Faustformel für Sendestärke

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Andreas W.

Re: Faustformel für Sendestärke

Beitrag von Andreas W. »

Naja, es geht mir ja auch nicht drum, die Realitaet zu berechnen, sondern zumindest grob die Reichweite eines Senders einzuschaetzen. Was Richt- und Rundstrahlung betrifft, ist das natuerlich ein Manko, da es teilweise heftige Einzuege gibt und so die Leistung zwischen 8kW und 50W schwanken kann je nach Richtung.
Es ist aber zumindest mal nicht schlecht, wenn man qualitativ halbwegs einschaetzen kann, ob nun ein 100W Sender des einen Standorts besser ist als der 5kW Sender des anderen. Im Falle von DasDing merkt man ja, dass zwischen 1kW Mannheim und 50W Koenigstuhl kaum ein Reichweitenunterschied besteht.

Saarländer (aus Elm)

Re: Faustformel für Sendestärke

Beitrag von Saarländer (aus Elm) »

Ich habe vor ein paar Jahren in der Bibliothek der HTW Saarbrücken einen Band aus einer mehrteiligen Reihe von Handbüchern der Telekommunikation gefunden, in dem viel über Ausbreitungsverhältnisse geschrieben ist, z.B. auch Dämpfung von Funksignalen etc.
Ich weiß bloß nicht mehr, wie das Buch genau hieß.
Da drin gibt's auch grafische Darstellungen zur Signalstärke von UKW-Sendern abhängig von der Entfernung zum Sender. Diese Kurven wurden jedoch aus statistischen Daten ermittelt, z.B. für Normalbedingungen und für angehobene Bedingungen.
Ich habe dann mal aus dieser grafischen Darstellung eine (vereinfachte, linearisierte) Formel abgeleitet. Ebenso eine Formel für die Dämpfung, die z.B. ein Berg in der Übertragungsstrecke verursacht.
Die Formeln müssten noch auf meinem HP48G Taschenrechner programmiert sein, den ich leider kaum noch benutze. Heute lässt sich mit Programmen wie Excel wohl leichter mit solchen Formeln herumspielen.

Ob diese Formeln wirklich nahe an die Realität herankommen, kann ich nicht sagen. Ich wohne in einer hügeligen Gegend, und da kann man die rechnerischen Ergebnisse immer irgendwie and die realen Gegebenheiten 'anpassen' je nachdem wie hoch man den Einfluss eines Berges ansetzt (da geht z.B. auch der Durchmesser der Bergkuppe mit ein).

Ich guck mal, ob ich die Formeln noch irgendwo finde, und kann sie dann mal posten.
Dank der Senderdatenbank von Andreas gibt's ja nun auch die Möglichkeit, die exakte Antennenhöhe mit einzubeziehen, statt auf Schätzungen angewiesen zu sein. Das ist schon klasse.
Andreas W.

Re: Faustformel für Sendestärke

Beitrag von Andreas W. »

Hmm... diese Berechnungen waeren schon ganz schoen interessant. Im Grunde kennt man ja meistens folgende Daten:
- Sendeleistung
- Koordinaten des Senders
- Rundstrahlung oder Richtstrahlung
- Bei Richtstrahlung die Hauptstrahlungsrichtung

Es gibt ja nun im Internetz diese Gtopo30 Dateien zum Runterladen, die in ganz einfacher Form die Hoeheninfos der ganzen Welt in Dateien gespeichert haben. Aufgeloest auf 30 Sekunden, das ist zwar noch relativ grob, aber waer zur Erzeugung von Senderkarten ja ideal. Man koennte dann die Hoeheninfos als verschiedene Farbwerte darstellen (wie halt in klassischen Karten), und aufgrund der Daten Berechnungen anstellen. Die sind sicher nicht immer realistisch, aber koennten einen groben Ueberblick schaffen, wie gut die Reichweite ist.

Im Grunde muesste man fuer jeden Punkt (also alle 30 Sekunden) auf der Karte also ausrechnen,
a)liegt der Punkt hinter dem Radiohorizont, kein Empfang
b)liegt der Punkt ausserhalb der errechenbaren maximalen Reichweite (man muesste hier die Leistung in diese Richtung wissen, oder zumindest abschaetzen), kein Empfang
c)ansonsten muss man berechnen, ob auf der Linie Empfaenger<->Sender irgendwelche Hoeheninformationen vorhanden sind, die diese Linie ueberragen, davon kann man dann auch Berechnungen durchfuehren, wie stark dieser Berg (Huegel wird man bei 30Sekunden-Aufloesung kaum berechnen koennen, aber z.B. Hoehenzuege) den Empfang beeintraechtigt. Unter einem bestimmten Wert, kein Empfang, sonst schon.
d)Ums noch perfekter zu machen, muesste man denselben Vorgang fuer alle potenziellen Stoerer noch machen, und dann diese Ergebnisse mit dem des aktuellen Senders vergleichen und anhand von Grenzwerten aussagen, ob der Empfang dann doch nicht moeglich ist.

