Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

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PAM
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von PAM »

UK-DX hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 12:56 Abgesehen von anfaenglichen Stoersendern, gab es jemals Versuche oder Diskussionen generell den Radioempfang bei dem Transitverkehr durch die DDR behoerdlich zu verbieten? War es erlaubt beim Warten an der Grenzuebergangsstelle das Radio laufen zu lassen? [...] Angeblich mussten fuer den Transitverkehr Privatpersonen der BRD beim Grenzuebergang laenger warten, als Angehoerige des Britischen Militaers.
Der Radioempfang war weder während der Fahrt, noch beim Warten im Rückstau vor den Kontrollstellen verboten. Die Höflichkeit gebot es damals, dass für die Kontrolle selbst das Radio ausgeschaltet oder so weit leiser gedreht wurde, dass es ein respektvolles Gespräch nicht behindert oder belästigt. Das würde ich eigentlich auch heute noch so erwarten - ich war einige Zeit selbst in Grenzkontrollen tätig.

Anders sah es bei Funkgeräten aus. Was in Westberlin oder Westdeutschland erlaubt und zugelassen war, durfte auf DDR-Gebiet nicht benutzt werden. Zudem waren Funkgeräte in jedem Fall anzumelden. Es gehen die Berichte aber auseinander, was mit in Fahrzeugen eingebauten Funkgeräten zu passieren hatte. Einige erzählen, die Geräte hätten ausgebaut und nur im Reisegepäck befördert werden dürfen. Andere sagten, dass die verbotene "Inbetriebnahme mit wenigen Handgriffen" durch Abstecken des Mikrofons und/oder Abschrauben der Antenne hinreichend unmöglich gemacht wurde. Was ich weiß: Lkw-Fahrer, die im regelmäßigen Pendelverkehr zwischen Westberlin und Westdeutschland unterwegs waren, genossen dahingehend einige Privilegien. Für sie soll das Abstecken des Mikrofons vom CB-Funkgerät in der Regel ausgereicht haben. Die Anmeldung des Funkgeräts war auch den Abfertigungspapieren beigelegt und man hielt sich daran ungern länger fest.

Beide Seiten, also Kontrollorgane der DDR sowie Westberlins und Westdeutschlands, bevorzugten Angehörige der Alliierten und des Diplomatischen Corps. Nach meinem Wissen gab es praktisch überall eigens für sie reservierte Spuren, beschriftet mit dem global bekannten Kürzel "CD". Da das Aufkommen dieser Bevorzugten an den Kontrollstellen aber tageszeitlich und auch abhängig vom Wochentag stark schwankte, wäre anzunehmen, dass diese Sonderspuren personell nicht dauerhaft besetzt und damit abgesperrt waren und u. U. dann doch gewartet werden musste, bis das Kontrollpersonal die Abfertigung Bevorzugter tatsächlich aufnahm.
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UK-DX
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von UK-DX »

Es war fuer Britische Militaerangehoerige die Spur Military zu waehlen, wahrscheinlich kam man auch nur so zu dem Sovjetischen Beamten, nicht dem DDR Beamten. Fuer Amerikaner und Franzosen wird das aehnlich gewesen sein.
PAM
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von PAM »

UK-DX hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 13:19Es war fuer Britische Militaerangehoerige die Spur Military zu waehlen, wahrscheinlich kam man auch nur so zu dem Sovjetischen Beamten, nicht dem DDR Beamten. Fuer Amerikaner und Franzosen wird das aehnlich gewesen sein.
Military und CD waren doch oft eine gemeinsame oder zumindest benachbarte Spur?! :gruebel:

Lies mal: Wikipedia - Helmstedt/Marienborn, es gibt auch einige Bilder.

Nachtrag: Ein Kollege meinte gerade, den Zusatz "CD" gab es nur von der DDR aus zu den Kontrollstellen. Entweder war die Spur rechts neben der "Military"-Spur oder sie sei von beiden zu nutzen gewesen. Mit dem späteren Ausbau der Grenzübergangsstellen führen die "Military"-Spuren in ein eigenes und örtlich abgetrenntes Kontrollterminal.
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wolfgangF
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von wolfgangF »

