Westfernsehen in der DDR

Das Radioforum. Hier dreht sich alles um die technischen Seiten des Radio- und TV-Empfangs.
PAM
Beiträge: 43908
Registriert: Sa 1. Sep 2018, 12:35

Westfernsehen in der DDR

Beitrag von PAM »

@ Chris:

Gestern kam ich nicht mehr zum Antworten. Im Erdgeschoss dieses 11er-Turms befand sich die Klub-Gaststätte. Der Zugang dazu war über die Sonnenterrasse bzw. den Biergarten vorgesehen. Ins Treppenhaus kam man von der gegenüberliegenden Seite. Eine Treppenstufe mit gegossener Betonrampe für Kinderwagen - damit war das Erdgeschoss noch barrierefrei. Half aber nicht viel, denn dort gab es keine Wohnungen mehr. Man musste also die Treppe hoch (oder eine nach unten in den Keller). Der Aufzug vom 4. - 10. Geschoss soll zwar selten gewesen sein, wurde aber eingebaut, wenn man nichts anderes hatte und ein Aufzug zwingend vorgeschrieben war. Ich hatte das gestern mit meinen Eltern nochmal besprochen. Sie kennen auch noch Plattenbauten mit einem Aufzug vom 1. (nicht vom Erdgeschoss!) bis in den 6.; der Block war effektiv ein Achtgeschosser. Deine Bilder vom P2 kommen mir noch bekannt vor. Allerdings haben einige Baukombinate auch recht kreativ kombiniert, um mit den eigenen Möglichkeiten besser auskommen zu können.

Zum Heulen im Treppenhaus: War in einer Wohnung auch nur ein Fenster angekippt, so beteiligte sich die jeweilige Wohnungstür am Heulen bzw. in der Wohnung auch jede nicht offen stehende Zimmertür. Ohnehin zog es dort immer irgendwie. Die Ausführung des Treppenhauses mit Lichtschacht kenne ich auch, jedoch meine ich, dass das eine Wandfenster immer dann vorhanden war, wenn die oberste Wohnung keine ganz große Wohnung war, die alle Flächen der Etage mit Ausnahme des Treppenhauses belegte. Sowas gab es auch, das dürften dann fünf Wohnräume gewesen mit zwei Balkonen gewesen sein.

Zum Q3A: Die Wohnungen unter dem Flachdach sind im Sommer sehr warm. Meine befreundeten rumänischen Nachbarn haben so eine und selbst bei 30 Grad oder mehr draußen alle Fenster offen. Es würde gefühlt noch etwas Abkühlung bringen, sagen sie. Ich lasse bei Sommerhitze die Fenster geschlossen, lüfte nur in der kühleren Nacht. Allerdings wohne ich eine Etage tiefer. Nachteil bei mir ist, dass ich die Giebelwand nach Westen habe, auf die im Sommer abends lange die Sonne brät. Die Blöcke in meinem Wohngebiet hat man in eine Aufputz-Dämmung eingepackt. Ja, im Winter hält sie die Kälte ein paar Tage länger draußen. Im Sommer hat sie allerdings den Nachteil, dass das Mauerwerk die aufgenommene Hitze nur einige Tage später nach innen durchreicht. Nach außen kann es ja kaum noch etwas abstrahlen. Die erste Woche mit Sommerhitze ist noch angenehm kühl, in der zweiten Woche ist die Wärme dann im Bauwerk und von da an muss man konsequent daran arbeiten, sie nachts wieder raus zu bekommen.