So eine ungefaehre Berechnung waere auf alle Faelle moeglich und ich denke, so halbwegs vernuenftige Diagramme wuerden dabei schon entstehen. Das waere mal eine interessante Programmieraufgabe.

Nur schade, dass ich in der Windows/MFC Programmierung ueberhaupt nicht fit bin, sonst wuerde ich sowas mal angehen... Vielleicht doch mal in PHP auf Internetseitenbasis...

Westerwälder

Re: Faustformel für Sendestärke

Beitrag von Westerwälder »

Sehr interessante Diskussion hier! Ich habe vor ein paar Monaten ein kostenfrei verfügbares Programm zur Reichweitenbestimmung im Netz gefunden. In dieses Programm können sogenannte "Elevation maps" eingelesen werden, die man sich downloaden kann (gepackt 8MB, entpackt 80MB), dann muss man das Programm mit Koordinaten und Senderdaten füttern und noch ein paar andere Daten anpassen. Man merkt zwar, dass das Programm eher zur Planung des Aufbaus eines Daten- bzw. Sprechfunknetzwerks geeignet scheint, aber wenn man etwas mit den Daten spielt, so kommt man auch auf ganz realistische Werte für UKW-Radiosender. Hab das mal hier am Beispiel des Feldberg/Ts. auf 89,3 MHz durchgerechnet. Im ersten Anlauf wollte das Programm mir erklären, dass man hr3 bis in die Schweiz und an die holländische Nordseeküste empfangen kann. Nun muss man natürlich wissen, dass Radiosignale wesentlich breiter sind als Signale für Sprechfunk, welche lediglich um die 12 kHz haben dürften. Daher musste ich die Sendeleistung des Feldbergs also auf wenige kW "herunterfahren" um an einigermaßen realistische Werte zu gelangen (jetzt gehts nur noch bis ins Ruhrgebiet). Es lassen sich sowohl Deckungskarten erstellen (radio coverage) als auch die Signalstärke zwischen zwei Punkten bestimmen (Sender->Empfänger, hier genannt "radio link"), angezeigt in einem Höhenprofil mit Signalstärke.

Das Programm gibt's unter www.cplus.org und nennt sich "Radio Mobile Deluxe", es erfordert etwas Einarbeitung und scheint erstmal ziemlich durcheinander und kompliziert, aber die "Getting started"-Anweisungen auf der Homepage helfen einem dann weiter...
Andreas W.

Re: Faustformel für Sendestärke

Beitrag von Andreas W. »

Hallo nochmal,
dieses Radio Mobile habe ich mal auf dem Laptop von Udo Deutscher gesehen, unserem UKW-/TV-Arbeitskreis-Leiter. Der hatte aufgrund dieses Programms die Idee, in Verbindung mit der FM-List unseres Arbeitskreises ein aehnliches Programm zu erstellen. Das FM Info Programm, das er selber geschrieben hat, hat bisher aber nur normale Karten mit den Landesgrenzen ohne Hoeheninfos drin, auch sind bisher nur Funktionen drin, die z.B. die Entfernung zum Sender ausrechnen. Es war von ihm mal angedacht, diese Funktionalitaet zusaetzlich mit der Ausgabe von Karten (moeglichst mit Hoeheninfos) als Internetanwendung (PHP-Basis) zu erstellen, das waere meine Aufgabe gewesen. Ich denke mal, dass das in naechster Zeit kommt. Eventuell erstelle ich eben vorher aber schon privat ein Programm, das dies auf Basis meiner eigenen Liste macht, da meine Liste eigentlich genauere Daten enthaelt als die FM-List bisher. Man koennte dann zumindest fuer einen Ort abschaetzen, welcher der zig Sender auf einer Frequenz am wahrscheinlichsten zu empfangen ist. Sollte die Ausgabe von Karten funktionieren, so koennte man dann (je nach Rechenaufwand) tatsaechlich Reichweitenkarten erstellen lassen. Mal sehen, was die Zukunft so bringt... Die noetigen Daten fuer so ein Programm haette ich jedenfalls, wenn auch jetzt nicht bis ins Detail, aber wie gesagt - fuer ungefaehre Reichweitenberechnungen oder Reichweitenkarten wuerde es klappen.

Oder gibt es die Software, die die Sender fuer ihre Berechnungen der UKW-Versorgung verwenden, am Ende sogar irgendwo kostenfrei und alternativ ;-) im Netz?

Christoph

Re: Faustformel für Sendestärke

Beitrag von Christoph »

Die BLM nutzt, soweit ich mich erinnern kann, ein eigenes System zur Reichweitenberechnung. Es läuft unter Unix (IIRC HP-UX) und sieht ziemlich interessant aus.

Vor etlichen Jahren konnte man das auf den Münchener Medientagen mal in Aktion sehen und schon damals hätte ich mir gewünscht, daß es zusammen mit den Daten frei verfügbar wäre - ist es aber nicht :(
Saarländer (aus Elm)

Re:

Beitrag von Saarländer (aus Elm) »

Hier ist die Formel, die ich vor Jahren mal aus der gestern erwähnten Reichweitendiagramm zusammengebastelt habe.

