DAB+: weshalb nicht viel mehr Programme?

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radneuerfinder
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Re: DAB+: weshalb nicht viel mehr Programme?

Beitrag von radneuerfinder »

Habakukk hat geschrieben: Di 16. Apr 2019, 12:55 Man muss aber schon auch im Hinterkopf behalten, dass die Strukturen im TV-Bereich auch völlig anders sind. Ingesamt geht es ja auch um das Gesamtverhältnis öffentlich-rechtlicher Programme zu Privatprogrammen über die Hauptverbreitungswege
Ich meine auf allen Verbreitungswegen sollte es ein möglichst ausgewogenes Angebot geben. Nicht jeder will oder kann sich die Empfangsart immer aussuchen, z. B. werden Millionen Mieter zwangsweise mit Kabelfernsehen versorgt.

Und auf dem Verbreitungsweg digitales terrestrisches Fernsehen DVB-T2 ergeben rund 20 öffentliche und 20 private Programme ein Kräfteverhötnis von 1:1. Vorbildlich würde ich sagen. Die Öffentlich-Rechtlichen dürfen dort rund doppelt soviele Programme anbieten wie für Radio über DAB+. Ich dachte der Fernsehmarkt sei der (ge)wichtigere? Warum ist im TV-Bereich möglich, was bei Radio blockiert wird?
Beim digitalen terrestrischen Radio DAB+ ergibt sich aus dem Rundfunkstaatsvertrag zwingend ein Verhältnis öffentlich zu privat von rund 1:6. Ist das ein medienpolitischer Unfall, der sich zufällig (Lobbyisten irgendwo?) ergeben hat, oder ist das die Zukunft, die Medienpolitik bewußt für unser Radio gestaltet hat? Und vor allem ist das gut so??
iro
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Re: DAB+: weshalb nicht viel mehr Programme?

Beitrag von iro »

Einspruch: Das Kräfteverhältnis ÖR/Private ergibt sich nicht aus Quantität, sondern aus Qualität und Finanzausstattung. Letztlich gemessen in Einschaltquote (nach welcher Methode auch immer...). Und da stehen die ÖR im Radio ziemlich gut da.
radneuerfinder
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Re: DAB+: weshalb nicht viel mehr Programme?

Beitrag von radneuerfinder »

Stimme schon zu.

Nur das "gut da stehen" kann man nicht völlig unabhängig von der sehr guten technischen Reichweite der Öffentlichen, bzw. von der deutlich geringeren der Privaten betrachten. Wie gesagt, den bisher üblichen Verbreitungsweg UKW füllen die ö-r zu ca. 70. - 80 % aus und die Privaten haben einfach nur einen recht schmalen Platz um sich quotentechnisch zu entfalten.
Zuletzt geändert von radneuerfinder am Mi 17. Apr 2019, 13:57, insgesamt 1-mal geändert.
RudiP
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Re: DAB+: weshalb nicht viel mehr Programme?

Beitrag von RudiP »

radneuerfinder hat geschrieben: Mi 17. Apr 2019, 13:31 Stimme schon zu.

Nur das "gut da stehen" kann man nicht völlig unabhängig von der sehr guten technischen Reichweite der Öffentlichen, bzw. von der deutlich geringeren der Privaten betrachten. Wie gesagt, den bisher üblichen Verbreitungsweg UKW füllen die ö-r zu ca. 70. - 80 % aus und die Privaten haben wenig Platz für Entfaltung.
Der Unterschied besteht darin, dass die ÖR Geld in die Hand nehmen, um gutes Programm zu machen, während die Privaten möglichst wenig investieren und gleichzeitig möglichst viel abschöpfen wollen.
Der ÖR braucht Geld, um Programm zu machen, die Privaten brauchen Programm, um Geld zu machen.
maroon6
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Re: DAB+: weshalb nicht viel mehr Programme?

