Digitalradio eigentlich 15 Jahre zu spät

[Martyn136]

Wenn man sich fragt warum DVB-T trotzdem ein Erfolg geworden ist, obwohl die Zuschauer vorher schon auf Kabel oder Satellit umgestiegen ist, und diese Empfangsarten meist auch weiterhin als Hauptempfangsweg nutzen, Gegenzug DAB/DAB+ aber nicht wirklich die Massen erreicht, würde ich folgende zwei Gründe dafür verantwortlich machen.

a) Radio ist zumindest seit DSL samt Flatrates angeboten wird, also seit ungefähr 2000 zumindest stationär uneingeschränkt via Webradio zu empfangen. Beim Fernsehen ist das nicht so. Gerade bei ausländischen Sendern, die über Satellit verschlüsselt sind, und bei Kabel und IP-TV Angeboten ganz fehlen, ist DVB-T da die einzige Empfangsmöglichkeit

b) Für DVB-T musste kaum jemand extra Empfangshardware anschaffen. Denn spätestens seit etwa 2007 werden die alten Röhrenfernseher in Massen ausgemustert und durch Flachbildfernseher ersetzt, welche ja allesamt einen DVB-T/C Tuner integriert haben. So kommt die Empfangshardware für DVB-T in die Haushalte, ohne das sie explizit angeschafft werden muss.

Jetzt fragt es sich natürlich ob man diese Vergünstigungen, die DVB-T zugute gekommen sich nicht auch mal bei DAB/DAB+ gehabt hätte. Und da muss ich sagen, fallen mir spontan die Neunziger Jahre ein

a) Für Webradio waren damals die Bandbreiten etwas knapp, aber vorallem die zeitbasierende Abbrechnung machte Webradio extrem unattraktiv

b) Damals kam der CD-Boom und damit auch der Discman-Boom. Fast jedes/s Kind / Jugendlicher / junger Erwachsener zwischen 10 und 25 hatte sowas.

c) Auch an den Erwachsenen mittleren Alters und Senioren ging der CD-Boom nicht vorbei. Da wurden dann zur gleichen Zeit massenhaft Radiorekorder durch Midi- / Mini- Micro-Analagen und CD-Radios ersetzt.

Wenn man damals schon DAB/DAB+ gehabt hätte (ja, ich weis der AAC Codec wurde erst 1999 entwickelt), es in diese neuen Geräteklassen automatisch eingebaut hätte, dann hätte man innerhalb weniger Jahre >90% der Bevölkerung mit Digitalradios ausstatten können. Dan wäre Digitalradio auch für die Programmanbieter intressant gewesen.

Tja, aber dafür ist es jetzt 15 Jahre zu spät. Und momentan ist das Risiko gross, das das Digitalradio DAB/DAB+ das gleiche Schicksal ereilt wie die Digitalkasette DAT.

[BetacamSP]

Du weisst aber schon, dass z.B. in Bayern DAB seit 1995 und damit seit 16 Jahren läuft? Auch vorher gab es mit DSR schon digitales Radio, wenn auch nur über Kabel und Sat.

Ich sehe die Gründe für das Scheitern von DAB eher in dem sehr schlechten Marketing und in der Tatsache, dass die meisten Leute mit dem normalen UKW Hörfunk völlig zufrieden sind. Weiterhin hat die Bedeutung des Mediums Radio die letzten 10 Jahre stark abgenommen.

[DigiAndi]

Ach bitte, nicht noch ein pro/contra-Tread, ich kann's nicht mehr hören. Hätte, müsste, sollte... ja, stimmt. Hat man aber nicht gemacht und heute ist es so wie's ist. Und wer sagt, dass DAB jetzt nicht die Massen erreichen wird? Es ist doch noch viel zu früh, um irgendein Urteil zu fällen.

[RheinMain701]

Man darf nicht vergessen, dass es damals nur K12 und L-Band gab, da ja ansonsten im Band III noch Analog-TV funkte. Damit wäre eine großflächige Versorgung schwierig gewesen.

[Marcus.]

Ausserdem waren die Leistungen beschränkt und die meisten Programme gab es auch schon auf UKW.

[Zwölf]

Es ist ja auch nicht so, als würden inzwischen keine neuen technischen Geräte entwickelt werden, wo ein solcher Einbau keinen Sinn mehr machen würde.

Abgesehen von der mobilen Einsetzbarkeit wo DAB+, meine ich, in mancher Hinsicht noch die Nase vorn hat, finde ich es problematisch, wie Sender selbst mit der Darstellung ihrer digitalen Übertragungswege umgehen. Wenn sich das DAB(+)-Angebot in vergleichbarer Qualität auch im Internet oder über UKW findet (vielleicht sogar noch zusätzliche Angebote via Web), wird es langfristig schwierig werden mit DAB+ zu argumentieren. Entweder die großen Radiostationen bieten im Internet ihre Programme mit vermindeter Qualität an, oder sie schalten über DAB+ auch mal Exklusivprogramme auf, die es über keinen anderen Verbreitungsweg gibt. Von solchen Exklusivprogrammen ist mir derzeit nur Bayern 2 plus bekannt, und da geht der Mehrwert ja leider auch gegen Null.

[DH0GHU]

Die Ursachen für das scheitern von DAB(alt) wurde in vielen Threads schon durchgekaut, schon ganz zu Beginn der Existenz dieses Forums:

- zu geringe Sendeleistung im Band 3 für eine gute Versorgung (gilt heute nicht mehr)
- Lokalmuxe nur im reichweitenschwachen L-band (gilt heute nicht mehr)
- Zu wenige Kapazitäten im Band 3, nur eine Bedeckung (gilt heute nicht mehr)
- Zu wenige Angebote pro Multiplex = max. 6-8 (gilt bei DAB+ nicht mehr)
- Keine Endgeräte bzw nur welche für viele 100 ¤ (gilt heute nicht mehr)
- Keine portablen Endgeräte (gilt heute nicht mehr)

[sun NRW5]

Die Zukunft wird "Digital", und das in allen Bereichen einer Übertragung, auf welchem Ü-Weg auch immer.
Sie wird "Digital".

Astra schaltet Analog ab.
Kabelnetzbetreiber drücken Analog-Kunden ins Digitale. Hätten gerne auch Analogabschaltung im Kabelbereich gerne schnellstmöglich.

Behördenfunk wird digitalisiert.

Wer sich jetzt noch analoge Verbreitungswege wünscht, den verstehe ich nicht.

[delfi]

Zu Pro und Contra DAB/DAB+:

Darüber braucht man hier genau genommen gar nicht mehr zu diskutieren. Wenn man schaut, wie viele Digitalradio-Threads es inzwischen hier gibt, muss man eigentlich erkennen, dass DAB/DAB+ zumindest hier längst angekommen ist.

[Spacelab]

Wie oft denn noch?! Reichen die anderen 100 Pro&Contra Diskussionen nicht aus? :wall: