"Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

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Ekke
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"Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von Ekke »

Hallo Rundfunk-Freunde,

im sehr lesenswerten Archiv des SPIEGELs findet sich ein interessanter Artikel aus dem Jahre 1967 über
die damaligen Privat-Rundfunk-Pläne von Axel Springer:

https://www.spiegel.de/politik/kommerzi ... 0046353353

Demnach hatte man, um den damaligen Bann privater Rundfunksender auf dem Gebiet der Bundesrepublik zu umgehen,
nach Vorbild Radio Luxemburgs und der frankophonen "radios périphériques" ein deutschsprachiges Programm auf der
in Mitteleuropa unbelegten Langwellenfrequenz 209 kHz geplant, als Senderstandort war das Fürstentum Liechtenstein vorgesehen.

Ein interessanter Aspekt der deutschen Rundfunkgeschichte wie ich finde. Vielleicht ist dem ein oder anderen Zeitzeugen noch mehr dazu bekannt?

Schönen Gruß
Ekke
dxbruelhart
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von dxbruelhart »

Aus dem Artikel: Eine tönende Bravo war da geplant - selbst weiss ich nichts genaueres dazu
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shortwave
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von shortwave »

Die Springer-Geschichte war mir auch neu. Wir hatten vor 3 Jahren in "Radio. Menschen und Geschichten" einen Beitrag über den (Nicht)-Rundfunk in Liechtenstein, da gab es auch kuriose Projekte: https://www.podcast.de/episode/58563021 ... 6-16082020 ab ca. Minute 22
DH0GHU
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von DH0GHU »

Ob das funktioniert hätte? Die deutschen Hörer hatten damals schon flächendeckenden UKW-Empfang, anders als die Hörer in Frankreich. RTL hat auch davon profitiert, dass deutsche Ballungsräume auf UKW erreichbar waren. Von Liechtenstein aus hätte man auf UKW wohl nur die Region Bodensee-Oberschwaben erreicht. Ein mit Europe1 vergleichbarer Langwellensender ist bei der dortigen Topographie auch nicht so leicht realisierbar, und ohne Richtstrahlung die notwendigen Pegel zu erzeugen, um in Ballungsräumen wie dem Ruhrgebiet, das >400 km entfernt ist, gut hörbar zu sein, damit nicht so leicht..
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Noaa137,1
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von Noaa137,1 »

Damals waren die Ansprüche an die Empfangsqualität nicht so hoch wie heute.Meine Uroma hat immer RTL über Kurzwelle gehört und das war nicht immer ein Hörgenuss.Auch die grüne Festsenderquarztaste brachte keinen sauberen Empfang.Man war über jeden neuen Sender glücklich.Ich denke das es doch einige Zuhörer gegeben hätte.Der Empfang über LW ist auf jeden Fall gleichmäßiger.
Manager
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von Manager »

In den 60er Jahren gab es in D zwar schon flächendeckende UKW Netze. Standard war aber noch die MW. Also ähnlich wie es heute gut ausgebaute DAB Netze gibt, aber die Mehrzahl noch UKW einschaltet.

Die große Masse hörte 1967 noch MW und so waren Radio Luxemburg und die Europawelle Saar auch die meistgehörten Programme.
Mit dem Siegeszug von UKW in den 70er- und 80er-Jahren brachen dann auch die Hörerzahlen dieser beiden Programme ein.

Von einem Privatfunk Projekt in Liechtenstein hatte ich seinerzeit (als Schüler) etwas gelesen. Kann dann nur in der Saarbrücker Zeitung oder der BILD Zeitung gewesen sein. Oder in der HörZu. Erinnere mich aber nur an eine Planung für MW und UKW. Von der geplanten LW 209 kHz lese ich jetzt zum ersten mal.
Danke für das "Ausgraben".
Ekke
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von Ekke »

Manager hat geschrieben: Mo 4. Dez 2023, 20:14 Danke für das "Ausgraben".
Gerne geschehen! Ich stöbere öfter dort im Archiv und bin immer wieder positiv überrascht, welch interessante
Artikel durch Suchbegriffe wie "Langwelle", "kHz" usw... zu Tage befördert werden.

Auch ich glaube nicht, dass die technischen Aspekte des Projekts ganz zu Ende gedacht wurden, insbesondere was die Langwelle angeht,
drängen sich die Probleme zu Erdnetz, Bodenleitfähigkeit (Fels?), Kühlwasser und evtl. zweitem Mast für Richtstrahlung in dieser alpinen Hanglage
geradezu auf. Mir ist kein Langwellensender bekannt, der in einer vergleichbaren Lage und nicht wie üblich in einer (möglichst feuchten) Ebene errichtet
worden wäre, lasse mich aber gerne korrigieren.

Auf UKW scheint die Sache am ehesten vergleichbar zu sein mit dem Sender Säntis, dem Sender Zugspitze und den südtiroler Sendestandorten wie Flatschspitze
und Zirogalm. Zumindest der süddeutsche Raum wäre einigermaßen erreichbar gewesen. Gerade die privaten Programme, die später aus Südtirol ins deutsche
Zielgebiet sendeten, nutzten ja genau diese Reichweiten Richtung Norden in der angedachten Weise.

