Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

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MatthiasW.

Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von MatthiasW. »

Hier ein Artikel aus der "Rheinpfalz" v. 08.10.2002, der die Sitution im gebührenfinanzierten deutschen Format-Dudelfunk trefflich darstellt. Diesmal geht´s um SWR3 - der Artikel wird hier ausschnittsweise wiedergegeben.


"Bitte keine Partys mehr

Von Bettina Belitz - Man soll Feste feiern, wie sie fallen. Sprich: so oft wie möglich. Ein Grundsatz, der durchaus ein Leben bereichern könnte. Doch das SWR3 inzwischen zum üblichen Prozedere erklärt hat, könnte selbst Feierfreudigste in die selbst erwählte Depression treiben.

Und SWR3 hat sich überdies weit von dem entfernt, was Radiojournalismus bieten sollte: Information, Musik, Nachrichten. Meinungsbildungshilfe...

...Mehr Musik und weniger Werbung, dafür sind die öffentlich-rechtlichen Sender bekannt. Doch auch in diesem Bereich werden die Grenzen überschritten. Der Name des neuen "Superstars" ist schnell zu einem Mantra geworden, er verfolgt den Nebenbeihörer gnadenlos, beim Bügeln, im Bad, beim Kochen, bis er denkt: es gibt nur ihn, nur Uncle Cracker, nur Watershed, nur Tiziano Ferro, die Musiker der Zukunft. Es kommt zwar immer nur ein Lied von ihnen, aber sie sind Götter. Um dann eines Morgens mit an Hysterie grenzender Heiterkeit verkündet zu bekommen: Wir haben ihn auf unserem Festival. SWR3 hat ihn.

Die musikalische Gehirnwäsche funktioniert. Wer vorher kräftig hochgepusht wird, kann nachher nicht zum Reinfall werden.

Noch geht das Rezept auf. Doch es könnte der Tag kommen, an dem der verfeierte Hörer nur noch eins will: keine Partys mehr. Keine Comedy. Keine Nach- und keine Vor- und keine Zwischenberichte über Feten, Reisen, Festivals. Einfach nur noch Radio."


Ein sehr gelungener Artikel, finde ich. Wenn Privatradiosender immer wieder die gleichen Konzepte voneinander übernehmen, habe ich da ja noch Verständnis für. Die sind von Werbung abhängig und müssen Gewinne, Gewinne, Gewinne einfahren.

ABER: Wann wachen unsere gebührenfinanzierten deutschen Formatdudelverblöder mit ihrer 24/7 guten Laune, dämlichen Comedy und den immer gleichen 500 getesten Songs endlich auf!!!?
Harald P.

Re: Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von Harald P. »

Dem habe ich nur eines hinzu zu fügen:

Hier trifft die Rheinpfalz, bzw. Bettina Belitz, den Nagel genau auf den Kopf !
Kai

Re: Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von Kai »

Was die Parties angeht, werden sie wohl erst dann aufwachen, wenn keiner mehr hingeht.

Die ominösen hr3-Diskoparties finden fast immer auf dem flachen Land, quasi in der hessischen Einöde statt. In Frankfurt würde man mit solchem Müll niemanden hinter dem Ofen vorlocken. Die Event-unterversorgte Dorfjugend nimmt die Veranstaltungen aber gerne an - zum Zulöten und .... was auch immer.

Allerdings beteiligt sich hr3 auch aktiv an 'Sound of Frankfurt'. Das gibt's aber nur einmal im Jahr im Sommer und da kommen auch zwei bis drei Acts mit Rang und Namen auf die Bühne.
Brubacker

Re: Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von Brubacker »

Warum auch nicht. Zumindest denkt hr3 nach und macht es zielgruppenorientiert. Auch finde ich, dass man das was hr3 macht mit dem vergleichen kann, was weiter oben kritisiert wird. Ich finde das, was hr3 macht, sogar ziemlich in Ordnung. Und außerdem lerne ich durch die Durchsagen der Partys im Radio immer wieder neue hessische Dörfer kennen! :)
Sven

Re: Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von Sven »

Der zentrale Satz in der Rheinpfalz war:
"Es kommt zwar immer nur ein Lied von ihnen, aber sie sind Götter."
Die heute so bejubelten "Acts" sind oft musikalische Autisten. Ich brauch mir nur eine Top sowieso von 1987 neben eine Top sowieso von 2002, also 15 Jahre später, zu legen, und ich könnte kotzen.
Billiges, liebloses, synthetisches Bumm-Bumm hat die Oberhand gewonnen. Obwohl international auch Anderes produziert wird, setzt man lieber auf den hier produzierten Schrott. Klar, da hängt ja auch die heimische Musikindustrie dran.
WÜRG!
Kay Bartholomäus

Re: Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von Kay Bartholomäus »

Na ja. Die Öffentlich-Rechtlichen wollen (müssen?) halt auch ihren Marktanteil verteidigen.

