein früher Vorläufer des "Kabels", oder?

AFNBEKENNER

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von AFNBEKENNER »

Dann bemühe ich mal Google.de für DICH

Ein Holz-Kistchen als Klammer der Nation

Der Telefonrundspruch verstummt, doch viele der unverwüstlichen Radio-Empfänger überleben

Er ist ein technisches Unikum und verknüpft die Schweizer Regionen wie kein anderes Medium. Doch in einem Jahr wird der Telefonrundspruch (TR) als erste radiophone Klammer der Nation verstummen.

Der Entscheid des Bundesrates ist gefällt: Ende 1997 wird der Telefonrundspruch eingestellt. Damit entschwebt ein Dienst aus der Geschichte des Schweizer Rundfunks, der weltweit ein Unikum darstellt: Die Telecom PTT als nichtkonzessionierte Anbieterin eines von der SRG produzierten und über die Telefonleitung verbreiteten Radioprogrammpakets.

Mehr als sechzig Jahre konnte sich dieser öffentliche Dienst halten, der 1931 ins Leben gerufen wurde, um damalige Lücken der Mittelwelle-Versorgung zu stopfen und das Telefonnetz besser auszulasten.

Ende der sechziger Jahre erreichte der Telefonrundspruch mit 450'000 Abonnenten seine grösste Verbreitung, bevor sich UKW-Empfang, Kabel- und schliesslich Satellitenübertragung durchsetzten. Nach Angaben von Pierre Zaugg von der Telecom-Direktion Radiocom sind heute noch immer 105'000 Benützerinnen und Benützer registriert - Privatpersonen, Coiffeursalons, aber auch Hotels, Spitäler oder Altersheime.

Die Kunden schätzten nicht nur die einfache Bedienung der in Holzkistchen oder - massgeschneidert für Pflegefälle - in "Hörkissen" implantierten Empfangsgeräte und die bescheidene monatliche Gebühr von drei Franken, sondern ebenso die Auswahl von sechs Programmen (vgl. Kasten).

Walter Fankhauser, Sprecher von Schweizer Radio International und des Telefonrundspruchs, hebt vor allem die staatspolitische Bedeutung der drei Ersten sprachregionalen Programme hervor. Während in der UKW-Versorgung noch immer Lücken klafften, biete der Telefonrundspruch "seit Jahrzehnten das einzige die Sprachregionen übergreifende Angebot im föderalen System". Telefonanschluss vorausgesetzt, sind in allen helvetischen Sprachregionen alle regionalen Hauptsender zu empfangen. Fankhauser: "Integration in Reinkultur."

Doch jetzt steht die erste mediale Klammer der Nation endgültig vor dem Aus. Grund: Jährlich 10 Millionen Franken Defizit und gegen 20'000 Abonnementskündigungen. Auch ist gesetzlich nicht mehr möglich, den Service publique mit Quersubventionen zu finanzieren.

Dennoch brauchen die legendären Holzkistchen mit ihren sechs Vorwahltasten zumindest in Liegenschaften mit mehr als zehn TR-Empfängern nicht herausgerissen zu werden: Solche Betriebe können "mit geringem Aufwand ihr internes Hausnetz und die TR-Apparate weiterverwenden", heisst es in einem Argumentarium der Telecom.

Nötig ist bloss eine kleine Kopfstation, die den TR-Verteiler ersetzt und sechs Programme aus drahtloser Verbreitung, via Kabelnetz oder gar über Satellit ins Hausnetz einspeist. Sogar digitale Programme können in die bestehende Infrastruktur übertragen werden.

Der Interlakner Kabelunternehmer Walter Balmer setzt in seinem dicht verdrahteten Versorgungsgebiet auf eine "ideale Nachfolgelösung für Hotels, Heime und Spitäler": Mit einem Umsetzer (Preis: gut 5'000 Franken) können sechs frei wählbare Programme in die Zimmer geleitet werden. Balmers Motto: "Aus Telefonrundspruch wird Kabelrundspruch."

Kopfstationen oder Umsetzer ermöglichen raffinierte Lösungen, die von der bisherigen Programmpalette unabhängig sind: Neben individuellen Durchsagen können auch je nach Bedürfnis zusammengestellte Programme verbreitet werden. Beispiel: Hat ein Hotelier französische Gäste, bietet er ihnen französische Programme an. Oder Spitäler speisen die Lokalradiostationen ein. Die Umprogrammierung soll laut Fachleuten "eine Sache von Sekunden" sein.