UK-DX hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 11:56 Danke fuer die Berichte. Radioempfang auf der Stecke war das Einzige aus dem Westen, bei Durchfahren des Feindeslandes.
Das Wort „Feindesland“ finde ich unakzeptabel.
wolfgangF
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von wolfgangF »

zerobase now hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 09:59
UK-DX hat geschrieben: Di 15. Aug 2023, 23:53 Interessenat waere: War damals ein durchgehender UKW Empfang von westlichen Radioprogrammen etwa NDR und SFB moeglich? Ich vermute es.
Man darf dabei aber nicht vergessen, dass Radios in Autos damals nicht unbedingt zur Serienausstattung der Autos gehörten. Viele wurden nachträglich eingebaut und das waren meist nur Gurken die für die Ortssender reichten, aber Fernempfang damit nicht möglich war. Hauptsache es dudelte was und hatte als Luxus noch ein Kassettenteil und MW-Empfang.
Es stimmt, Autoradios wurden bis in die 1980er Jahre meist nicht werkseitig verbaut.
Aber es kamen doch vielfach Markengeräte wie Blaupunkt zum Einsatz, und die waren doch recht empfangsstark.
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von Radio Fan »

PAM hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 10:11 Auf der A9 begrenzen die Höhenzüge vom Fläming die Reichweite der Berliner Sender. Zwar strahlen sie durch einige Lücken doch noch ein ganzes Stück weiter, die damit noch halbwegs ausgeleuchteten Bereiche taugen mehrheitlich aber nur noch für den stationären Empfang mit Richtantennen auf dem Dach oder zumindest im Freien. Der Mobilempfang bricht auf der A9 jedenfalls mit dem Überfahren vom Fläming recht deutlich ein und ist dahinter nicht mehr beifahrertauglich.

Umgekehrt schafften es die Ukw-Programme aus Bayern recht brauchbar bis Höhe Flughafen Halle-Leipzig (Schkeuditz), um dahinter rasch abzufallen. Abschnittsweise konnte man ab etwa Höhe Dessau bis an den Fläming heran die NDR-Programme vom Torfhaus annehmbar hören, so richtiger Hörgenuss war das dort aber nicht. Man darf nicht vergessen, dass seit den Antennenumbauten die Reichweite in das Gebiet der ehemaligen DDR erheblich verkürzt wurde.
Bei einer Fahrt auf der A9 von der totalen SoFi am 11.8.1999 in Süddeutschland zurück nach Hause, kam ich in der Raststätte Hermsdorfer Kreuz, zufällig mit zwei Reisenden aus Bayern ins Gespräch.
Man wunderte sich, daß Antenne Bayern bzw. Bayern 3 noch so gut zu empfangen waren. :gruebel:
Ich konnte das dann so erklären, daß der Sender Ochsenkopf aufgrund seiner großen Standorthöhe deshalb eine hohe Reichweite erzielt. Im weiteren Verlauf der Unterhaltung kamen wir dann auf die Empfangbarkeit der Berliner Sender zu sprechen.
Ich gab ihnen den Tip, daß diese Sender dann nach der Überquerung des Flämings zu empfangen sein werden… ;)
Zuletzt geändert von Radio Fan am Mi 16. Aug 2023, 17:12, insgesamt 1-mal geändert.

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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von zerobase now »

wolfgangF hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 14:13 Aber es kamen doch vielfach Markengeräte wie Blaupunkt zum Einsatz, und die waren doch recht empfangsstark.
Wenn sie denn richtig verkabelt und angeschlossen waren und die richtige und passende Antenne verbaut wurde. Meist wurde da aber nicht immer soviel Wert drauf gelegt, da die Autos damals einfach auch nicht so lange haltbar waren wie heute. Solange man die Ortssender einigermassen empfangen konnte war man meist zufrieden.
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von dxbruelhart »

Die Zollkontrollen zwischen West und Ost waren penibelst. Ich bin 1988 mit einer Schweizer Reisegruppe in einem gemieteten Bus von West- nach Ostberlin gefahren; am Übergang, wohl Checkpoint Charlie,, kontrollierten die DDR Grenzer uns während einer Stunde genauestens, unsere Pässe wurden zweimal eingezogen, kontrolliert und zurückgegeben.
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von RADIO354 »

Bevor von der DDR die Berliner UKW 93,1 MHz ( Für das Bislang nur auf der MW 603 KHz empfangbare Regionale Programm aus Potsdam ) in Betrieb nahm
müsste BFBS auf der A 2 so gut wie durchgängig zwischen Helmstedt und Dreilinden ( Berlin ) empfangbar gewesen sein.
Die Anderen Überlappten auf DDR Gebiet . Wie NDR und SFB, so das der Empfang dann Immer Durchgängig war wenn auch nicht mit dem Selben Programm.
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von kram5610 »

wolfgangF hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 14:11
Das Wort „Feindesland“ finde ich unakzeptabel.
OT:
Die Zone war schon Feindesland (zumindest für uns Dänen). :gruebel:
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von zerobase now »

