Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

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iro

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von iro »

Warum sollte Schweden in Zugzwang kommen? Es hindert sie ja keiner daran, weiterhin auf UKW zu senden. Nur bei einer Fahrt an die norwegische Küste wäre im UKW-Radio eines schwedischen Fahrzeugs nichts mehr zu hören.
Ähnliches werden dann deutsche UKW-Autofahrer beim Besuch in NL oder CH zukünftig erleben.
andimik

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von andimik »

Daher ist es auch sinnlos, eine Insellösung zu etablieren. Und daher hoffe ich, dass IP Radio auf die Schnauze fällt und die Sender endlich davon abkommen.
Chris_BLN

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von Chris_BLN »

Eine Frage, die ich mir nicht beantworten kann: welchen Stellenwert hat Radio in Norwegen (noch)? Dient es der Bildung? Dient es der kulturellen Versorgung, vielleicht auch der entlegener Gebiete? Hat es einen Nutzwert für den Zusammenhalt der Bevölkerung? Ist es unerläßlich zur Information z.B. in heftigen Umweltsituationen, für die Landwirtschaft, ...?

Oder ist es das, was es zu etwa 85-90% in Deutschland ist: Hintergrund-Bedudelung?

Weiß jemand was dazu?

Wenn es da einen Unterschied gäbe, würde ich behaupten, daß dann auch die Bedingungen für eine Durchdringung mit DAB ganz andere sind.

Im privaten Umfeld kenne ich außerhalb der üblichen Radio-Kreise in Deutschland niemanden, der einen DAB-Empfänger besäße. Mehr noch: im Radio-Umfeld kenne ich Leute, die haben sich mal nen guten Kopfhörer aufgesetzt (ihre Standard-Abhörmethode) und in DAB+ reingehört, kurz gelacht und gesagt, danke, diesen schon klanglichen Müll brauche ich nicht. Vom inhaltlichen bei den meisten Angeboten gar nicht zu sprechen. Ich hatte 2 DAB-Sticks und wollte einen davon verschenken an einen der größten Radiofreaks überhaupt (freiberuflicher Medienjournalist und Autor). Er hat abgelehnt: Müll, damit gibt er sich nicht ab. Schauderhaft künstlicher Klang dank SBR - für ihn ungenießbar. Der Mann (Anfang 40) fährt lieber mindestens einmal im Monat nach Berlin oder Dresden in eine Opernaufführung.

Dort, wo ganz normale Menschen nach Kulturprogrammen verlangen, muß ich sowohl aus klanglichen Gründen als auch aus Gründen der Vielfalt DVB S oder C empfehlen. Das Verlangen nach nicht über UKW empfangbaren Dudelprogrammen kenne ich von der "Normalbevölkerung" gar nicht. Selbst das am-Kabel-Hören scheint sich vor allem auf Kulturwellen zu beschränken, zumindest findet das der Service des Kabelnetzbetreibers bei meinen Eltern vor, wenn er Kundeneinsätze hat. DLF, Figaro, D-Kultur, Bayern 2.

Das Gedudel läuft halt zu 85% und wohl meist auf portablen Empfängern. Da wäre spannend, ob eine Abschaltung zu Neukäufen animieren würde. Ich vermute, eher verzichtet man auf Radio, denn bedudeln lassen kann man sich auch vom USB-Stick. Werbefrei. Oder anders: warum sollte ein Volk, für das Radio nur noch en beliebeiges, belangloses Nebenbei-Produkt ist, dafür Aufwand treiben?
delfi

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von delfi »

Nach meinem erachten bietet Radio in N sicher ein breiteres Spektrum als bei uns. Die Bedeutung von Radio wird auch durch einen eigenen Wetter und einen separaten Bootkanal unterstrichen. Die Norwegen fahren schließlich nicht nur Auto.

Der kulturellen Versorgung dient Radio in N auf jeden Fall. Hier ist NRK Sami Radio jedenfalls identitätsstiftend.