Beitrag von maroon6 »

radneuerfinder hat geschrieben: Di 16. Apr 2019, 12:17 Auch wenn im Rundfunkstaatsvertrag der Bundesländer (in § 11) anderes steht, ist es insgesamt schon sehr unlogisch, ja geradezu verrückt, dass dem öffentlichen Hörfunk verwehrt wird, was beim öffentlichen TV erlaubt ist: die Ausstrahlung regionalfremder Programme über terrestrische Sender.

Verrückterweise macht mans in Berlin trotzdem.

Nein, man legt das beim rbb nur für sich selbst wiefolgt aus: Jede ARD-Anstalt kann unbegrenzt Programme anderer ARD-Anstalten übernehmen, wenn diese unverändert ausgestrahlt werden. Ob das gesetzeskonform ist? Keine Ahnung, aber wo kein Kläger, da kein Richter. Auch Radio Bremen und der SR machen von diesem (angeblichem) Recht Gebrauch: mit der Verbreitung des Kiraka.

Mit Stichtag 1.4.2004 darf jede ARD-Anstalt nur so viele zusätzliche Digitalwellen verbreiten, wie man Länder zu versorgen hat. Also der WDR darf nur eins, der SWR bis zu zwei, der NDR bis zu vier. Nicht alle nutzen das aus, z.B. hat der hr bis heute keine Zusatzwelle gestartet. Der NDR verzichtet auf eine, beim SWR bin ich mir nicht sicher: Gab es Dasding nicht schon vor 2004 (das andere Zusatzprogramm ist SWR Aktuell)? Genau genommen könnte der rbb also noch zwei weitere, eigene Wellen starten.

Dass die ARD-Anstalten nicht Fremdwellen aufschalten, um ihre Muxe vollzukriegen, liegt oft an der Konkurrenzsituation. Der hr käme niemals auf die Idee SWR3 in Hessen zu verbreiten, auch wenn sie es rechtlich dürften.

Ach ja, die einzige ARD-Anstalt, die sich nicht an die Vorgaben hält, ist nicht der rbb, sondern der BR. Hier geht man einfach ganz frech hin und stellt Landesrecht über den Rundfunkstaatsvertrag. Mit Puls wäre Schluss gewesen, BR Plus und Heimat hätte es nicht geben dürfen.
cappu62
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Re: DAB+: weshalb nicht viel mehr Programme?

Beitrag von cappu62 »

Bayern plus hat Bayern mobil beerbt und wäre somit das einzige Digitalprogramm des BR gewesen.

Der BR wollte BR Klassik von UKW nehmen und dafür Puls aufschalten. Damit wäre lediglich mehr BR Heimat als zusätzliche Digitalwelle zu werten gewesen. Zur Abschaltung kam es vorläufig aus den bekannten Gründen nicht.
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RudiP
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Re: DAB+: weshalb nicht viel mehr Programme?

Beitrag von RudiP »

maroon6 hat geschrieben: Mi 17. Apr 2019, 14:07
radneuerfinder hat geschrieben: Di 16. Apr 2019, 12:17 Auch wenn im Rundfunkstaatsvertrag der Bundesländer (in § 11) anderes steht, ist es insgesamt schon sehr unlogisch, ja geradezu verrückt, dass dem öffentlichen Hörfunk verwehrt wird, was beim öffentlichen TV erlaubt ist: die Ausstrahlung regionalfremder Programme über terrestrische Sender.

Verrückterweise macht mans in Berlin trotzdem.

Nein, man legt das beim rbb nur für sich selbst wiefolgt aus: Jede ARD-Anstalt kann unbegrenzt Programme anderer ARD-Anstalten übernehmen, wenn diese unverändert ausgestrahlt werden. Ob das gesetzeskonform ist? Keine Ahnung, aber wo kein Kläger, da kein Richter. Auch Radio Bremen und der SR machen von diesem (angeblichem) Recht Gebrauch: mit der Verbreitung des Kiraka.