Und wieder zurück zum Westfernsehen! :gruebel: Dass man bei so geringer Entfernung zum Fernsehturm überhaupt mit Verstärkern arbeiten musste, das ist mir nicht ganz verständlich. Ich kenne noch einen, der bis vor wenigen Jahren unweit vom Tierpark Friedrichsfelde wohnte (früher Dienstwohnungen eines bestimmten Ministeriums). Dort verteilte man zugegeben recht große Fernsehantennen für VHF-Band III und UHF rein passiv. Es soll trotzdem gereicht haben. Allerdings hatte man laut Erzählungen auch die DDR-Programme ohne angesteckte Antenne glasklar. Mit der Ausrichtung der Dachantennen und dem Verzicht auf Verstärkung kam über die Antennendose in der Wohnstube wohl kein oder nur ein stark verrauschtes Bild vom Westfernsehen. Das war bei der Errichtung wohl noch so gefordert. Allerdings reichte je nach Höhe und Lage der Wohnung wohl auch eine passive Zimmerantenne fürs Westfernsehen. Auf eine UKW-Dachantenne hatte man dort übrigens verzichtet.
🎧📺📻📡
Chris_BLN
Beiträge: 1778
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 15:35

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Chris_BLN »

Scanner100 hat geschrieben: Di 15. Jan 2019, 21:15Einwas verstehe ich bei dieser Beslegung aber nicht. Die Anlage ist bei Chemnitz. Da ist es doch eigentlich Pflicht die 97.5 Mhz mit ENERGY mit abzugreifen und einzuspeisen.
Es fehlt auch MDR Aktuell. Ebenfalls für Sachsen produziert.
Scanner100 hat geschrieben: Di 15. Jan 2019, 21:15Man könnte Bayern 5 raus nehmen und den QPSK-Umsetzer z.B. für den Deutschlandfunk nehmen. Der ist ja auch auf Astra drauf.
Wie das beim DLF ist, weiß ich nicht. Bei DLF Kultur aber ist es äußerst ungünstig, die Astra-Verbreitung (also die auf 19,2° Ost) zur UKW-Einspeisung zu verwenden. Da ist keine UKW-Soundpresse im Signalweg. Da reicht schon die Nachrichtensprecherin mit sauberen S-Lauten und es spuckt wie Hölle (Hubüberschreitung). Hatte ich bei uns, ich hatte DLF Kultur von Astra eingeplant, weil ich davon ausging, am Standort unserer Kopfstelle den einzigen prinzipiell einspeisewürdigen DLF Kultur nicht sauber zu bekommen, da wir 2 km hinter der gerichtet abstrahlenden Sendeanlage stehen. Nach 2 Tagen habe ichs dann doch versucht und es ging großartig (einzige Frequenz von diesem Standort, die hinten raus super geht). Damit wanderte DLF Kultur auf einen UKW-UKW-Umsetzer und der Sat-Umsetzer bekam mit WDR 2 (in Ostthüringen!) eine neue Aufgabe. Es hatte massive Beschwerden über das Fehlen dieses Programms gegeben, bis hin zur "Fristsetzung" seitens Kunden. Ich hatte beim Umbau den vorher ausgekabelten WDR 2 rausgenommen in völliger Ahnungslosigkeit, dass er gehört wird.

Heute weiß ich: WDR 2, hr3 und auch NDR 2 gelten als "Qualitätsprogramme" und sind bevorzugt. So ticken die Leute halt.
H.-E. Tietz hat geschrieben: Mi 16. Jan 2019, 06:36 Technisch beeindruckend, was man damals in Ebersdorf für den Empfang der Westsender errichtet hat.
Es empfiehlt sich generell, die "Geschichte"-Seiten der einstigen DDR-Antennengemeinschaften anzuschauen, so sie im Netz existieren. Da sind teils abstruse, teils hochgradig kuriose Stories dabei. Hier die Geschichte von Ebersdorf: http://antenne-ebersdorf.de/index.php/geschichte.html

Anderes Beispiel: In Burgstädt brauchte man Parabolspiegel gigantischen Ausmaßes, um das terrestrische ZDF zu bekommen. Für den Transport musste die Polizei eskorieren - ein Staatsorgan der DDR hilft beim Westempfang: https://gag-burgstaedt.de/history.html - bitte komplett lesen, Hochgenuss!

Bei uns kreuzte unmittelbar nach dem Verlassen des Stadtwaldes die Kabeltrasse eine Landstraße. Als dort das (natürlich genehmigte) Buddeln anfing, sollen so komische Leute recht schnell vor Ort gewesen sein und sich etwas nervös gezeigt haben. Heute weiß man wohl: im Gehweg neben der Straße lag ein "Stasi-Kabel", das irgendwelche Bezirks-Dienststellen verbunden hat und unter Überdruck-Atmosphäre betrieben wurde gegen Feuchtigkeit und zur Schäden-Signalisierung.

Kurz nach der Wende sah der Mastkopf unserer Anlage so aus:
Tecosi-Mast Hammelburg im MDR_1992.jpg
Die beiden 14er UKW-Antennen sind da (leider) immer noch drauf und in Benutzung, hätte sie gerne durch Körner ersetzt. Nur die Empfangsrichtungen (Torfhaus 150 km, Ochsenkopf 100 km) sind nicht mehr. Habe ich 2015 (!) auf Wiederau (37 km) und Ronneburg (12 km) ändern lassen. Vorher waren weder die Fern-, noch die Ortsempfänge sauber. Die TV-Antennen sind weg, dafür haben wir nun DAB mit oben (Einspeisung momentan 5C BuMu, 8B MDR Thüringen, 10B Oberfranken, 11C Sachsen-Anhalt, 11D Bayern, geplant sind noch 6B MDR Sachsen-Anhalt und 6C Divicon-Mux Leipzig).
H.-E. Tietz hat geschrieben: Mi 16. Jan 2019, 06:36 Der Trend bei der Auswahl/Einspeisung der Rundfunksender heute ist hingegen wirklich gruselig; nach dem Motto, dass es gar nicht genug Dudelsender sein können.
"Volkswille".

Ich konnte dem bei der Neuplanung weitgehend ausweichen dank des glücklichen Umstandes, dass ich mehr als 40 Umsetzungen technisch verfügbar hatte. Damit ließ sich weitgehend das bekannte Dudel-Angebot mit einem Sack voll hochwertigerer Programme kombinieren. Knatsch gab es trotzdem einigen. Derzeit sieht das an meinem Heimatort (ein Stadtteil von Gera in Ostthüringen) so aus:
UKW-Belegung Tecosi.png
Pflicht war natürlich eine Frequenzplanung unter Vermeidung von Intermodulationen auf den ZF-Mischern der Tuner. An der Anlage hängen noch immer ca. 1300 Haushalte, ich hörte auch mal was von 1600.
LWie
Beiträge: 112
Registriert: Mi 5. Sep 2018, 20:44

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von LWie »

Oh, ein BBC6-Hörer... Kommt bei mir seit der Anschaffung eines Internetradios auch analog auf UKW im Umkreis der Wohnung rein (und wie es sich gehört im 1964er Dominante oder auf der RFT 3930-Anlage) :cheers:
H.-E. Tietz hat geschrieben: Mi 16. Jan 2019, 06:36 Es ist mir aber durchaus klar, dass BBC-Hörer (meist Radio 6) wie ich das Problem in diesem Lande sind, nicht schlagerbesessene Rentner.
Ort: Dresden-Neustadt, 2.OG
AM: Philips D2999, XHDATA D-808, MiniWhip PA0RDT + MLA-30 vor Fenster
FM: RFT ST-3935, RDS-Modul LIDL-Küchenradio, XHDATA D-808, Dipol vor dem Fenster
TV: DENVER 506 (inaktiv)
SDR: GQRX, Linux Lubuntu, Gigabyte Brix
H.-E. Tietz
Beiträge: 76
Registriert: So 9. Sep 2018, 06:17

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von H.-E. Tietz »

Ich schalte - wenn musikthematisch interessant - auch gern zu bestimmten Sendungen auf BBC Radio 2. Radio 4 und World Service sind ohnehin bei mir beliebt. Vom Sat-Receiver geht der Ton an einen Philips-AV-Verstärker und schließlich zu RFT-Lautsprechern (einst zu Rema toccata gehörend). Ergänzend nutze ich Internetradio.
Um sich dem eigentlichen Thema wieder anzunähern (auch wenn es Radio ist und nicht TV): Ich kenne BBC WS seit meinen Teenager-Jahren und konnte es im Heimatort auf UKW 90,2 dank guter Antennentechnik absolut stabil empfangen. Auf MW, LW und SW kannte ich alle wichtigen Frequenzen.