Mal unabhängig vom technischen Aspekt, fand ich die DDR-Programme damals viel interessanter. Wir wohnten in NRW und von daher war das schon extrem exotisch sowas mal in Live zu hören. Es gab ja damals noch kein Internet.
Soweit ich mich erinnere waren die Programme zum Teil auch gar nicht so sehr politisch,, sondern meist waren es auch ganz normale Unterhaltungsprogramme nur die Musik war etwas "anders" als im Westen. :D ;)
digitallah
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von digitallah »

Ganz ehrlich , ich schließe mich dem Vorposter an . Mir gings genauso . Es war wirklich exotisch ! Ich hörte auch
Rias 1 + 2 über Sender Hof . Wie die dort hinkamen ( übertragen ) wurden würde mich gerne interessieren .
Politisch kühl waren sie schon .
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von RADIO354 »

Die DDR Post übermittelte RIAS 1 und 2 via Standleitung nach Hof.
digitallah
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von digitallah »

Danke für die schnelle Antwort .
UK-DX
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Re: Transit von West Deutschland ueber die DDR nach West Berlin? UKW Radioempfang?

Beitrag von UK-DX »

kram5610 hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 16:09
wolfgangF hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 14:11
Das Wort „Feindesland“ finde ich unakzeptabel.
OT:
Die Zone war schon Feindesland (zumindest für uns Dänen). :gruebel:
Fuer mich auch. Das war Feindesland. Heute ist das natuerlich Geschichte.

Berichten zu Folge hatten sogar ranghoehere Britische Soldaten Sprachkurse in Russisch zu absolvieren, aber auch noch die Auflage, nie Russisch zu sprechen. Versuchte man dies, war die Angst zu Gross vor dem Vorwurf der Spionage mit dementsprechenden Konsequenzen fuer die eigene militaerische Berufslaufbahn.

Als Alternative kam nur noch Fliegen in Frage, oder eben den Berliner zu nehmen, wenn man Britischer Soldat war. Das war ein Zug, mit Britischen Waggons die an der Grenze verkettet abgeschlossen wurden und direkt nach West-Berlin fuhren. Ich glaube der Zug ging von Braunschweig los? Hier kann man noch in den Genuss guten Essens, alles subventioniert. Angeblich wurde auch die Lokomotive mehrmals gewechselt, damit der Lockfuehrer nichts schmuggeln konnte.

dxbruelhart hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 15:06 Die Zollkontrollen zwischen West und Ost waren penibelst. Ich bin 1988 mit einer Schweizer Reisegruppe in einem gemieteten Bus von West- nach Ostberlin gefahren; am Übergang, wohl Checkpoint Charlie,, kontrollierten die DDR Grenzer uns während einer Stunde genauestens, unsere Pässe wurden zweimal eingezogen, kontrolliert und zurückgegeben.
Es gibt Berichte vom Ausdruecken der Zahnchreme bis hin zur zwanghaften Zahlung von irgendwelchen fiktiven Strafen an die Volkspolizei.

Wurde man als Britischer Soldat mit solchen Dingen konfrontiert, war immer die Anwesenheit eines Sovjetischen Soldaten zu fordern und definitiv nichts an die Volkspolizei oder irgendwleche DDR-Leute zu zahlen.

Auch gab es Berichte von Konfrontationen zwischen Sovjets und DDR Behoerden, wobei der Sovjet immer ueberlegen war.
zerobase now hat geschrieben: Mi 16. Aug 2023, 16:12 Mal unabhängig vom technischen Aspekt, fand ich die DDR-Programme damals viel interessanter. Wir wohnten in NRW und von daher war das schon extrem exotisch sowas mal in Live zu hören. Es gab ja damals noch kein Internet.
Soweit ich mich erinnere waren die Programme zum Teil auch gar nicht so sehr politisch,, sondern meist waren es auch ganz normale Unterhaltungsprogramme nur die Musik war etwas "anders" als im Westen. :D ;)
DDR Radio sendete auf LW auch, ich meine auf 261 kHz. Der Empfang ging in ganz Mitteleuropa.
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