E [dBµV/m] = 106-47*LOG10(d)+10*LOG10(P)+23,3*LOG10((HS-HE)/37,5)

mit

d = Entfernung in km
P = Sendeleistung in kW
HS=Antennenhöhe in m über NN
HE=Empfängerhöhe in m über NN

und HS > HE

Wer einen Empfänger mit Signalstärke-Anzeige in dBµV hat, kann ja mal versuchen, das Rechenergebnis nachzuvollziehen. Geht wohl am ehesten im Flachland in wenig bebautem Gelände. Würde mich mal interessieren, ob die Formel wenigstens ungefähr hinhaut.

Am Empfänger gilt :

E [dBµV/m] = V[dBµV] + ggf. Kabeldämpfung [dB] + Antennenfaktor [dB/m]

Der Antennenfaktor ergibt sich im UKW-Band (100 MHz) zu

AF = 10,2 - Gewinn [dBi]

z.B. bei einem stinknormalen Dipol mit einem Gewinn von 2,15 dBi ist der Antennenfaktor dann : 8,05

Frag mich jetzt aber bitte keiner, wie sich der Gewinn bei einem 2m langen Stück Draht verhält, das einfach an den Antenneneingang angestöpselt wird , möglicherweise kann man da auch so etwa 2 dBi ansetzen.



Die Formel zur Berücksichtigung von Hindernissen ist viel komplizierter, die lass ich erst mal weg.
Ein Berg, der gerade mal 1 bis 2 km vom Empfänger weg ist und etwa 50m höher als der Empfängerstandort ist, kann aber schon 10 bis 15 dB dämpfen. im DAB L-Band ist es wohl noch viel mehr.
Thomas (Metal)

Re: Faustformel für Sendestärke

Beitrag von Thomas (Metal) »

Mich würde mal interessieren, ob es Bündelungseffekte durch das Gelände gibt, bzw. ob (wie genau, es gibt sie) man die bereits an Hand von geographischen Gegebenheiten ausmachen kann.
Einfaches Beispiel: Fährt man auf eine Autobahn unter einer Brücke hindurch, ist an deren anderem Ende (aus Sicht des Senders) zu beobachten, daß die Feldstärke deutlich stärker ist als im Gelände vor oder hinter der Brücke.
Anderes Beispiel: Als guten Fernempfangsplatz hat sich für mich erwiesen, wenn ein Tal in die Richtung eines Senders oder reflektierenden Landschaftsteiles (z. B. Berg) offen ist. Idealerweise sollte das Tal in diese Richtung abfallen, bzw. man selbst am Ende des Tals bereits wieder am Hang des nächsten Berges sein. Ein Beispiel: Am Rande von Gemünden/Main ist auf 98,5 permanent Bayern3 zu empfangen. Der genaue Standort dafür ist der Heldenfriedhof. Nach Südost ist das Maintal recht lange offen und selbst liegt man an einem nach Südost geneigtem Hang. Es sei noch bemerkt, daß selbst auf den Bergen drum herum (z. T. etwa 500m hoch) der Emfpang der 98,5 eher schlechter ist, und das obwohl die 98,5 sehr frei ist.
Somit behaupte ich, daß die ganzen Rechenwerke nur für eine besondere Ausnahme gelten: Das absolut ebene, flache Land.
stefant

Re: Faustformel für Sendestärke

Beitrag von stefant »

@Westerwälder
für die 89,3 vom großen feldberg idt die hpllandische küste nichtmal so unwahrscheinlich. höre hr3 auf eben dieser frequenz regelmaßig in brussel mit ner einfachen 3élement yagi ( in stereo und rds )
anderes beispiel: die 92,2 aus stuttgart kann ich immer ohne störungen empfangen usw, usw.....
Chris

Re:

Beitrag von Chris »

extremst ist ja wohl die geringe reichweite von "Hitwelle Erding". Innerhalb Erding auch im Zimmer saugut zu empfangen, im Auto auch ohne störung, aber lasse mal das Ortsschild in richtung süden hinter dir. da ist im nächsten Ort schluss. (100W 87,9)
dxbruelhart

Re: Faustformel für Sendestärke

Beitrag von dxbruelhart »

@ westerwälder und stefant:
Der Grosse Feldberg (Taunus) kann effektiv ständig sowohl in der Schweiz (Region Uster und Region Glarus kenne ich aus eigener Erfahrung) als auch an der holländischen Kanalküste (Westkapelle, bei Middelburg) empfangen werden. Dafür braucht's nicht mal eine Yagi, ein guter Portableempfänger mit Teleskopantenne reicht da schon. So hat also Radiomobile doch recht. Wichtig ist natürlich, dass auf eine solche Distanz die Frequenz dann auch frei ist; bei mir in Uster sind nur die 96,7 und 105,9 von den Feldberg-Frequenzen noch frei. Da gehts dann aber auch recht gut. Ich habe mir nun auch Radiomobile runtergeladen und werde mir dann das auch noch installieren, das scheint mir wirklich ein hervorragendes Programm zu sein
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