---
Die Burgstädt-Anlage kenne ich noch von Diskussionen im "alten" Forum und von deren Website.
MainMan
Beiträge: 907
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 23:37

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von MainMan »

Chris_BLN hat geschrieben: Di 15. Jan 2019, 16:09 Das sind jedenfalls alles solche DDR-Antennengemeinschaften, mit denen man in den 80er Jahren versucht hat, Ochsenkopf ins Wohnzimmer zu holen. Vor allem in Sachsen haben etliche überlebt, oft im ländlichen Raum. Das erstaunt, denn da hatte man normalerweise ab sofort Anfang der 90er Jahre die Satantenne. Und noch keine in Internetversorgung begründete Existenzberechtigung der Anlage.
Dies ist in der Tat das Erstaunliche an den DDR-Antennengemeinschaften.
Wer als Wessi im Sommer 1991 durch Sachsen fuhr, war erstaunt ob der Masse an Astra-Schüsseln, die damals schon von Dächern, Balkonen und Hauswänden grüßten.
Hier im Westen hat die Mehrheit damals noch terrestrisch geschaut.
Gerade in Sachsen haben viele Antennengemeinschaften bis heute überlebt, obwohl das Programmangebot spätestens mit dem Start der deutschen Öffis auf Astra 1C im Jahr 1993 kaum größer als mit eigener Schüssel war.
MainMan
Beiträge: 907
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 23:37

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von MainMan »

Leicht OT:
http://www.app-in-die-geschichte.de/document/12462

Dieses Fundstück hier ist zwar aus Sachsen-Anhalt, aber genau so sah es im Osten an vielen privaten Wohnhäusern einige Monate nach der Wiedervereinigung aus.
Der Schüsselboom ging dort praktisch direkt nach der Wende im November 89 und damit schneller los als in den alten Bundesländern.
Chris_BLN
Beiträge: 1778
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 15:35

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Chris_BLN »

Unsere 1982/83 errichtete Anlage in Gera-Untermhaus hat sich nach und nach durch "Eingemeindung" weiterer Teilnetze mit bescheideneren und ungünstiger gelegenen Kopfstellen vergrößert. Habe vor einigen Monaten jemanden kennengelernt, der damals an einer anderen Anlage mitgebaut hat. Da stellte man dann fest, dass das ZDF (Hof?) in Tallage hier https://goo.gl/maps/oniHCyJ6cGN2 sehr schlecht kam, da noch südlich vom Berghang abgeschattet. Nur paar Meter weiter östlich auf der anderen Seite des Flusses (da: https://goo.gl/maps/xagrCtiTuyL2) soll es signifikant besser gewesen sein. Also zog man ein Kabel über den Fluss, was etwas risky war, da da am Ufer eine Mittelspannungs-Freileitung entlanglief damals. Unter der musste man dann durch.

Nur wenige Meter weiter nördlich gibt es heute tatsächlich noch eine kleine Kopfstelle eines Kleinst-Netzes im Heizungs-Anbau dieses Hauses: https://goo.gl/maps/C8Tzznhys372 (graues Flachdach, der kleine Vorbau neben dem Vorbau, sind 2 Schüsseln erkennbar). Da drin wird mit einer Astro V16 und einer Astro X5 TV umgesetzt sowie UKW mit nem Ringdipol durchgeleitet - viel dürfte da nicht kommen. Sind wohl knapp 100 Haushalte im unmittelbaren Umfeld. Wie es zu dieser kuriosen Lösung kam, weiß ich nicht. Das dürfte aber keine DDR-Anlage sein, das kam später. Und rundherum ist mit der anderen Anlage verkabelt...

