Testbericht: Roberts Stream 94i

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Spacelab
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Testbericht: Roberts Stream 94i

Beitrag von Spacelab »

Also das Roberts Stream 94i ist zweifellos ein interessantes Gerät. Allerdings mit sehr deutlichen Schwächen die bei einem so teuren Radio mit einem Straßenpreis von 349 Euro(!) nicht vorkommen dürften. Aber der Reihe nach...

Design / Verarbeitung:
Das Roberts Stream 94i ist eigentlich ein ganz hübsches Radio mit klassischen Anleihen und trotzdem irgendwie modern. Die Anfassqualität ist allerdings nur stellenweise gut. Der eigentliche Korpus (das holzfarbene Teil) ist auch tatsächlich aus richtigem Holz und fühlt sich gut an. Genauso der aus dickem Kunstleder gefertigte Tragegriff. Die Rückseite des Radios besteht hingegen aus, zwar sehr festem, aber billigem Kunststoff was man leider auch auf anhieb sieht. Ein richtiges Ärgernis sind aber die Knöpfe auf der Vorderseite die zwar einen sehr angenehmen Druckpunkt (nicht zu fest aber auch nicht zu locker) haben. Aber wegen zu viel Spiel wackelig krumm und schief sitzen wie bei einem absoluten Billigradio. :sneg: Ich habe es mal versucht zu fotografieren aber man kann es wegen dem schlechten Licht hier im Büro auf dem Bild nicht richtig erkennen.
P_20210119_143226.jpg
Eine glatte Unverschämtheit sind die Spaltmaße und generell die Bündigkeit der einzelnen Teile. Schaut mal wie weit die Plastikblende, also das glänzende Teil wo das Display und die beiden Drehknöpfe drauf sind, absteht:
P_20210119_143351.jpg
Nicht vergessen: wir reden hier von einem Radio das rund 350 Ocken kostet! :eek: Wären diese echt groben Klopper nicht, wäre das Roberts Radio ein echtes Schmuckstück. Nicht zuletzt wegen des relativ großen, hellen und farbstarken Displays das man auch aus der Entfernung noch recht gut lesen kann.

Ausstattung:
Endlich mal ein Radio wo (bis auf CD vielleicht) alles drin ist. Bisher vermisste ich bei den aktuellen Geräten immer WLAN und/oder Bluetooth und/oder DAB+ und/oder USB und/oder Stereo. Kurz: irgendwas hatte bisher immer gefehlt. Das Stream 94i hat alles. Sogar eine richtige Netzwerkbuchse ist vorhanden. Außerdem ein Line-In, ein Line-Out und eine Kopfhörerbuchse. Letztere ist aber sehr leise. Selbst wenn man das Radio voll aufdreht reicht es kaum für einen normalen HiFi Kopfhörer. Damit kann man lediglich diese In-Ear Schmalzbohrer betreiben. Schade...

Als Empfangsmodul kommt ein FS Venice X zum Einsatz das alles übernimmt. Also DAB+, FM, Bluetooth, Webradio, Musikstreaming, UPnP, USB. Die Bedienung geht relativ flott und es kommt kaum zu Hängern zum Beispiel beim Scrollen durch die Menüs und Senderlisten. Den PNG Bug hat das Venice X natürlich nicht mehr und alle DAB+ Folien werden fehlerfrei angezeigt. Dafür spinnt das UPnP. Manchmal bleibt die Wiedergabe nach einem Titel einfach stehen so als wären schon alle Dateien in einem Verzeichnis abgespielt worden. Oftmals muss man auch mehrmals versuchen eine Verbindung aufzubauen weil angeblich kein UPnP Server im Netzwerk vorhanden ist. Nach dem dritten Versuch geht es dann meistens. In der Fritzbox gespeicherte Livestreams werden übrigens nicht abgespielt. Beim versuch diese abzuspielen puffert das Radio wenn man nicht irgendwann abbricht nur stundenlang ohne einen Ton abzuspielen. Beim abspielen von Audiodateien per UPnP werden übrigens keine TAGs vom Roberts Radio ausgelesen. Die Kiste zeigt dann nur die Dateinamen ohne weitere Infos (z.B. Titel, Interpret, Album) an.

Der USB Anschluss funktioniert hingegen weitgehend hervorragend. Als Dateisystem werden FAT(32), exFAT, ext3 und sogar NTFS akzeptiert. Eine Festplatte (Toshiba mit 800mA Stromaufnahme beim anlaufen) wurde problemlos erkannt. :spos: Bei FLAC und AAC(+(v2)) Dateien klappt sogar das Gapless Playback (keine Unterbrechung zwischen einzelnen Titeln) was leider keinesfalls eine Selbstverständlichkeit ist bei Hardwareplayern. Bei MP3 und kurioserweise auch bei WAV Dateien hingegen gibt es immer eine kurze Unterbrechung. Hier funktioniert das Gapless Playback offenbar nicht korrekt bei dem Roberts Radio. Coverbilder werden blöderweise nur bei MP3s angezeigt. Diese aber total in der Höhe verzerrt. :rolleyes:

Bluetooth funktioniert recht zuverlässig. Die stromsparende Version 4.2 wird, passendes Handy/Tablet/Notebook natürlich vorausgesetzt, vollständig unterstützt. In Verbindung mit der Qobuz App werden sogar Coverbilder angezeigt. Allerdings, wie beim Abspielen von MP3s per USB, in der Höhe verzerrt. :rolleyes: Von der Reichweite sollte man allerdings nicht zu viel erwarten. Im selben Raum geht es noch. Aber ist auch nur eine Wand dazwischen kann es schon zu kurzen stolperern im Ton kommen. Das liegt daran das man die auf dem DAB+ Modul aufgedruckte Antenne benutzt und diese echt sau blöd hinter dem dicken Kühlblech des Verstärkers verschwindet und damit schön abgeschirmt wird. Die Bluetooth Funktion kann übrigens nur empfangen und nicht senden. Man kann also keinen Bluetoothkopfhörer mit dem Radio verbinden. Das wurde anfangs auf der Roberts Radio Seite falsch angegeben und leider von manchen OnLine Shops so übernommen. Technisch würde das Venice X Modul das zwar hergeben aber in der Firmware des Stream 94i wurde es am Ende dann offensichtlich doch nicht implementiert.

Als Webradioportal wird selbstverständlich das hauseigene Nuvola genutzt. Wenigstens war man aber beim WLAN so gnädig und hat eine externe Antenne auf einem kleinen Stück Platine genutzt welche man innen an das Holzgehäuse geklebt hat. Im 2,4GHz Bereich ist die Reichweite maximal mittelprächtig. Im 5GHz Band schon etwas besser aber immer noch schlechter als bei meinem Smartphone oder Tablet. Allzu weit sollte man also nicht vom Router entfernt sein.

Etwas schwach ist die Tatsache das kein Akku dabei ist. Bei einer UVP von 400 Flocken sollte so etwas eigentlich drin sein. Stattdessen verlangt Roberts nochmals 50 Euro Aufpreis damit man das Radio auch unterwegs nutzen kann. Der Akku sieht aus wie von einem älteren Notebook und wird an die Rückwand des Radios geschraubt. Dazu muss man 3 Schrauben heraus drehen, den Akku ansetzen und das ganze dann mit 3 neuen, längeren Schrauben, wieder festziehen. Das kurze Käbelchen des Akkus kommt dann in die Netzbuchse des Radios und das Netzteil in den Anschluss am Akku. 3 LEDs am Akku zeigen dann an ob der Akku gerade aufgeladen wird oder fast leer ist. Roberts gibt eine Laufzeit von 10 Stunden pro Akkuladung an. Wenn man den ersten Berichten im Netz glauben schenken darf klappt das aber nur wenn man auf Flüsterlautstärke per Bluetooth hört. Im Mischbetrieb bei normaler Zimmerlautstärke sind kaum 4 Stunden drin. Dafür benötigt der Akku laut Roberts 4 Stunden zum aufladen. Wenn dabei das Radio aus ist. Läuft das Radio währenddessen erhöht sich die Ladezeit stark. Hier kommt dann wohl das beim Radio mitgelieferte Netzteil an seine Grenzen. Ich werde das am kommenden Wochenende mal noch selbst austesten und wenn gewünscht die Laufzeiten nachliefern.