Unrentabel ist diese Lösung in Einzelhaushalten oder Häusern mit nur wenigen TR-Empfängern: Sie müssen sich - der Vermerk auf den Telefonrechnungen erinnert sie daran - nach neuen Empfangsmöglichkeiten umsehen.

Die Ersten Radioprogramme der SRG können über Kabelanschluss bezogen werden. Ueberdies werden die Spartenprogramme "Classic" und "Light" auch auf DIGit-Super-Radio angeboten, das Anfang der neunziger Jahre als TR-Nachfolger konzipiert wurde. Von einem Ausweichen auf das digitale Radio ist jedoch dringend abzuraten. Denn dieser Technik droht schon bald dasselbe Schicksal wie dem Telefonrundspruch: Das Ende.

Kein Wunder, ist die SRG daran interessiert, über den Telefonrundspruch verlorene oder noch gar nicht erreichte Kunden durch neue Uebertragungskanäle an ihre Programme zu binden. Ihr Plan: Nicht nur die Ersten Programmen aller Schweizer Sprachregionen, sondern auch "Classic" und "Light" sollen schon Mitte nächsten Jahres über Satellit verbreitet werden. Ein entsprechender Antrag der SRG auf Konzessionsänderung ist seit längerer Zeit hängig.

Der Bundesrat soll in den nächsten Tagen entscheiden - wie, ist noch offen. Bekannt ist, dass das für Deregulierung sonst offene Bundesamt für Kommunikation (Bakom) dazu neigt, bloss die Parallelverbreitung bestehender Programme im Sinne einer Grundversorgung zu gestatten. Oeffentliche Spartenprogramme wie "Classic", "Light" oder "International" dagegen sollen nicht auf dem Transponder im All landen dürfen. Dafür sollen sich in diesem Bereich - wie es der Volksmusiksender "Radio Eviva" schon tut - private Veranstalter engagieren dürfen.

SRG-Sprecher Oswald Sigg wehrt sich indes entschieden dagegen, dass sein Unternehmen bei der Erfüllung des öffentlichen Auftrags amtlich "zurückgebunden" wird: "Es kann ja nicht sein, dass Innovationen im Radio-Bereich einfach den Privaten überlassen werden."

Als Konsequenz würde nicht nur der Telefonrundspruch als technisches System verschwinden, sondern auch die bisherigen Programme 'Classic' und 'Light'. Sigg: "Wir aber möchten diese Programme unserem Publikum in der gewohnten Qualität weiterhin anbieten."

* * *

Unikum
Telefonrundspruch

Sechs Programme in Monoqualität und Analogtechnik sind über Telefonrundspruch zu empfangen - ein Anschluss ans Telefonnetz vorausgesetzt.

• Das erste Programm von Schweizer Radio DRS
• Das erste Programm von Radio de la Suisse romande
• Das erste Programm von Radio della Svizzera italiana
• "Classic"
• "Light"
• "International", zusammengestellt aus eigens für den TR produzierten Beiträgen in englischer Sprache und Beiträgen von Scheizer Radio International (SRI)

Die drei Ersten Programme der Sprachregionen werden zeitgleich und unverändert übernommen. Die Spartenprogramme "Classic", "Light" und "International" dagegen werden durch die SRG im Auftrag der Telecom PTT speziell für die TR-Bedürfnisse zusammengestellt.

Die staatspolitische Dienstleistung: Der TR ermöglicht in der ganzen Schweiz den Empfang der Ersten Radioprogramme aller Sprachregionen. Während Schweizer Radio International (SRI) schon über den Satelliten Astra verbreitet wird, möchte die SRG künftig auch die Spartenprogramme "Classic" und "Light" via Satellit verbreiten.

27. November 1996

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(c) by Peter Knechtli


http://www.onlinereports.ch/1996/telefonrundspruch.htm
http://www.geschichte-schweiz.ch/kommun ... ittel.html
http://www.polyreg.ch/bgeleitentscheide ... II_81.html

Rolf, der Frequenzenfänger

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von Rolf, der Frequenzenfänger »

> Wer hat den Schweizer Telefonrundspruch noch selbst gekannt und kann etwas über das Übertragungssystem, die Programme, die Qualität und die Empfangsgeräte sagen?