Die Kopfstelle, die alle anderen überlebt hat, stand halt um Lichtjahre günstiger oben auf der Anhöhe, 100 m über dem Tal: https://goo.gl/maps/p9eLjJWdeYk - da ist der terrestrische Empfang freilich weitaus besser gewesen als im Tal. Man raunte damals "2 m über dem Feld schon viel besser als unten in der Siedlung auf nem Hausdach mit großer Antenne". Torfhaus / Brocken sind aber auch da ungünstig, NDR-Radio war immer schlechter als BR. Sind 150 km, ich hatte dort 2015 beim Test mit der 14er DDR-Antenne auf 20-Meter-Mast Pegel um 55 dBµV bei NDR 2 (92,1 MHz, 100 kW, Torfhaus) bzw. 51 dBµV bei 89.0RTL (60 kW, Brocken), dazu derbe verrauscht, so dass 89.0 RTL auch nicht ins UKW-Angebot kam. NDR Kultur (89,9 MHz, 100 kW, Torfhaus) hätte eine nach hinten "hochdichte" Antenne gebraucht, da drückt sonst 89,8 MDR Jump von Geyer alles platt (und hätte einstmals der Berliner Rundfunk alles platt gedrückt). Die ging also nie. Ochsenkopf ging mit 60 dBµV bei 100 kW schon besser.

Problem dieser Kopfstelle: der lange Weg runter in die Stadt. Es gibt zwar mitten im Wald noch einen Verstärker (mit Ortsspeisung, Stromkabel mit verbuddelt!), aber die Teilstücken sind zu lang. Wenn doch dort nur Glas liegen würde...

Die Anlage hat wohl vor allem durch die Mehrfamilienhäuser auf der Ostseite des Flusses https://goo.gl/maps/guLDXKt99qC2 überlebt. Da wohnen halt häufig Mieter, da ists nicht so einfach mit der eigenen Schüssel. Auch sind die Straßen oft Nord-Süd ausgerichtet, so dass man entlang der Hauswand empfangen müsste. In der Einfamilienhaussiedlung auf der Westseite des Flusses sieht man hingegen viele Schüsseln und mit jedem "biologisch bedingten" Eigentümerwechsel eines solchen Hauses kommt i.d.R: eine dazu. Die "Alten" bleiben oft am Kabel, vielleicht auch, weil sie es als "Junge" mit verbuddelt haben. Eine zeitlang gab es schnelles Internet auch nur über dieses Kabel, da die Telekom dort OPAL hatte. Das ist nun auch Geschichte, VDSL 100 ist überall verfügbar. Und für 2020 ist wohl call of interest für Glasfaser der Telekom angekündigt. Dürfte die Zukunftsaussichten der Anlage nicht so viel besser machen. Aber Vodafone/KD hat unsere Anlage schon überlebt. Die haben nicht ausgebaut, die haben Ende 2016 komplett abgeschaltet. War nur bis 470 MHz, ohne Internet und demzufolge nur mit ner handvoll Nutzer.
Rolf, der Frequenzenfänger
Moderator
Beiträge: 152
Registriert: Fr 17. Aug 2018, 06:02

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Rolf, der Frequenzenfänger »

Chris_BLN hat geschrieben: Di 15. Jan 2019, 16:09
Cha hat geschrieben: Di 15. Jan 2019, 14:52 Hab nun durch Zufall eine UKW-Kabelbelegung ganz aus der Nähe von Chemnitz gefunden: http://www.antennengemeinschaft-ditters ... legung.pdf
Die Radiobelegung hat schon was schräges. Extrem viel Schlager - aber wie gesagt, das deckt sich mit meinen Erfahrungen. Das wird gehört. Fast ausschließlich. Da vermischen sich ein schlichter Geist, der Wunsch nach einer überschaubaren, heilen Welt und zuweilen auch ein wenig Deutschtümelei. Wenn in meiner Heimatregion die Rentner mit Protestresolutionen an die Öffentlichkeit gehen (und bis zum Ministerpräsidenten!), damit das Radio wieder deutsch und schunkelnd wird, ist das schon niedlich, aber auch etwas gruselig für mich.
Die Nähe zum Schlager mit einem "schlichten Geist" gleichzusetzen, halte ich für gewagt.
Die Auskabelung von SRF Radio Rumantsch in der Nähe von Chemnitz finde ich aber auch ziemlich schräg. Die Sprache versteht ja schon in der Schweiz kaum jemand. "Deutschtümelei" kann da auch nicht der Grund sein. Muss demnach an der Musikauswahl liegen.
Chris_BLN
Beiträge: 1778
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 15:35

