Westfernsehen in der DDR

Das Radioforum. Hier dreht sich alles um die technischen Seiten des Radio- und TV-Empfangs.
rick_71

Westfernsehen in der DDR

Beitrag von rick_71 »

Hi,

mich würde mal interesieren, wo überall in der DDR ARD, ZDF und die Dritten dauerhaft zu empfangen waren und mit wechem Aufwand. Ich mach mal den Anfang: Zuhause war ich in einem kleinen Nest in der sächsischen Schweiz nicht weit weg von der tsch. Grenze. ARD war bei uns nicht immer gut empfangbar. Meistens war über Kanal 7 von Berlin. Wenn der nicht ging, klappte es dann mit E4 vom Ochsenkopf. ZDF und die Dritten waren höchstens 5 mal im Jahr gut empfangbar. Radio hingegen war Bayern 1-4 und SFB 1-4 dauerhaft in angerauschtem Stereo empfangbar, ab und an mit Schwundeinbrüchen. Ständig in Mono ging HR 3 vom Hohen Meißner aber auch nicht besonders stabil. Für Bayern/HR hatten wir 8*14Elemente UKW und 2*5Elemente E4. Berlin war mit einer 16er Gruppe Kanal 7 und 4*14Elemente UKW das aufwendigste. Interessanterweise konnten wir den Kanal 5 vom Berliner Fernsehturm ständig empfangen. Liegt offenbar am höheren Senderstandort.
Wrzlbrnft

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Wrzlbrnft »

Verzeihung, wenn meine Frage in den Augen einiger "Betroffener" lächerlich klingen mag (ich hab die DDR-Zeit nicht mehr so wirklich miterlebt und hab auch nie wirklich was damit zu tun gehabt), wurde man da nicht verfolgt, wenn man tatsächlich "Westfunk" konsumiert hat? Die Stasi soll ja ne doch ziemlich üble Gesellschaft gewesen sein und große, auf Westsender ausgerichtete Antennen müssten doch aufgefallen sein. Oder hatte die DDR gar keine Mittel um solche "Landesverräter" ausfindig zu machen?

Würde mich als "Südländer" :) doch mal ziemlich interessieren.
Ole-

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Ole- »

Das wurde geduldet wenn nicht unterstützt.

In vielen DDR-Kabelnetzen (Eigeninitiative) gabs ganz offiziell West-ZDF, das mit Parabolspiegeln vom nächstgelegenen Sender geholt wurde.
Mathias Volta

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Mathias Volta »




Westfernsehen wurde schon in den 60er Jahren (Erich Honnecker hat 1962 indirekt in der Richtung etwas geäußert) von der DDRegierung geduldet.
alqaszar

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von alqaszar »

Was mir bei meinem ersten Aufenthalt in der DDR kurz nach der Wende 1990 aufegfallen war, sind die sehr aufwändigen Antennenanlagen. Besonders auf den mehrstöckigen "Plattenbauten", aber auch auf den anderen Häusern. Besonders die Bündelung der VHF/UHF-Yagis in "Gruppen" um einen Senderstandort noch hereinzubekommen (z. B. Bungsberg/Eutin in Rostock o. ä.).

Scheinbar war es in der DDR an der Tagesordnung, Westfernsehen zu schauen und demenstprechend auch noch einen hohen und gut sichtbaren Antennenaufwand zu betreiben. So weit ich weiß, war es in der DDR sogar legal, Satellitenschüsseln aufzustellen (ASTRA sendete ja bereits seit 1988 und war mit 60 cm zu empfangen, davor Eutelsat 13° Ost mit 80-90 cm).

Außerdem war die DDR das einzige Land des Ostblocks, welches das CCIR-Kanalraster im TV und auf UKW nutzte, wenn auch im TV mit SECAM-Farbe.
Jazzman

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Jazzman »

@ Wrzlbrnft

Was meinst Du denn warum sich eine Ansagerin die Mühe machte, das Programm der nächste Woche vorzulesen?

Soweit ich mich erinnere, kamen bei N3 Berlin nur Texttafeln, aber in ARD und ZDF wurde das Programm vorgelesen.
Kay Bartholomäus

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Kay Bartholomäus »

Soweit mir bekannt wurde in eingige Antennengemeinschaftsanlagen in der ehemaligen DDR schon Mitte der 80er (!) RTLplus, Sat.1, Musicbox und SkyChannel (also die Programme vom Eutelsat I F1 auf 13°Ost eingespeißt).

Das Empfangsequipment wurde entweder über Ungarn geschmuggelt oder halboffiziell die russische Alternativtechnik eingesetzt.

Das hat man mir - wie gesagt - erzählt. Die Möglichkeit, mir sowas anzugucken hatte ich ja damals nicht.

Aber ist schon interessant, was die Leute im "Tal der Ahnungslosen" damals alles so auf die Beine gestellt haben. Macht das mal nach - Telekom, ish und Co!


In den 50er Jahren war ja der Empfang von "kapitalistischen" Programmen in der damaligen DDR streng verboten. Bei Lehren und Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes (oder wie man das damals genannt hat) soll man ja sogar auf die Dachböden gestiefelt sein und die Antennen gen Westen gekappt haben.

Selbige Leute sollen sich damit Abhilfe geschafft haben, indem sie vertikal polarisierte Band I - Antennen aus dünnem Draht für E4 vom Ochsenkopf eintapiziert haben und das Flachkabel dann an der Scheuerleiste zum Fernseher geführt haben.

Wer würde heute noch sowas tun?
Otto

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Otto »

Ja,so was liest man gern,bin gebürtiger Dresdner und habe viel versucht,aber im Elbkessel war leider nichts machbar,mit Westfernsehen.
Kurze Hoffnung war 1968 da,aber der Einmarsch in die CSSR machte alles zunichte.Sollte was aus dieser Richtung passieren.Auf einigen höher gelegenen Stadtteilen war aber manchmal der Empfang machbar,auch auf einer Wiese im Raum Altenberg war dies im UKW-Bereich möglich!
Bitte mehr davon,bin übrigens Jahrgang 51.
Mathias Volta

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Mathias Volta »


Ich (Jahrgang 1978) habe bis 1989 in Schadeleben (Landkreis Aschersleben, bei Halle) gelebt. Wir haben mit Dachantenne ohne Probleme in Ortssenderqualität die Sender vom Torfhaus empfangen:
ARD (VHF K 9)
ZDF (UHF K ?)
NDR 3 (UHF K 53)
Im Nachbardorf Neu-Königsaue konnte man zusätzlich Hessen 3 empfangen.
Bei Tropo konnte ich in Schadeleben 1988 mal RTL Plus schwach empfangen.

In Halle gingen/gehen problemlos ARD (K9) und ZDF (K?), jedoch nicht mal wahrnehmbar NDR3.
Da ich Ossi-Like in meiner Studentenbude noch an die terristische Dachantenne angeschlossen bin (Sat.Receiver haben wir im Gemeinschaftsraum), habe ich selbst mal durchgescannt und es ausprobiert. Ein Freund von mir der hier in Halle aufgewachsen ist, hat mir das selbe bestätigt. NDR 3 kommt hier nicht ran, ARD und ZDF aber nahezu top (S4 = kräftig in Farbe, leichtes kaum warnehmbares Griseln).

Grüße,
Matze
Jazzman

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Jazzman »

@Mathias Volta

Was meinst Du mit NDR 3? Das Fernsehprogramm N3 ? Brocken oder Berlin?

In Wolfen bekam man N3 von Berlin sehr gut herein (ARD Niedersachsen vom Brocken, ZDF ?).

Bis zum Zuschalten von DDR 2 Wittenberg (TV) ca. 09:30 konnte man Sat.1 / RIAS-TV sehen; der Sendeschluß von DDR 2 und Sat.1 war nahezu identisch, das nützte nichts.
PowerAM

Aw: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von PowerAM »

Da waren wir 15 km von der nördlichen Berliner Stadtgrenze fein raus! Neben DDR 1 und 2 vom Fernsehturm ging auch ARD, ZDF, N3 (damals noch mit SFB-Beteiligung) und ab '87 (?) auch SAT.1. Kurz nach der Wende kam dann auch RTL plus. Speziell dafür waren aber Antennenänderungen notwendig da die meisten UHF-Antennen damals nur bis Kanal 39 brauchbar waren und auf Kanal 56 fast nichts mehr brachten.

Meine Eltern vermieteten damals unsere Laube an Urlauber aus Dresden, der Sächsischen Schweiz usw. die offensichtlich nur hier Urlaub machten um in Ruhe (und reichlich!) Westfernsehen zu gucken und in der Hauptstadt täglich (!) einkaufen zu gehen. Die kamen oft mit 'nem Trabi-Kombi und Anhänger. Immer dabei waren "Bestellzettel" der Daheimgebliebenen (Bekleidung, Nahrungsmittel, Werkzeug, ...), die äußerst gewissenhaft abgearbeitet wurden. Unser erster Farbfernseher (RFT Colorett) war mit einem PAL/SECAM-Dekoder ausgerüstet und brachte alles ordnungsgemäß in Farbe. Darauf sind meine Eltern offenbar nicht reingefallen...

Erwähnen möchte ich auch, daß ich in meiner Jugend auf einem Zeltplatz (Nähe Schwerin) mit 'nem Kofferradio fast problemlos RIAS 2 (94,30 MHz) hören konnte, wenn auch teilweise leicht gestört.

Kay Bartholomäus

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Kay Bartholomäus »

@ Mathias Volta

Also ZDF kommt vom Torfhaus auf E23 und vom Brocken auf E49 (natürlich erst seit dem wohlbekannten geschichtlichen Event 1989 / 1990).

BFBS müßte ja damals auch bei euch ohne Probleme gegangen sein.


Hier in der Bad Königshofener / Hildburghäuser Ecke (Süd-Südwestthüringen, Nordfranken) hat man in der Regel schon immer 5 (damals 6, da DDR 1 --> ARD) TV-Programme per Antenne gekriegt. Und alle mindestens in doppelter Ausführung.

Radiomäßig ging's hier von AFN über BR, HR, DDR bis zum SWR.
Kay Bartholomäus

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Kay Bartholomäus »

@ PowerAM

Also Sat.1 ging 1987 (im August soviel ich weiß) auf E25 on air.

Tele 5 war in Berlin doch auch noch zu empfangen. Weißt Du, wann man da on air ging?


Zitat:
"Darauf sind meine Eltern offenbar nicht reingefallen..."

Den Satz kapier' ich in diesem Zusammenhang irgendwie nicht. Helf mir mal auf die Sprünge.
Robert S.

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Robert S. »

hab auch in der sächsichen schweiz gewohnt,genauer gesagt in dorf wehlen,dort allerdings in tallage,da kam nix vom westen,manchmal ganz schlecht das zdf oder ard vom ochsenkopf,wir hatten aber auch schon seit 1987 eine schüssel mit einem durchmesser von 180 cm,damit hattne wir damals schon eine größere auswahl an tv programmen von astra und eutelsat,der reciever und ein videorecorder wurden wie schon angesprochen über ungarn geschmuggelt,mein vater hatte damals mit einem bakannten die ganze gegend mit sat schüsseln versorgt,er baute die gestelle und halterungen und der bekannte die schüsseln aus einer art kunststoff oder so,was es war weis ich nich mehr,ein reciever hat damals um die 8000 ostmark gekostet,nurmal um eine vorstellung vom preis zu geben.
Mathias Volta

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Mathias Volta »


@Jazzman:
"Was meinst Du mit NDR 3? Das Fernsehprogramm N3 ? Brocken oder Berlin?"
=> Damit meinte ich N3. Wir haben ihn vom Brocken UHF Kanal 53 geguckt.

@Kay B.:
=> BFBS kam auch im Radio ran.

Grüße,
Matze
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