Während meiner Lehrzeit in Schaffhausen bin ich diesen Gerätchen öfters begegnet... oft standen sie bei älteren Leuten daheim, aber man fand sie auch manchmal als Quelle für die Hintergrundberieselung in öffentlichen Gebäuden, Banken usw.
Die Qualität war (angesichts des hohen Alters des Systems) sehr gut, solange man die speziellen HF-TR-Empfänger benutzt hat. Mit normalen LW-Radios ging der Empfang zwar auch, aber man konnte dann nicht die volle NF-Bandbreite nutzen, so dass es sich wie "normale" Langwelle angehört hat (mit viel weniger Höhen). Die HF-TR-Empfänger waren sehr einfach zu bedienende und auch relativ kostengünstige Geräte: sie hatten meist nur die 6 fest eingestellten Stationstasten, einen Lautstärkeregler und vielleicht noch einen Klangregler.

Das System wurde dann 1997 abgeschaltet. Hauptsächlich, weil ADSL und HF-TR auf der Telefonleitung in Konflikt geraten wären.
Wasat

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von Wasat »

Die Leistung der Langwellensender zur Anspeisung der Kabel soll ja sehr gering gewesen sein.
In Norwegen war bis 1987 ein ähnliches System ("Linjesender", 14 Einzelnetze) in Betrieb, deren Leistung aber bis zu 2 kW betrug. Gesendet wurde dort im Bereich zwischen 285 und 300 kHz (in der Schweiz 175 bis 340 kHz).
Radio Nordzee International

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von Radio Nordzee International »

Telefonrundspruch war praktisch das analoge DSL auf den schweizer Telefonleitungen !!!

drahtlos

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von drahtlos »

Es gab in der Schweiz 2 verschiedene Telefon-Rundspruch Systeme.

Das erste System war der NF-TR, das 2. war der HF-TR.

Der Unterschied:

NF-TR war ein NF-Signal welches von der Ortszentrale bis zum Teilnehmer über die Telefonleitung mitgeführt wurde. Mit einem eindrähtigen, relativ niederohmigen Erdschluss wurde jeweils das Programm umgeschaltet. Die Umschaltung passierte jeweils in der Ortszentrale. Mit einem Kopfhörer konnte man übrigens das gerade laufende Programm auch direkt an der Telefonleitung mithören. Wollte man telefonieren oder man bekam einen Anruf, wurde das NF-TR Signal während dieser Zeit abgeschaltet.

HF-TR war dann ein anderes System, welches alle Programme auf der Telefonleitung aufmoduliert hatte. Der Empfänger war dann ein wenig intelligenter als beim NF-TR. Im Prinzip war es ein breitbandiger Langwellen-Empfänger. Anfänglich gab es grosse Probleme, diese Programme über lange Leitungen zu übertragen. Bei langen parallel geführten Leitungen wurden die HF-Spannungen schnell mal sehr klein. In den Anschlussdosen mussten die Pegel jeweils mit verschiedenen Abschlusswiderständen angepasst werden. Ebenso war dies notwendig, wenn mehrere Dosen im gleichen Haushalt vorhanden waren. Im Prinzip war das der Vorläufer des heutigen Kabelfernsehens.

HF-TR war vor der UKW-Zeit natürlich ein Meilenstein in der Übertragungs-Qualität. Weil es damals nicht einmal 6 Programme in der Schweiz gab, wurden auch ausländische Programme mit übertragen. Es gab ein Kanal wo mehrere ausländische Programme wie RAI, BBC und andere sich die Zeit unter sich aufteilten. Dort war dort auch Radio Schweiz International vertreten.

Inzwischen laufen bei der Swisscom die Vorbereitungen für Fernsehen über das normale Telefonkabel. So wie ich es verstehe, wird jeweils nur 1 Programm übertragen, welches dann in der Zentrale umgeschaltet wird. Die Fernbedienung schaltet so dann die Programme in der Zentrale um, somit bleibt die Datenrate im höheren ADSL-Bereich. Es werden jetzt ca. 1000 Benutzer aufgeschaltet, welche dann das System erproben können. Meiner Meinung nach werden die Programme als WMP9 "ausgestrahlt", resp. übertragen.

Irgend eine Schweizer Zeitung hatte letzte Woche die Vorbereitungen dazu gemeldet, ohne aber technisch genauer darauf einzugehen. Zu diesem Thema gibt es hier im Forum aber einen anderen Thread.

Peter
Frank S.

