Radiosendungen in Richtung Belarus

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DXer
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Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von DXer »

Weiß jemand von euch, ob es bspw. in Polen oder Litauen Radiosender gibt, die gezielt in Richtung Belarus senden?
In Belarus gibt es bekanntlich keine unabhängigen Medien und das Internet ist seit Kurzem ebenfalls gestört.
Städte wie Brest oder Grodno müsste man problemlos vom Ausland aus auf UKW erreichen können, bei dem flachen Territorium; Minsk dürfte aufgrund der Entfernung wohl schwieriger werden.

Das hier habe ich auffinden können: https://euroradio.fm/en/radio
Die Sendeanlagen scheinen in Polen zu stehen.
Saarländer (aus Elm)
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von Saarländer (aus Elm) »

Die Mittelwellen von Radio Baltic Waves (612, 666, 1386 und 1557 kHz) übertrugen in der Vergangenheit diverse Auslandsprogramme, darunter auch Radio Liberty in berarus.
Geblieben ist davon nur noch die 1386 kHz, die mit 75 kW aus Visientos sendet. Diese überträgt zumindest noch das russische Programm von Radio Liberty. Auch die russischen Sendungen von Polskie Radio dürften noch Hörer in Belarus erreichen.
Ansonsten bleibt eher der Satellitenempfang mit Belsat TV aus Polen, das zunächst auf 19,2° Ost sendete, heute ber auf 5° Ost zu empfangen ist, ebenso wie das von der EU finanzierte European Radio for Belarus, welches Du schon gefunden hast.
Dieses wird wohl von Radio Racyja übernommen. Radio Racyja ist eine polnische private Station mit Zielgebiet Belarus. Die konnten vor Jahren (1999 bis 2002 und 2006) noch die Mittelwelle 1080 kHz aus Katowice nutzen, seither bleibt es aber bei UKW.
Mehr fällt mir momentan nicht ein.
ardey.fm
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von ardey.fm »

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Saarländer (aus Elm)
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von Saarländer (aus Elm) »

Da war Kai Ludwig mal wieder punktgenau mit aktuellen Infos zur Stelle. :spos:
elchris
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von elchris »

Aktuelle Hauptinformationsquelle dürfte das vom polnischen Rundfunk verantwortete Belsat sein. Ein Verbot des Satellitenempfangs ist mir aus Belarus nicht bekannt. Auch das Internet war bisher frei verfügbar.
Unterwegs auf Schiene und Straße.
györgy
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von györgy »

Seit dem Wahlabend ist das Internet im Land regelmäßig weg. Soziale Medien haben wohl auch nicht funktioniert.

Als ich vor Jahren in Belarus war, ist es so gewesen, dass russisches TV viel beliebter als die eigenen Sender waren. Alle großen russischen Stationen haben Ableger für Belarus, die bis heute auch terrestrisch verbreitet werden.

Ukrainisches TV und Radio wird sicherlich gerade jetzt auch eine Rolle spielen. Wegen der langen gemeinsamen Grenze wird es einigen Overspill geben und viele ukrainische Nachrichtensender sind online zu empfangen.
Frankfurt
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von Frankfurt »

und nicht zu vergessen die Sendeanlagen der IBC in Lampertheim !
bengelbenny
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von bengelbenny »

Ich war zwar schon gelegentlich in Belarus (Freundin hat ihre Wurzeln dort) und habe auch mal ein bisschen geprüft, was in Minsk so geht, aber Programme aus dem Ausland schaffen es im UKW-Bereich bis Minsk auf jeden Fall nicht. Polen ist ohnehin zu weit entfernt (bis Brest fährt man locker 4 Stunden), und aus Litauen (rund 150km entfernt) ist mir damals auch nichts aufgefallen.
Zum Medienkonsum generell kann man sagen, dass gerade die Generation, die die Sowjetunion noch erlebt hat, eher auf das staatliche belarusische Fernsehen zurückgreift, welches natürlich zum Teil propagandistische Züge aufweist. Dort hat der Präsident auch seine Machtbasis, weil die älteren Leute dort einfach oft das glauben, was sie speziell auf Belarus 1 sehen. Eine objektive Sichtweise existiert teilweise einfach nicht. Etliche russische Programme haben auch eine belarusische Variante, was dann auch oft geschaut wird. Diese sind auch terrestrisch oft verfügbar.

Die jüngere Generation ist da deutlich anders, TV-Konsum spielt da kaum eine Rolle. Sie holen sich die Informationen, die sie haben möchten, eben aus dem Internet. Und da im Gegensatz zu früher auch das Interesse an Fremdsprachen wächst, sind jüngere belarusische Bürger oft recht gut ausgebildet und nutzen auch englischsprachige Seiten. Manche lernen auch Deutsch. Das ist in meinen Augen auch mit der Grund, warum man das Internet nach der Wahl deutlich eingeschränkt hat: nicht nur, um Absprachen zu verhindern sondern auch, um den Konsum von Nachrichten unabhängiger Medien so gut es geht einzuschränken.

Bis auf Telegram waren auch die Messenger down. Das ging soweit, dass selbst die staatliche Nachrichtenagentur teilweise gar nicht mehr erreichbar war. Inzwischen funktioniert das Internet teilweise wieder und typische Messenger wie Whatsapp oder Viber funktionieren zumindest teilweise wieder.

Belsat ist als unabhöngiger Programmanbieter sicher eine Top-Adresse, wird aber logischerweise in Belarus selbst nicht verbreitet. Was ich aus sicherer Quelle weiß ist, dass die russische Version von Euronews ausgekabelt wird. Das habe ich selbst schon mehrfach gesehen. Auch BBC World News ist mir dort schon einmal aufgefallen.
CosmicKaizer
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von CosmicKaizer »

Erzählt man sich über den Empfang ausländischer Medien im sozialen Umfeld? Mich erinnert das an meine Kindheit. Mein Vater war Berufssoldat bei der NVA. Alle in meiner Klasse haben Westmedien konsumiert - ich auch. Nur ich durfte am nächsten Tag nicht in der Schule davon erzählen, sonst hätte mein Vater Ärger bekommen können...
ardey.fm
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von ardey.fm »

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mittendrin
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von mittendrin »

ardey.fm hat geschrieben: Do 13. Aug 2020, 22:44 Aber Weißrussisch scheint auch eher die Sprache einer Minderheit zu sein und der mediale Wind überwiegend von Osten her zu wehen.
Das trifft es wohl.
Faktisch ist Russisch die dominierende Sprache des Landes, etwa 75 Prozent der Bevölkerung nutzen es inzwischen als Hauptumgangssprache und nur noch knapp 12 Prozent das Weißrussische... Das Russische ist für alle ethnischen Gruppen des Landes, einschließlich der Weißrussen, die meistgenutzte Umgangssprache....
https://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9F ... d#Sprachen
mittendrin ist hier: QTH 11e59 / 51n23 (südlich von Halle/Saale)
DAB+ mit PEAQ PDR050-B (Teleskopantenne) jederzeit indoor mindestens einlesbar aus: 19km (5C,6B), 23km (5D, 11C), 29km (6C, 9A, 10A, 12A), 52km (8B), 63km (12B), 98km (10B), 105km(8A)
bengelbenny
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von bengelbenny »

Zur Sprache:
Verkehrssprache ist fast ausschließlich Russisch. Wobei das Regime in Belarus seit der Krim-Annexion die weißrussische Sprache massiv fördert.
Privat wird mehr Weißrussisch gesprochen als z.B. in der Arbeit. Aber das ist auch regional sehr unterschiedlich. Speziell im westlichen Belarus ist es oft auch eine Mischsprache auf Russisch und Weißrussisch, gerade in der älteren Bevölkerung (hab ich mir von Einheimischen so erklären lassen). Ich kann mir vorstellen, dass im Osten des Landes aufgrund der geographischen Nähe zu Russland das Russische auch privat absolut dominiert. In Minsk selbst dominiert auch das Russische.

