Das Ende des Radios?

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Kai

Das Ende des Radios?

Beitrag von Kai »

Die ganze DAB-Diskussion hat mich auf einen Gedanken gebracht:

Nie hatte man soviele Möglichkeiten, sich gezielt mit Information und Unterhaltung zu versorgen wie heute. Internet und Mobilfunk haben die Kommunikation revolutioniert, komprimierte Multimedia-Inhalte in Verbindung mit Breitbandanschluss revolutionieren gerade die Unterhaltungsbranche.

Diese Techniken und Medien beginnen nun zu allem Überfluss auch noch mobil zu werden.

Welchen Stellenwert wird das Radio in dieser neuen Welt denn noch haben?

Jeder, der sich gezielte Informationen verschaffen will oder spezielle Unterhaltung möchte, braucht dafür kein Radio, weil er sich diesen Info-Mix selber individuell viel besser zusammenstellen kann.

Da bleibt für das Radio nur noch die Funktion als dudelndes Hintergrundmedium für die Leute, die an gezielter Infobeschaffung nicht interessiert sind oder dies gerade nicht können. So ein Medium muss dann auch gar nicht digital sein, jedenfalls ist die Digitalisierung eines solchen Dudelmediums keine Killerapplikation, die ihm zum Durchbruch verhilft.

Radio wird sicher nicht ganz verschwinden, aber ich denke, wir werden eine starke Umorientierung bei der Nutzung dieses Mediums erleben.

Die umstrittenen und teuren Klassik- und Kulturkanäle der ARD sollte man auch mal unter diesem Aspekt beleuchten.
gb

Re: Das Ende des Radios?

Beitrag von gb »

Man könnte auf den Gedanken kommen, daß der Hörfunk nur dann eine Daseinsberechtigung hat, wenn er Programme resp. Inhalte bietet, die der durchschnittliche aber auch fortgeschrittene Computernutzer (Stichworte: mp3, Automationssoftware usw.) nicht selber erstellen kann. Dies aus Gründen der Kosten und auch der grundsätzlichen Zugänglichkeit der Inhalte.

Seinen Computer in ein Hit-/Country-/Schlager oder was auch immer für ein Radio zu verwandeln - wir haben es ja an anderer Stelle bereits ausführlich und sehr interessant erörtert - ist also heute und auch in Zukunft kein Problem. Entsprechend darf mittel- und vor allem langfristig an der weiteren Existenz der reinen Musikdudelradios gezweifelt werden.

Bei Nachrichten sieht die Sache anders aus. Zwar ist über das Internet und irgendwann auch über WAP jedenfalls eine enorme Datenmenge aus allen Ecken der Welt verfügbar, aber nichts ist spannender als Live-Breaking-News. Diese geschehen natürlich nicht jeden Tag, aber ein am Zeitgeschehen orientiertes Newsradio durchaus im Boulevardstil verpackt - und nicht wie das FAZ Business Radio - darf eine Berechtigung haben.

Schließlich die ARD Kulturwellen, die meiner Ansicht nach in Zukunft - und prinzipiell auch heute bereits - zusammen mit den beiden Deutschlandradios einen enormen inhaltlichen Vorsprung vor jeglicher Konkurrenz besitzen.

Und ich möchte Kai's Gedanken aufgreifen: D-Radio und ARD Kulturwellen müssen dann nicht zwangsläufig terrestrisch digital ausgestrahlt werden. Als digitale "Beigabe" zu den Fernsehbouquets - wie das bereits seit einiger Zeit der Fall ist - sind die Programme natürlich gerne willkommen.
Andreas W.

Re: Das Ende des Radios?

Beitrag von Andreas W. »

@gb: Ich glaube schon, dass auch Kulturwellen (vielleicht nicht in dieser großen Zahl) terrestrisch ausgestrahlt werden sollten. Wer sonst wenn nicht die öffentlich-rechtlichen vermag hier eine Versorgung mit kulturell höherwertigen Programmen aufrecht erhalten.
Ich glaube, das Radio hat sich durch die sehr austauschbaren Dudelsender (die ja hauptsächlich im Hintergrund laufen) selber in den Hintergrund manövriert und ich glaube schon, dass auch in diesen multimedialen Zeiten die Leute gerne Sendungen hören würden, wo sie nicht wissen, was sie erwartet, die also in einer gewissen Form interessanter sind als ihr eigener MP3 Player.
Das erreichen die Dudelprogramme mit ihrer engen Rotation, die im Endeffekt nur die Charts bzw. die ewigen Best-Of-CDs nachäffen, garantiert nicht. Auch die Kulturprogramme erreichen das nicht, weil sie kaum eine größere Masse ansprechen.
Bleibt zu hoffen, dass sich die Radiomacher nach einigen Jahren Werbeflaute vielleicht wieder mehr auf Inhalte besinnen und dann vielleicht mehr Radiosender a´la FM4, Rockantenne, hr XXL usw. aller Couleur hervorsprießen, die zwar auch nicht unbedingt soo anspruchsvoll sind, aber doch ein gewisses Interesse zum AKTIVEN Hören hervorrufen.

Harald P.

Re: Das Ende des Radios?

Beitrag von Harald P. »

Auch ich bin der Meinung, daß das Radio immer noch ein wichtiges Medium ist, denn es ist nach wie vor das "schnellste" Medium, wenn es um aktuelle Ereignisse geht, schneller als das Fernsehen. Nur leider nutzen die meisten das Radio nur noch als Begleiterscheinung, z.B. auf der Arbeit. Nur deshalb sind auch die Dudelwellen so erfolgreich, da eben dort nur kurze Wortbeiträge laufen und dann gibt es wieder Musik, die nicht "aufregt". Wer sich allerdings intensiver mit dem Radio befaßt (so wie wir hier) hört eben auch wortlastige Programme wie HR1 oder DLF.
Möge das Radio noch lange leben.
Kai

Re: Das Ende des Radios?

Beitrag von Kai »

Andreas,

Zustimmung zu deinem hoffnungsvoll-prophetischem Beitrag. Aber:

''Wer sonst wenn nicht die öffentlich-rechtlichen vermag hier eine Versorgung mit kulturell höherwertigen Programmen aufrecht erhalten. ''

Die Frage muss eher lauten:

Brauchen wir eine Versorgung überhaupt noch, wenn sich der speziell interessierte das Kulturgut auf anderem Wege verschaffen kann?

Man darf eines nicht vergessen: Das gebührenfinanzierte Modell stamm aus der informationstechnischen Steinzeit, ohne CD-Player und Internet. Ein Konzertfan saß damals wirklich noch vorm Empfänger und hörte die Übertragung des hr-Sinfonieorchesters im Radio. Ich bezweifle, dass dies heute noch der Fall ist.
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