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von Frank S. »

Da gab es in der Sowjetunion auch. Ich war dort mal in Studentenwohnheimen in Moskau, in Gomel (Weißrußland) und Kiew (Ukraine).
Auf jedem Zimmer ein Lautsprecherkasten mit Lautstärkeknopf. Ich glaube in Kiew konnte man sogar zwischen 2 Programmen umschalten.
Der Sound: schlechte LW Qualität. Das Programm: Oper, politische Kommentare und Informationen aus der Produktion, russische Kampflieder.
Glücklicherweise ließen sich die Kästen in der Lautstärke bis auf fast 0 runterregeln, jedoch nie ganz ausschalten.

Klaus Wegener

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von Klaus Wegener »

Hallo,

[quote Rolf, der Frequenzenfänger]Mit normalen LW-Radios ging der Empfang zwar auch, aber man konnte dann nicht die volle NF-Bandbreite nutzen, so dass es sich wie "normale" Langwelle angehört hat (mit viel weniger Höhen). [/quote]

Habe gerade "gegoogelt" und bin auf diesen, relativ alten, Thread gestoßen.

Habe ein Röhren-Radio von Grundig zu Hause, großes und wuchtiges Teil, mit Sendernamen auf der MW und LW Skala. Der LW-Bereich ist extra erweitert, und es findet sich, über die Langwelle verteilt, "Rundspruch I" bis "Rundspruch VI". Die Frequenzen, wie ich bei Google sah, waren

* Kanal 1: 175 kHz
* Kanal 2: 208 kHz
* Kanal 3: 241 kHz
* Kanal 4: 274 kHz
* Kanal 5: 307 kHz
* Kanal 6: 340 kHz

Stimmt mit dem, was auf meinem Radio steht, überein :)

In dem Thread hier ist aber immer nur von den "Holzkästen mit 6 Stationstasten" die Rede. War es also auch üblich, normale Röhren-Radios als Empfänger zu nutzen? Das Gerät von mir hat eine Bananenbuchse als Antenneneingang. Frage mich, ob die Telefonleitungen in der Schweiz Banenenstecker hatten? ;)

Gruss,
Klaus

Kusi

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von Kusi »

Hallo

Es war möglich wie schon "Rolf, der Frequenzenfänger" sagt, normale Radios zu gebrauchen.
Für den Empfang von HF-TR war eine spezielle Anschlussdose notwendig, mit einem speziellen Kabel. Es gab Kabel mit Bananensteckern, später waren es dann die "normalen LMK-Stecker".
siehe auch hier:http://www.biennophone.ch/telefonrundsp ... #HFTR_Dose

Gruss
Kusi
88,7 MHz

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von 88,7 MHz »

Zuhause stand auch so ein Röhrenradio im LW -Bereich gab's den "Schweizer Telefonrundspruch" bei einem anderem Radio stand "Drahtfunk"

"Drahtfunk" soll es ja auch in der BRD gegeben haben? Laut meines Vaters über das Stromnetz ? und Telefonnetz....
DX-max

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von DX-max »

In Deutschland gab es auch einen Drahtfunk. Schon wähnerd des Kriges wurden in Berlin über Drahtfunk Fliegerangriffe durchgesagt "wir kommen wieder" hieß es da immer am Schluß.
Wie lange nach dem Krieg noch Drahtfunk betrieben wurde, weiß ich nicht.
Mein SABA Konstanz stammt aus den 60-er Jahren und hat es noch in der Skala.
Bild
Peter Schwarz

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von Peter Schwarz »

In einer Schweizer Hütte im Skiurlaub (in Ernen) bin ich so einer Kiste begegnet. Da hatte sie aber schon keine Funktion mehr.
Auf jeden Fall wurden wohl früher auch Sendungen von SDR und SWF übertragen. Ich kann mich noch an die Ansage bei "Vom Telefon zum Mikrofon" erinnern: "Angeschlossen sind wie immer auch unsere Hörer des Telefonrundspruchs in der Schweiz"
88,7 MHz

Re: Schweizer Telefonrundspruch

Beitrag von 88,7 MHz »

@ DX -max

:spos: Herrlich diese alten Skalaeinteilungen ...:spos:

">> Angeschlossen sind wie immer auch unsere Hörer des Telefonrundspruchs in der Schweiz"<<

Genau! Da war es... , ich hätt's nicht mehr gewußt.
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