Die Straßenbeschilderungen, Ansagen von Haltestellen in Bus, Zug und U-Bahn etc. sind alle ausschließlich auf Weißrussisch (und in der U-Bahn auch auf Englisch).
Am Flughafen sind die Ansagen auf Weißrussisch, Russisch, Englisch und Chinesisch (!).

Über die Nutzung ausländischer Medien tauscht sich die jüngere Generation schon aus, sofern sie zumindest am Weltgeschehen etwas Interesse haben. Und da die IT-Branche dort eine Schlüsselbranche (der Messenger-Dienst Viber kommt z.B. von dort) ist, finden sie auch immer wieder Wege, selbst blockierte Inhalte zugänglich zu machen. Und ich habe auch den Eindruck, dass sie sich darüber recht offen austauschen. Wobei ich selbst bei meinen Aufenthalten dort von Einschränkungen nie etwas mitbekommen habe. Deutsche Seiten, aber auch die Seite des ORF oder SRF als Morgenlektüre waren nie ein Problem.
Aber wie schon gesagt: Radio- und TV-Konsum spielt in Belarus eher eine untergeordnete Rolle. Das Interesse scheint sich dort speziell bei den jüngeren Menschen in engen Grenzen zu halten und dient wenn dann als Hintergrundberieselung.
györgy
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von györgy »

Belarusisch ist für einige erste Fremdsprache, die - so war es zumindest Anfang/Mitte der 2000er - ab der erste Klasse gelehrt wird. Damals war Lukaschenka noch der Meinung, dass man nur zwei Sprachen beherrschen müsste: Russisch und Englisch.

Aufgrund der Ähnlichkeit der Sprachen ist es aber (theoretisch) relativ problemlos möglich, dass ein Gesprächspartner Belarusisch und der andere Russisch spricht.

Was mir damals in den Medien dort aufgefallen ist, war neben der Innenpolitik die Ausrichtung auf Russland und die Ukraine. Der "Westen" spielte in den Nachrichten nur eine untergeordnete Rolle und wurde wenn dann natürlich negativ dargestellt.

Eine Westintegration des Landes wird es definitiv nicht geben, selbst wenn die Revolution erfolgreich sein sollte. Die große Mehrheit der Bevölkerung fühlt sich Russland verbunden, während die eigene nationale Identität, anders als in der Ukraine, relativ schwach ausgeprägt ist.

Leider geht das auch zu Lasten der belarusischen Sprache, die abgesehen von der Landbevölkerung und einer intellektuellen (oppositionellen) Elite, m. E. keine besonders hohes Ansehen hat.

In der Ukraine hat sich das im Gegensatz dazu ganz anders entwickelt. Während Ukrainisch für Ältere (komplett SU-sozialisiert) noch eine eher unnütze Bauernsprache war, ist Ukrainisch im Westen (dort immer schon) und in der Mitte des Landes DIE Sprache unter den Jüngeren. Und das hat seit Beginn des Krieges noch deutlich zugenommen.
Zuletzt geändert von györgy am Fr 14. Aug 2020, 14:39, insgesamt 1-mal geändert.
bengelbenny
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von bengelbenny »

Dass Belarusisch ab der 1. Klasse unterrichtet wird, ist immer noch so. Ich müsste nachfragen, wie sich der Umfang verändert hat.
Eine Westorientierung ist quasi ausgeschlossen, wenngleich der Westen nicht mehr so extrem negativ gesehen wird wie früher. Sollte der Westen jetzt wieder Sanktionen einführen, könnte sich das aber auch wieder ändern. Die Einführung der Visafreiheit über den Nationalflughafen Minsk zielte eben genau darauf ab, westliche Touristen (= Geld) ins Land zu bringen.
Lukaschenka hat es immer verstanden, ein wenig Schaukelpolitik zu betreiben. Hat er in Russland nicht das erreicht, was er wollte, näherte er sich vorsichtig dem Westen an - aber immer mit dem dezenten Hinweis, dass Russland das "Brudervolk" sei. Stieß er im Westen auf Granit, war es umgekehrt.
Fakt ist, dass Belarus wirtschaftlich enorm von Russland abhängig ist. Deutschland ist der drittwichtigste Partner, befindet sich aber irgendwo im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Auffallend ist, dass auch Österreich wirtschaftlich ziemlich aktiv ist in Belarus (A1, Spar,...)