Mit Stichtag 1.4.2004 darf jede ARD-Anstalt nur so viele zusätzliche Digitalwellen verbreiten, wie man Länder zu versorgen hat. Also der WDR darf nur eins, der SWR bis zu zwei, der NDR bis zu vier. Nicht alle nutzen das aus, z.B. hat der hr bis heute keine Zusatzwelle gestartet. Der NDR verzichtet auf eine, beim SWR bin ich mir nicht sicher: Gab es Dasding nicht schon vor 2004 (das andere Zusatzprogramm ist SWR Aktuell)? Genau genommen könnte der rbb also noch zwei weitere, eigene Wellen starten.

Dass die ARD-Anstalten nicht Fremdwellen aufschalten, um ihre Muxe vollzukriegen, liegt oft an der Konkurrenzsituation. Der hr käme niemals auf die Idee SWR3 in Hessen zu verbreiten, auch wenn sie es rechtlich dürften.

Ach ja, die einzige ARD-Anstalt, die sich nicht an die Vorgaben hält, ist nicht der rbb, sondern der BR. Hier geht man einfach ganz frech hin und stellt Landesrecht über den Rundfunkstaatsvertrag. Mit Puls wäre Schluss gewesen, BR Plus und Heimat hätte es nicht geben dürfen.
Sachlich falsch! Was zum Stichtag im Jahr 2004 in Betrieb war, darf weitermachen, egal wieviele. Erst danach kam dann der Staatsvertrag, der je Land ein zusätzliches Programm erlaubt (und das war nicht zu einem Stichtag 2004). Das dürfte zusätzlich zum Bestandsschutz von 2004 sein oder neudeutsch: on top. Der BR hat vorausschauend 2004 genügend Programme betrieben. Die bundesweite Liste der im Sinn des Staatsvertrags gesetzlich bestimten Programme wird alljährlich vom bayerischen Kultusministerium (und vermutlich genauso in anderen Ländern) amtlich veröffentlicht. Dort stehen alle Programme des BR.
Habakukk
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Re: DAB+: weshalb nicht viel mehr Programme?

Beitrag von Habakukk »

Genau! Puls ist Nachfolger von On3Radio bzw. BR-Modul, BR Plus ist Nachfolger von Bayern mobil, BR Heimat Nachfolger von Bayern 2 Plus. Alle drei Programme gab es schon vor dem Stichtag. Das angedachte Kinderradio hätte BR-Verkehr ersetzt, das ebenfalls schon vor dem Stichtag auf Sendung war. Meines Erachtens rechtlich alles in Ordnung.
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Chris
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Re: DAB+: weshalb nicht viel mehr Programme?

Beitrag von Chris »

Ich finde die Frage nicht provokant, sondern gut.
Wie oft bin ich schon über die schwäbische Alb gefahren, hatte gerade einen interessanten Infoblock auf B5 Aktuell drin und der Empfang brach ab bzw. sprang auf kriseliges UKW um.
Dann durfte ich heiteres Wechselspiel machen, frei nach dem Motto "habe ich gerade gute Sicht nach Süden oder Norden?" je nachdem die 106,9 vom Grünten oder aus Franken die 105,3 bzw. 104,0.

Aus Ulm sendet man vom Kuhberg mit 10kW und prallt an der Schwäbischen Alb ab.

Würde man Ulm abschalten und die Abstrahlung rund auf den Turm Geislingen legen und das mit 10kW, so wäre Ulm und Umgebung voll versorgt und man würde Stuttgart, Ludwigsburg, das Remstal etc. erreichen und könnte sogar einen perfekten Übergang bei Heilbronn mit den fränkischen Türmen bilden. Eine Komplettabdeckung der A8 und A81, falls man mal die Schleife fährt. Ein Mehrwert für alle Zuhörer und kein Unterschied, ob man nun 10kW aus Ulm rauspustet oder aus Geislingen.

Zudem könnnte man das noch unter dem Deckmäntelchen "wir wollen unser Zielgebiet Neu-Ulm und Umgebung erreichen" laufen lassen. Man könnte so viel tun, aber man tut es nicht.
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