Bleibt noch die Mittelwelle. Hier fällt mir spontan der italienische Sender Portofino bei Genua ein, welcher auf einem Berg betrieben wurde. Zugegeben hat (hatte?)
der eine außergewöhnliche Antenne, aber trotz der größeren Entfernung konnte man ihn in Süddeutschland auch tagsüber schwach wahrnehmen und nachs bretterte
er hier richtig rein. Da besonders in Italien und der Schweiz Mittelwellensender in alpinem Gebiet funkionierten, denke ich, das wäre noch die vielversprechendste Lösung
gewesen.
Hempe
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von Hempe »

Lichtenstein auf MW war 1978 auf 1386Khz mit 500Kw geplant (24/7 mit Richtstrahlung).
Wie weit war dieser Plan gediegen? Wäre sicher stark mit Radio Moskau in die Quere gekommen!
shortwave
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von shortwave »

Da Liechtenstein durch den Postvertrag an die Schweiz gekoppelt war/ist(?), hatte Liechtenstein selbst keine Frequenzhoheit, das hat alles die PTT in Bern gemacht. Entsprechend wurden Gründe gefunden, der SRG nicht mit Privatfunk in die Quere zu kommen (keine Frequenzen frei etc.).
RADIO354
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von RADIO354 »

Liechtenstein ist Postalisch/ Funktechnisch schon mit der Schweiz gekoppelt, aber nicht Völlig :

https://www.llv.li/de/landesverwaltung/ ... nd-anlagen

Wie man dem Vorausgestellten Link entnehmen kann.

Für die weiter weg wohnenden, es gibt auch Eigenen Rundfunk in Liechtenstein :

https://www.radio.li/frequenzen

Kommt hier " Knallbum " aus Kurzer Distanz.
frank.koriander
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von frank.koriander »

Es ist richtig, Liechtenstein hatte nicht nicht nur die Koordinierung für eine Langwellenfrequenz, sondern auch die starke Mittelwelle 1386 kHz , mit 500 kW. Damit hätte man volle Breitseite gegen die Russen schießen können, hätte sich damit aber keine Freude gemacht ;). Ich denke, das war auch der Grund, warum es dort nie Bestrebungen gab. Für die Abend- und Nachtversorgung wäre es freilich ohne den Störer aus Bolschakowo interessant gewesen, und tags zumindest fürs Vierländer-Eck.

Gab es eigentlich jemals eine Mittelwellen-Ausstrahlung aus Liechtenstein? Ich denke eher nicht, denn bis zum Start von Radio L wurde das Land rundfunktechisch ja alleine aus der Schweiz versorgt.
shortwave
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von shortwave »

Gab es eigentlich jemals eine Mittelwellen-Ausstrahlung aus Liechtenstein? Ich denke eher nicht, denn bis zum Start von Radio L wurde das Land rundfunktechisch ja alleine aus der Schweiz versorgt.
Ja, gab es, 1938/1939 mit 1-2kW.
wasat
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von wasat »

Ekke hat geschrieben:...drängen sich die Probleme zu Erdnetz, Bodenleitfähigkeit (Fels?), Kühlwasser und evtl. zweitem Mast für Richtstrahlung in dieser alpinen Hanglage
geradezu auf.
Das Projekt schien sendetschnisch nicht besonders durchdacht gewesen zu sein. Warum einen Langwellensender auf einen Berg stellen, wo doch nur einen Kilometer entfernt die feuchte Rheinebene mit guter Bodenleitfähigkeit liegt? Der erhöhte Standort hätte bei Lang- und Mittelwelle im Zielgebiet gar nichts gebracht.

Wenn schon auf einem Berg, dann ganz hinauf. Das bekannteste Beispiel dafür war "Sud Radio" in Andorra. Man sendete bis 1986 vom Pic Blanc (ca. 2500 m) mit 900 kW in Richtstrahlung nach Norden. Die Sendeanlage steht sogar heute noch. Nur der Refektormast ist abgebrochen. Heute ist dort ein Schigebiet. Der Piste von der Sendeanlage herunter heißt "Antenes" (Katalanisch Antennen).

Hier gibt es ein Video davon: https://www.youtube.com/watch?v=Rd1D4PIK208
DXer
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von DXer »

DH0GHU hat geschrieben: Mo 4. Dez 2023, 17:25Die deutschen Hörer hatten damals schon flächendeckenden UKW-Empfang, anders als die Hörer in Frankreich.
Gab es damals in Frankreich noch keinen flächendeckenden UKW-Rundfunk?
Interessanterweise konnte ich über die Entwicklung des UKW-Rundfunks in Frankreich keinerlei Informationen im Internet finden, mit Ausnahme der Tatsache, dass 1981 der private Rundfunk im Land zugelassen wurde.
wasat
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Re: "Vox Humana" - Privat-Rundfunk-Pläne anno 1967 auf Langwelle 209 kHz

Beitrag von wasat »

Frankreich war in den 1960ern tatsächlich auf UKW noch spärlich versorgt.

Beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk O.R.T.F. sah es 1967 so aus:
France-Inter auf Langwelle Allouis und 7 MW-Kleinsendern in den Randlagen.
France-Inter "Varietes" auf MW (30 Standorte, davon 10 Kleinstsender) und UKW in den Großstädten (ca. 50 Standorte, davon die Hälfte mit nur geringer Leistung)
France Culture auf MW (17 Standorte) und UKW in den Großstädten
France Musique nur auf UKW in den Großstädten

Es war naheliegend, dass die Privatsender, die aus dem Ausland einstrahlten, die Langwelle nutzten.
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