Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

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cobra
Beiträge: 4
Registriert: Di 13. Dez 2022, 20:30

Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von cobra »

Hallo,
an meinem Wohnort verläuft die 400kV Freileitung von Lauchhammer nach Chemnitz. An deren Elbtalquerung steht der niedrigste und der höchste Mast der ganzen Trasse unmittelbar nebeneinander. Ein Arbeitskollege erzählte mal zu DDR Zeiten, dass in der Datsche seines Bekannten unter der Trasse (am kleinsten Mast) nur mit Teleskopantenne des Radiorecorders UKW aus Bayern und Berlin immer gut empfangbar wäre. Auch aus dem Grunde wären genau unter der Trasse damals die 4 Datschen entstanden.... ;-)
Neulich erinnerte ich mich an diese Anekdote. Ich hatte etwas Zeit und habe es mit dem Autoradio getestet. Die Trasse schlägt hier einen großen Bogen aus Nord-Süd Verlauf (Berlin bzw. Lauchhammer) weiter in Richtung Südwest (Chemnitz). Schnell die UKW Frequenzen von Bayern 3 Ochsenkopf und RS2 Berlin eingespeichert und langsam der Trasse genähert (Koordinaten 51.246669088079145, 13.42192215090377). Bis ca, 50m davor nur Rauschen. In langsamer Fahrt weiter, da war plötzlich etwas zu hören und dann unter der Trasse klarer Empfang sowohl Bayern 3 als auch RS2 ! Die Stromtrasse hat hier sehr wenig Abstand zum Boden, geschätzt 15 Meter. Man hört es bei höherer Luftfeuchte regelrecht leise prasseln und knistern. Ich habe es dann an einer anderen Stelle (51.249705, 13.431505) ca 2km entfernt noch mal getestet, auch hier der gleiche Effekt aber nicht ganz so ausgeprägt, Die Kabeltrasse hängt hier auch wieder höher vom Boden weg.

Ist euch dieser Effekt bekannt? "Trägt" eine solche Tasse entlang ihres Verlaufes das elektrische Feld von UKW Sendern ohne größere Feldstärkeverluste 50 oder 100km weit ?
Oder sind eher die hohen Stahlmasten (Gitterbauweise mit Ausfachungen) die Antenne, die hier wirkt?
iro
Beiträge: 1575
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 15:33
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Re: Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von iro »

Nein, der Effekt ist mir nicht bekannt. Aber hier im Forum müssten noch sehr alte Beiträge zu ungewöhnlichen Fernempfangen in der Nähe von Flussläufen zu finden sein. Vielleicht liegt es ja auch an der Elbe...?

Mir ist hier nur ein anderer Effekt bekannt, von einem 150 EW-Dorf in der Wesermarsch unterhalb einer Hochspannungsleitung: eine auffällig hohe Selbstmordrate.
Ruhrwelle
Beiträge: 4747
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Re: Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von Ruhrwelle »

Ich tippe auch eher auf das Flusstal-Phänomen. Geht auch in Bachtälern.
Optimierer
Beiträge: 235
Registriert: Fr 7. Sep 2018, 21:42

Re: Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von Optimierer »

Möglicherweise gibt es unter den Leitungen oder Masten Reflektionen von Wellen von weiter her, die weiter oben natürlich zumeist stärker einfallen als unten, nach schräg unten. Das gleiche Phänomen beobachte ich vor oder nach fast jeder Autobahnbrücke (in Richtung des Senders) beim Fahren über die Autobahn, wenn man einem schwach einfallenden Sender zuhört, daß dieser dann kurzzeitig sehr stark einfällt.
Wolfgang Mainz
Beiträge: 32
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Re: Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von Wolfgang Mainz »

Ja, die Flusstäler- und Autobahnbrücken-Symptomatik hatten wir hier schon immer mal wieder.

Und an Hochspannungsleitungen ist mir das auch schon oft aufgefallen.

Hier am Mainzer (Autobahn-)Ring im Westen und Südwesten von Mainz queren ein paar Brücken, eine Autobahn und 2-mal auch Hochspannungsleitungen.

In diesem Bereich gibt es ein paar Stellen, wo auf (der quasi einzigen freien Frequenz im ganzen Band) 89,0 RTL vom Brocken nahezu todsicher geht. Auf der Autobahn oder neben der Autobahn. Die Hochspannungsmasten begleiten den gebogenen AB-Abschnitt auch mehr oder weniger ein gutes Stück.

Unter einer Brücke (Kartenmitte) gibt es auf wenigen Zentimetern ziemlich stabilen Empfang (allerdings neben, nicht auf der Autobahn getestet :D ), der bei gehobenen Bedingungen rauschfreien Stereoempfang zusichert. Ist auch unmittelbar unter der Stromtrasse.

Immerhin sind das ziemlich genau 260 km Luftlinie.

Die Autobahn befindet sich am Fuß eines nach Nordost hin abfallenden Hangs. 'Blick'-Richtung zum Brocken wäre ja etwa Nordost. Aber die stabilsten Stellen sind oftmals an Orten, wo der direkte Blick nach Nordost abgeschattet ist, z.B. im Bogen der Autobahnauffahrt Südwest in der Nähe der verlinkten Brücke. Da fährt man durch eine kleinräumige, nach ziemlich allen Seiten abgeschattete Kessellage. (Aber auch hier unmittelbar an einem Knick der Stromleitung und zudem noch ein kleines Umspannwerk, vermutlich in erster Linie wegen Zuleitung zum ZDF.)