Die Verbundenheit mit Russland gibt es defintiv noch, wenngleich sie speziell bei den jüngeren deutlich nachgelassen hat. Das Land hat eben sehr lange gebraucht mit der Identitätsfindung bzw. ist gerade erst dabei. Es geistert ja immer wieder auch mal der Unionsstaatvertrag Russland-Belarus (von 1999) herum. Russland würde ja gerne den Staatenbund vertiefen (und die Bedingungen diktieren). Das stößt in Belarus allerdings auf sehr wenig Gegenliebe. Die Zustimmungswerte hierfür sind immer weiter gefallen und waren zuletzt bei weitem nicht mehr mehrheitsfähig (genaue Zahlen müsste ich raussuchen, war in den staatlichen Medien sehr präsent). Ich habe ja einige Kontakte im Land, und die wollen einfach ihre Ruhe von beiden Seiten.

Fakt ist: Es tut sich was in diesem Land. Dass sich aber grundlegend etwas ändert, halte ich für nahezu ausgeschlossen.
Inwieweit die Medienlandschaft sich verändern wird, muss auch mit einem dicken Fragezeichen versehen werden. Unabhängige Medien auf dem Territorium von Belarus halte ich für sehr unwahrscheinlich in nächster Zeit. Eher geht es wieder über Auslandsdienste auf dem Gebieten der direkten Nachbarn (Polen, Litauen, Lettland).
SeltenerBesucher
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Re: Radiosendungen in Richtung Belarus

Beitrag von SeltenerBesucher »

Teile des Belarus-Gebietes gehörten von 1921 bis 1926 einer parlamentarischen Republik an. Ich denke es wird schwer an die wenigen Jahre anzuknüpfen, wo eine Demokratie in dem Gebiet ausprobiert wurde. Was helfen könnte, wäre der Blick von Belarus nach Litauen und in die Ukraine. Da es gar keine Chance besteht in die NATO und EU aufgenommen zu werden. Es können bilaterale Verträge mit der EU ausgehandelt werden. Das Risiko ist, dass es der Wille Russlands sein könnte, mit dem Ziel die Russland-Embargos der EU zu umgehen. Im Westen ist es zu wenig bekannt, welche zukünftiges Regierungs-/Herrschaftssystem die Belarussen anstreben.

Der polnischer Verfassungsrechtler, Menschenrechtsaktivist und Beauftragter für Bürgerrechte Adam Bodnar bezeichnete gestern im Senat das System in Polen als Wettbewerbsautoritarismus („competitive authoritarianism“) und bezog sich auf das Buch „Competitive Authoritarianism: Hybrid Regimes After the Cold War (Problems of International Politics)“ von Steven Levitsky.

Bodnar über Polen:
„Es ist ein System, in dem, obwohl die formalen Mechanismen und demokratischen Institutionen erhalten bleiben, Wahlen abgehalten werden, das Wesentliche der Funktionen dieser Organe offenbart wurde und ihre Funktionsweise durch den dominierenden Einfluss des zentralen politischen Zentrums bestimmt wird. Obwohl es auf politischer Ebene Wettbewerb gibt, wird die potenzielle Machtübernahme durch die Opposition durch die Kontrolle über Institutionen behindert, die in einem demokratischen System unabhängig sein sollten. Ein Beispiel dafür waren die jüngsten Präsidentschaftswahlen.“
Wenn schon Länder der EU mit Rechtstaatlichkeit Probleme haben, woran soll sich dann Belarus orientieren?

Die ganze Rede in polnischer Sprache. Google übersetzt sie ganz gut.
https://www.rpo.gov.pl/pl/content/RPO-w ... sci-w-2020
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