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Chris_BLN »

PAM hat geschrieben: Mi 16. Jan 2019, 08:23 Gestern kam ich nicht mehr zum Antworten. Im Erdgeschoss dieses 11er-Turms befand sich die Klub-Gaststätte. Der Zugang dazu war über die Sonnenterrasse bzw. den Biergarten vorgesehen. Ins Treppenhaus kam man von der gegenüberliegenden Seite. [...]
Danke für die umfangreichen Erinnerungen! Ich hatte Deinen Post bis heute übersehen, weil er während ich meinen schrieb reingestellt worden war und ich nicht mehr obendrüber nach Neuem geschaut hatte.

Ja, so war er, der Spuk im Hochhaus: https://www.youtube.com/watch?v=wiZbPDCXN0Y (bei 2:32 mit einem der quadratischen Treppenhäuser einer P2, ansonsten kenne ich diesen bizarren Grundriss nicht, vielleicht ist der auch nur für den Film in einer Kulisse).
PAM hat geschrieben: Mi 16. Jan 2019, 08:23 Zum Q3A: Die Wohnungen unter dem Flachdach sind im Sommer sehr warm. Meine befreundeten rumänischen Nachbarn haben so eine und selbst bei 30 Grad oder mehr draußen alle Fenster offen. Es würde gefühlt noch etwas Abkühlung bringen, sagen sie. Ich lasse bei Sommerhitze die Fenster geschlossen, lüfte nur in der kühleren Nacht. Allerdings wohne ich eine Etage tiefer.
...und das ist ein extremer Unterschied, wie ich von meinen Nachbarn untendrunter weiß.

PAM hat geschrieben: Mi 16. Jan 2019, 08:23 Dass man bei so geringer Entfernung zum Fernsehturm überhaupt mit Verstärkern arbeiten musste, das ist mir nicht ganz verständlich.
Es war ja sogar noch kanalselektiv. Man hat damit offenbar die unterschiedlichen Pegel anpassen wollen, da hat sich jemand richtig Mühe gegeben. Ich hoffe, der Aufwand war wenigstens für die ganze Reihe (4 Eingänge) und nicht nur für das eine Haus hier (12 Wohnungen). Es gehen 4 TV- und eine UKW-Leitung nach oben, das ist im Kriechboden aber wohl alles durchtrennt. Schiebt man die Ausstiegsluke auf und schaut in den Kriechboden, findet man noch Befestigungsschellen des Antennenmastes. Auf dem Dach ist freilich nichts mehr, was darauf hindeutet. K5 und K7 hat man trotz 38° Unterschied mit einer Antenne gemacht.

Obwohl mir so ist, als ob wir das schonmal hier diskutiert hätten, zeige ich hier nochmal den Verstärker von innen. Selbst meine Fotos davon fand ich nicht mehr, habe gerade eben neue gemacht.

Das DDR-Briefkastenschloss war offen, der Verstärkerkasten wird damit nur durch einen Schnappverschluss auf der rechten Seite zugehalten. Deckel auf - bitteschön:
Kanalselektiver Antennenverstärker Burgstädt TAV2001-8.jpg
Links das Netzteil (Schaltnetzteil oder nur längsgeregelt?), ganz rechts der UKW-Streifen, dem die beiden SK3-Sperrfilter mit insgesamt 2×3 Sperrbereichen vorgeschaltet waren. Dazwischen die TV-Module:

K5 Alexanderplatz (DDR 1)
K7 Scholzplatz (ARD/SFB)
K25 Schäferberg (Sat1 / RIAS TV)
K27 Alexanderplatz (DDR 2)
K33 Scholzplatz (ZDF)
K39 Scholzplatz (N3/SFB)
Rolf, der Frequenzenfänger hat geschrieben: Sa 19. Jan 2019, 12:06 Die Nähe zum Schlager mit einem "schlichten Geist" gleichzusetzen, halte ich für gewagt.
Witzig, genau das Thema hatte ich letztens unfreiwilligerweise mit jemandem, der früher beim Fernsehen gearbeitet hat und nun im wohlverdienten Ruhestand ist und ab und an wohl noch Mugge als DJ bei Familienfesten macht - mit Schlager natürlich. Er war über meine Aussage natürlich auch nicht sonderlich begeistert, sie gibt aber das wieder, was ich in schlageraffinen Umfeldern meist erlebt habe. Also bei denen, die Schlager nicht im Rahmen einer "bad-taste-Veranstaltung" hören, sondern aus Leidenschaft. Man findet erstaunlich wenig an Empirie dazu im Netz. Hier eine Zusammenfassung aus Österreich: Musikhören im Zeitalter Web 2.0: Theoretische Grundlagen und empirische Befunde. Rein ausm Bauch raus: deckt sich mit meinen Erfahrungen. "Statistik" heißt natürlich auch immer: es ist keine Aussage über Einzelfälle möglich. Schlager-Hörer aus der intellektuellen Schicht gibt es demnach auch.
Zuletzt geändert von Chris_BLN am So 20. Jan 2019, 10:47, insgesamt 1-mal geändert.
Chris_BLN
Beiträge: 1778
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 15:35

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Chris_BLN »

Nachtrag: Ich kenne aus dem Kabelnetzbetreiber-Umfeld (von mehreren Orten) z.B. auch die Grundaussage "je ärmer desto Sky". Die sollte bitte auch niemand für generell alle EInzelfälle gültig betrachten, sie passte aber erschreckend (genau wie die Antikorrelation TV-Ausstattung des Haushaltes und geistig-kulturelles Niveau der Haushaltsbewohner) auch bei meinen persönlichen Findungen.
mankmill
Beiträge: 79
Registriert: Mi 3. Okt 2018, 22:31

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von mankmill »

Chris_BLN hat geschrieben: Mi 16. Jan 2019, 08:45 Knatsch gab es trotzdem einigen. Derzeit sieht das an meinem Heimatort (ein Stadtteil von Gera in Ostthüringen) so aus:

UKW-Belegung Tecosi.png
Wie sieht denn die TV Belegung von 5 Satelliten aus?
Standort: Görlitz
Antenne: 3H-VHF-16-LOG
Radio-DX
Beiträge: 849
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 22:08
Wohnort: Nähe Neustadt a.d. Orla (Ostthüringen)

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Radio-DX »

@ Chris_BLN
Links das Netzteil (Schaltnetzteil oder nur längsgeregelt?),
Die Netzteile hatten alle noch Trafos. :spos:
Betriebsspannung des Verstärkers war 24 Volt.

So ein Verstärker (8er TAV) kostete je nach Bestückung schon mal 2500 DDR-Mark.
In den meisten Anlagen waren zwei Stück davon erforderlich.
Neben den Kanalstreifen wurde meist noch ein Regelstreifen eingesetzt.
Das war bei Fernempfang recht vorteilhaft, da man die Pegel damit über das Jahr besser im Griff hatte.
Habe noch einige so bestückte Verstärker hier rumliegen.
Kann ja mal ein Foto machen.
QTH: Nähe Neustadt a.d. Orla (Ostthüringen)
Empfangsrekord mit RDS-PS: 3075 km (Madeira: 88,0 MHz, Radio Renascenca, Sporadic-E am 12.06.2013)
Chris_BLN
Beiträge: 1778
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 15:35