Und da der Ottonomalverbraucher sich nunmal (laut Daten der Marktforschung - denn nur die zählen für die Werbeindustrie!) lieber den Sch... von Antenne X und Hit Radio Irgendwas reinzieht, ziehen die Öffentlich-Rechtlichen nunmal mit.

Ich denke sowieso, daß die Mehrheit in diesem Forum hier den Hörfunk in Deutschland eher aus einer kritischen Sicht betrachtet und sich nicht das Hirn mit dem Sch... aus der Mainstream-Musikindustrie vollpumpen läßt.

Deshalb werden wir wohl auch erstmal eine Minderheit bleiben, der es nach einer Radiolandschaft mit Niveau UND Unterhaltung dürstet.

Wäre doch mal lustig, wenn man den Werbeblock statt zwischen den Songs mitten im Song einblendet. Mal sehen, wer wohin flüchtet.
gb

Re: Deutsches Dudelradio:

Beitrag von gb »

Werbung in der Musik, es würde keiner merken...
Peter Schwarz

Re: Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von Peter Schwarz »

Wie weit die Vorstellungen von Nutzern und Machern auseinandergehen, hat sich ja immer bei den Diskussionen im "Radioszene"-Forum gezeigt, die von einer fatalen Ignoranz seitens der (angeblichen?) Experten und Macher begleitet wurde.
Diese merken erst, wenn der letzte Werbekunde storniert, daß sie vielleicht doch Programme für die Hörer machen sollten und nicht anch Schema X von Herrn berater Ich-bin-toll.
Nun, mittlerweile haben sich 90% der kritischen Hörer auf dieses Forum verlagert und die Praktis und Moderatoren mit Langeweile und Selbstdarstellungssucht drehen sich bei Radioszene im Kreis.

Naja, vermutlich muss der Fall Aachen ein paar mal Beispiel machen und sich die Radioszene lichten wie der Schwarzwald nach Lothar, um ein paar Menschen zur Einsicht zu bringen.
Das ist wirklich ähnlich wie mit dem Waldsterben oder dem Treibhauseffekt!
Keiner wills wahrhaben bis es zu spät ist.
Kai

Re: Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von Kai »

Wenn man bei radioszene.de etwas schmökert, fragt man sich unvermittelt:

Gibt's in Deutschland eigentlich noch einen Unterschied zwischen praktizierenden Moderatoren und moderierenden Praktikanten?
Peter Schwarz

Re: Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von Peter Schwarz »

Ganz einfach
Die Jungen, die von der Schule kommen sind eben noch geil darauf, in ein Mikro quaken zu dürfen, die würden vermutlich auch noch was bezahlen, nur um on air sein.
Ein paar Jahre später merken sie, daß sowohl Geld als auch Freizeit zu nicht mehr als Tiefkühlpizza und einem Soft-Porno von der Videothek reicht, bei dem sie dann einschlafen um am nächsten Morgen wieder um halb fünf auf der Matte zu stehen.
Die es schaffen springen irgendwann zu einem Öffi über, wo sie dann wenigstens eine halbwegs gesicherte Existenz haben und zum anderen was halbwegs anspruchsvolles machen dürfen. Pensionsansprüche gibts da aber wohl auch kaum mehr, oder?
MatthiasW.

Re: Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von MatthiasW. »

Noch mal was aus gegebenem Anlaß. Leider.

SWR3 läßt seine Gewinner auf der Insel Bali verweilen.

Trotz des Terroraktes fällt SWR3 leider nichts besseres ein, als den Gewinnern, die im Zuge des MA-Spielchens eine Urlaubsreise nach Bali gewonnen haben, lediglich eine verfrühte Heimreise anzubieten. So liest und hört man es.

Warum wirkt SWR3 nicht konkret und deutlich auf die Gewinner ein und legt ihnen nahe, die sofortige Heimreise anzutreten? Für den entgangenen Urlaub hätten Hug & Co. den Gewinnern eine Alternativreise (aber bitte nicht nach Ägypten) anbieten sollen.

Was jetzt im Namen von SWR3 passiert finde ich Sarkasmus pur. Auf der Insel ist Elend und Not - und in einem Hotel nebenan verweilen die SWR3-Hörer, machen womöglich Party und feiern im Luxushotel!

Wirklich klasse, SWR3 - Glückwunsch! Merkt man in Baden-Baden eigentlich noch was?
Brubacker

Re: Deutsches Dudelradio: "Bitte keine Partys mehr"

Beitrag von Brubacker »

Wieso denn? Wenn die Hörer, die das nun mal gewonnen haben, dort bleiben wollen, sollen sie doch. SWR3 ist doch nicht dafür verantwortlich was seine Hörer, alles freie Bürger, tun. Und ich würde im Übrigen auch dort bleiben. Es ist sicherlich sehr schlimm was passiert ist, aber eine Abreise bringt die Opfer leider auch nicht mehr zurück.
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