Aufbauten von großflächigen Autobahnschildern über der Fahrbahn verstärken an manchen Stellen auch noch mal den Effekt.

Ich denke, das sind gute Reflektoren, die je nach Konstellation an bestimmten Stellen zu 'stehenden Wellen' mit Paraboleffekt-Peaks führen.

Mit der 89,0 aus Würzburg (Bayern 5 Klassik) ist dieser Effekt aber nicht zu beobachten, da gibt es eine andere Stelle, wo die Empfangssicherheit hoch ist (Kartenmitte). Dort offene Stelle, gute Rundumsicht, und nicht vor, hinter, unter der Autobahnbrücke, sondern auf der Autobahnbrücke und rund 100 Meter drumherum (nur oben auf dem Niveau der Brücke). Und keine Hochspannungsleitung in greifbarer Nähe.

Gruß
Wolfgang
Ingo-GL
Beiträge: 241
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 19:01

Re: Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von Ingo-GL »

Ja, das Phänomen habe ich auch schon beobachtet im Autoradio beim Queren einer Hoch(spannungs)leitung. Verkehrsflugzeuge im Landeanflug produzieren das aber auch.
ross22
Beiträge: 1636
Registriert: Mo 24. Sep 2018, 21:32

Re: Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von ross22 »

Dieser Effekt ist eigentlich immer unter Brücken erkennbar die Metallarmierungen haben oder ganz aus Metall bestehen.
Selbst bei Kastenbrücken mit denen ich über den Mittellandkanal fahre ist das merkbar.
Metall beugt oder zentriert Feldlinien. Auch unabhängig einer 400KV Trasse.

Dazu gab es schon mal einen Faden in 2006.

Empfang unter Autobahnbrücken.
viewtopic.php?p=257937#p257937
zerobase now
Beiträge: 4514
Registriert: Mo 3. Sep 2018, 10:47

Re: Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von zerobase now »

cobra hat geschrieben: Mi 14. Dez 2022, 21:09 dass in der Datsche seines Bekannten unter der Trasse (am kleinsten Mast) nur mit Teleskopantenne des Radiorecorders UKW aus Bayern und Berlin immer gut empfangbar wäre. Auch aus dem Grunde wären genau unter der Trasse damals die 4 Datschen entstanden.... ;-)
Könnte ich mir auch einen lauschigeren Ort vorstellen, als genau unter so einer Hochspannungsleitung. :D ;)
cobra
Beiträge: 4
Registriert: Di 13. Dez 2022, 20:30

Re: Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von cobra »

Hallo Allerseits,
Da war sicherlich schon zu DDR Zeiten neben des "Westempfangs" die Lage oberhalb der Elbe mit Blick über das Elbtal und die davor befindlichen Wein-Terrassen ein weiterer Grund seine Freizeitbutze dahin zu bauen. Elektrosmog gab es damals noch nicht :dx: :.Es sind damals tatsächlich tausende Dresdner freitags nach Fder Arbeit mit dem Trabbi aus dem Dresdner Talkessel die 50km nach Südbrandenburg in ihre Datsche getuckert u.a. um Westfernsehen zu genießen. Noch heut sieht man in den großen Datschensiedlungen aus dieser Zeit z.b. in Zeischa, am Grünewalder Lauch, am Schwielochsee, Körbasee, Olbasee usw. den Gittermast, der die Bäume überragt. Im Sommer war dort Dresdner Sächsisch die vorherrschende Mundart. Danke für die vielen hilfreichen Antworten zum Thema UKW Fernempfang unter Hochspannungstrasse.
UK-DX
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Registriert: Do 28. Jan 2021, 14:40

Re: Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von UK-DX »

Ich vermute hier irgendwelche Reflexionen auf Grund eines Tales. Es gab ja immer wieder Berichte von Oe3 Empfang aus Oesterreich in der ehemaligen DDR, wahrscheinlich aus gleichen Gruenden.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass eine 400kV Trasse die Ausbreitung beguenstigt. Eher waere es umgekehrt der Fall, - was man bei dem AM Empfang deutlich mitbekommt.
Ingo-GL
Beiträge: 241
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 19:01

Re: Ausbreitung UKW längs 400kV Trasse

Beitrag von Ingo-GL »

Da wird Mitschwingen der Leitungselektronen im Spiel sein. Die strahlen dann auch wieder ab in alle Richtungen quer zum Draht, also auch zum Boden. Und Abschattung der Bodenwelle des beobachteten Rundfunksignals durch Bebauung oder Tallage erhöht sicherlich die Chance dafür, das Phänomen beobachten zu können.

Die Streuung von Licht an den Luftmolekülen gehört auch in diese Kategorie, nur dass im Fall der Luftmoleküle erst die kurzen Wellen des sichtbaren Lichts und der UV-Strahlung im beobachtbaren Ausmaß gestreut werden. Die kürzeren Wellen stärker als die längeren. Darum ist der Taghimmel blau.
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