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von Chris_BLN »

mankmill hat geschrieben: So 20. Jan 2019, 14:57 Wie sieht denn die TV Belegung von 5 Satelliten aus?
Hihi, wie das gezählt ist, habe ich nie verstanden. Es sind nur 4 Schüsseln. 28,2 ist seit Jahren schon nicht mehr in Nutzung, 23,5 kann wegen Abschaltung auch kein Bundestagsfernsehen mehr holen, 13 macht noch SRF Radio, Polen-Radio und bissl was obskures, dessen Fehlen niemand bemerken würde. 19,2 macht das Übliche einer kleinen unabhängigen Anlage (letztlich fast alle TP mit deutscher Beteiligung), dazu ORF-Radio und ORF 2E, Servus TV HD, den französischen Radio-TP, den Kanal mit CNN und den spanischen Radios, das russische Zeugs (wird wohl aktiv genutzt und nachgefragt). Nix auffälliges - eher ist da die "experimentelle" DAB-Auskabelung nennenswert (derzeit 5 Muxe).
Radio-DX hat geschrieben: So 20. Jan 2019, 21:29 Die Netzteile hatten alle noch Trafos. :spos:
Danke! So weit wollte ich das schrottwertige Eigentum der Wohnungsgenossenschaft dann doch nicht zerlegen. ;)
Radio-DX hat geschrieben: So 20. Jan 2019, 21:29 Neben den Kanalstreifen wurde meist noch ein Regelstreifen eingesetzt.
D.h. für jeden Kanalstreifen ein Regelstreifen? Oder nur für Kandidaten, die für Schwankungen bekannt waren?

Wann kamen diese Geräte eigentlich? Sieht mir nach zweiter Häfte der 80er aus. EIn Kanalzug hat sogar Heli-Aufdruck und nicht Burgstädt, da war also Produktion nach Limbach-Oberfrohna ausgelagert.
Zuletzt geändert von Chris_BLN am Mo 21. Jan 2019, 08:41, insgesamt 1-mal geändert.
carkiller08
Beiträge: 1658
Registriert: Fr 31. Aug 2018, 17:01
Wohnort: Sachsen-Anhalt / Harzvorland

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von carkiller08 »

So ab Mitte der 80er Jahre dürfte es dieses System mit den Kanalstreifen gegeben haben.
Einen Kanalstreifen habe ich noch samt Garantiekarte liegen - abgestempelt mit 8/86 .
Bauart wirkt eher rustikal mit beidseitig auf der Platine aufgelöteten Bauteilen.

Diverse Modelle hatten ein Drehspulmesswerk verbaut. Eventuell die AGC-Version.

Die Streifen , die ich mal ausgeschlachtet hatte, waren mit Transistoren von RIZ/Jugoslawien bestückt (2N3866 , BFW16, BFY90 ).
DIe passiven Bautele waren DDR-Teile.
calimero
Beiträge: 9
Registriert: Di 7. Mai 2019, 14:38

Re: Westfernsehen in der DDR

Beitrag von calimero »

wohne etwa 100 km nördlich von Berlin. Den Kanal 31 (Franzosen) hatten wir oft in guter Qualität (1980-1990) sehen können aber der hat mich nicht so interessiert. Sobald Überreichweiten Wetter kam oder Gewitter wußte ich daß man afn gucken konnte . Auf dem Sharp TV meiner Eltern wanderte das Bild , man konnte es mit einem Drehknopf hinten am TV anhalten. Bei meinem alten Röhren Fernseher wanderte es nicht und ich hatte sogar einen Ton. Wenn ich das Bild minimal verstellte konnte ich den Ton auf UKW im Bereich um 104 MHz hören und so sah ich regelmäßig in schwarz weiß afn.
(an normalen Tagen gabs aber nur ein stark verrauschtes Bild).
Am interessantesten waren natürlich Musikvideos, (Music Jukebox oder so hiess die Sendung)

Wir wohnten im Neubau (da wurden die Antennendosen seltsamerweise so verlegt, daß der der ganz oben wohnte den besten Empfang hatte und je tiefer man wohnte es immer schlechter wurde) und ich kannte einen Antennenbauer der mir eine Gruppen Antenne gebaut hätte, nur wollte er die Genehmigung der AWG. Ich hab das als Schüler 2 mal handschriftlich beantragt (~1985-1988)("für den Empfang des afn auf Kanal 29") und wurde dann vor geladen. Wurde nie was draus.
Zuletzt geändert von calimero am Di 7. Mai 2019, 15:55, insgesamt 1-mal geändert.
Antworten