Klang:
Ich habe es nie verstanden und werde es auch nie verstehen. Das wichtigste an einem Radio ist doch der Klang. Denn ein Radio ist doch per Definition zum hören da! Und dann sparen die Hersteller bei den Lautsprechern. :kopf: Schaut euch mal an was im Roberts Stream 94i, einem 400 Euro(!) Radio, für ein "Basslautsprecher" verbaut ist:
Bass.jpg
Inklusive Rost auf der Abdeckung des winzigen Magnetchens. :rolleyes: Die aufgedruckten 15 Watt sind wohl "Chinesische Watt". Denn bei elektronischer Musik reicht schon Zimmerlautstärke vollkommen aus damit der Lautsprecher nur noch ein klägliches "Flapp Flapp Flapp" von sich gibt statt eines Bassschlags. Außerdem neigt das Ding elendig zum dröhnen. Rockmusik geht gar nicht. Ebenso wenig wie Hörbücher oder Hörspiele. Männerstimmen nerven schon nach wenigen Minuten ohne Ende. Dadurch wirkt das ganze auch recht topfig. Also so als würde man ein Ofenrohr vor das Radio halten. Leider kann man auch mit dem verbauten Equalizer nichts dagegen tun. Denn egal was man einstellt, der Bass klingt immer irgendwie bescheiden. :sneg: Die beiden winzigen Mittel-/Hochtöner in der Front des Radios klingen hingegen noch nicht mal so schlecht. Allerdings strahlen diese extrem punktförmig ab. Das Radio muss also für einen bestmöglichen Klang schon direkt auf Ohrhöhe vor einem stehen. Bewegt man sich auch nur ein bisschen nach oben oder unten sind sofort die Höhen weg. Besonders traurig: die Voraussetzungen für einen guten Klang stimmen eigentlich. Roberts hat sogar einen externen DAC verbaut um den bekanntermaßen harsch und klirrend klingenden DAC des FS Moduls zu umgehen. Als Verstärker (STMicroelectronics STA540) kommt ein echter Class A/B Verstärker (also kein Class D Geraffel) zum Einsatz der flockige 2x 7 Watt (Mittel-/Hochtöner) und 1x 20 Watt (Bass) in die Lautsprecher pusten kann. Und dann haut Roberts auf der Zielgeraden voll in den Sack und verbaut den größten und billigsten Mist den man im Chinakatalog finden konnte und der für den kräftigen Verstärker eigentlich gar nicht geeignet ist. :verrueckt: Hier mal ein Bild vom Verstärkerbaustein und dessen dickem großen Kühlblech. Rechts oben sieht man auch noch das vorbildlich geschirmte Tuner Modul und links das Koaxkabel das zur Teleskopantenne führt.
P_20210119_114126.jpg
Empfang:
Der DAB+ Empfang ist richtig gut. Die meisten Empfänger schaffen den SWR Mux auf 11A Indoor bei mir nur mit vielen Aussetzern. Das Roberts Stream 94i bringt den Mux fast ohne einen Aussetzer zu Gehör. Besser konnte das bisher bei mir nur das ViewQuest Hepburn mit Venice 7 Modul. Dafür reagiert das Roberts Radio, also das Venice X Modul, zickiger auf Nachbarkanalsender. Der 9A zieht den 9B (bzw. anders herum, je nach dem vor welchem Sender man gerade steht) stärker runter als das beim Venice 7, oder dem älteren Venice 6.5 Modul (im Roberts Stream 217) der Fall ist. Sogar das GTmedia D2 mit seinem Glovane Modul ist da robuster aufgestellt. Der Bluetooth Empfang ist, wegen der sau blöden Lage der Antenne, eher schlecht. WLAN hat eine externe Antenne bekommen und ist im 2,4GHz Bereich bestenfalls mittelmäßig. Im 5GHz Bereich schon deutlich besser.

Ein richtiges Fazit spare ich mit an dieser Stelle vorerst mal. Nur so viel: ich finde es sehr traurig das selbst wenn man richtig Geld in die Hand nimmt, wir reden hier immerhin von 350 Euro Straßenpreis und 400 Euro UVP(!), nur durchwachsene Qualität mit echt blöden Fehlern bekommt. Und dann wundern sich die Traditionshersteller, zu denen Roberts ja zweifelsfrei zählt, das die allermeisten Kunden nur noch zu Fernost Billigartikeln greifen. :danke:
uhf
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Re: Testbericht: Roberts Stream 94i

Beitrag von uhf »

Vielen Dank für den ausführlichen Test.
Zwar ist es ärgerlich, wenn die Soundqualität nicht stimmt, aber da gäbe es von Visaton ev. einen mechanisch passenden Lautspecherersatz. Dazu etwas Dämmwolle rein.
Klar für 400 Euro UVP / 350 Euro Handel will man nicht mehr basteln müssen.
Spacelab
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Re: Testbericht: Roberts Stream 94i

Beitrag von Spacelab »

Exakt das ist der Punkt. Vor allem weil dann ja auch jegliche Garantie flöten geht.

Ich müsste mal die Kataloge der einschlägigen Lautsprecherhersteller durchgehen. Der 8cm Lautsprecher von Visaton FRS 8 passt zwar noch gerade so ins Gehäuse. Aber klingen tut der auch nicht. Dem ist, wenn ich die technischen Parameter richtig deute, das Gehäusevolumen zu klein. Der einzige Vorteil ist das dieser wesentlich belastbarer ist und nicht schon bei Zimmerlautstärke die Segel streicht. Aber das könnte schwierig werden einen 8cm Basslautsprecher zu finden der mit dem Volumen eines Wasserglases klar kommt. :gruebel:
Habakukk
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Re: Testbericht: Roberts Stream 94i

Beitrag von Habakukk »

Ja danke für den ausführlichen Bericht! Sehr schade, wenn dann bei so einem Preis die Qualität nicht passt!
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cappu62
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Re: Testbericht: Roberts Stream 94i

Beitrag von cappu62 »

Google-CAST-Betrieb geht offensichtlich nicht?
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Spacelab
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Re: Testbericht: Roberts Stream 94i

Beitrag von Spacelab »

Nein leider nicht.

Als ich gestern Abend mit einem Hörbuch einschlafen wollte musste ich feststellen das es sehr nervige rasselnde Geräusche gab so als wäre irgendetwas lose. Schnell stellte ich fest das die ganze Plastikrückwand elendig rappelt und schnarrt. Bei Musik fällt das nicht wirklich auf. Aber bei trockenen Stimmen nervt das ohne Ende.
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