Über die DAB-Ablehnung Deiner Bekannten, könnte man jetzt ewig diskutieren. meine private Meinung ist, dass DAB im Ausland oft mal besser klingt als in D. Dazu braucht man nur nach Südtirol. Um die Vorteile von DAB zu erkennen, empfehle ich einmal eine UKW-Fahrt in den Alpen. Dort, wo das UKW-Signal durch die engen Täler meist nur verstümmelt ankommt, sorgt es für "besondere" Klangerlebnisse. Auch Norwegen hat so eine schwierige Topografie. Landesweit kann man nur NRK P1 gut empfangen (UKW). Via DAB sind es an die 26 Programme.
iro

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von iro »

NRK Sami Radio wurde bereits 2010 in NRK Sápmi umbenannt ;)
NRK P1 (mit den Regionalnachrichten) schalten täglich 1,9 Mio von 5 Mio Norwegern ein, was schonmal ziemlich beeindruckend ist.
NRK P2, der Kulturkanal, scheint mit seinem "Höreranteil" von 8% auch recht gut anzukommen. Es geht also wohl gar nicht so dudelig zu in Norwegen wie bei uns...

Eine deutschsprachige Informationsseite von und zu NRK:
http://www.nrk.no/about/information-in- ... -1.8288765
102.1

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von 102.1 »

Chris_BLN hat geschrieben: Eine Frage, die ich mir nicht beantworten kann: welchen Stellenwert hat Radio in Norwegen (noch)? Dient es der Bildung? Dient es der kulturellen Versorgung, vielleicht auch der entlegener Gebiete? Hat es einen Nutzwert für den Zusammenhalt der Bevölkerung? Ist es unerläßlich zur Information z.B. in heftigen Umweltsituationen, für die Landwirtschaft, ...?
Ich vermute, eine der Gruende liegt sicher in der Unterhaltung und dem Unterhaltungswert an sich. Die Winter sind in Norwegen sehr lange, und insbs. oft sehr dunkel. Normales Tageslicht ist weit weit weniger als in Deutschland. - im Gegensatz zum Sommer.

Nowegen hat ein verschwiegenes Alkoholproblem, und tlw. auch Drogen, wo ich vermute, dass dies auch mit den langen Wintern zu tun hat.

Da wird das Radio und dessen Vielfalt eher als Ablenkung gesehen, bzw. als eine Versuch dafuer.
Nordlicht2

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von Nordlicht2 »

Kann die Frage nach dem Stellenwert von Radio nicht sowieso nur jeder fuer sich selber beantworten? Einen Indiz, mehr aber auch nicht, geben die Einschaltquoten der Programme.

Ansonsten ist es zu begruessen, dass zumindest schon mal in einem Land nur noch Autos mit DAB+ Radios verkauft werden. Der Impuls an den Rest in Europa duerfte gewaltig sein denn sehr interessant ist eben, dass die Bevoelkerung nicht meckert. Tut sie hier in Deutschland aber auch nicht, wenn man sich mal ausserhalb des Forums umhoert. Da kenne ich niemanden mit dem ich darueber geredet habe, der zu einem Umstieg in 10 Jahren negativ eingestellt ist. Einige wenige allerdings sagten, dass sie eh kein Radio hoeren.
Schwabinger

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von Schwabinger »

Ansonsten ist es zu begruessen, dass zumindest schon mal in einem Land nur noch Autos mit DAB+ Radios verkauft werden.
Wovon ja auch viele aus Deutschland kommen sollen.
Chris_BLN hat geschrieben: Ich hatte 2 DAB-Sticks und wollte einen davon verschenken an einen der größten Radiofreaks überhaupt (freiberuflicher Medienjournalist und Autor). Er hat abgelehnt: Müll, damit gibt er sich nicht ab. Schauderhaft künstlicher Klang dank SBR - für ihn ungenießbar.
Der allergrößte Radiofreak wird der nicht sein. Denn sonst hätte er den Stick zumindest mal als Empfangsgerät für die Technik behalten und um die Technik (und ihre ggf. vorhandenen klanglichen Widrigkeiten) weiter beobachten zu können.
Und selbst dieser Radiofreak sollte wissen, dass DVB-C und S nie eine Alternative für terrestrischen Rundfunk sein kann und dass DAB+ -auch wenn es für ihn klanglich unter aller Sau sein sollte- knister- und rauschfrei ist.

Ich gehe mal davon aus, dass einige "DAB+-Freaks" dieses Forums auch noch LW- und MW-Empfänger zu hause haben und diese wegen dem gegenüber DAB+ deutlich schlechten Klang auch nicht einfach weg werfen. Schon rein um hin und wieder mal in diese Radiotechnik hinein zu schnuppern.
Chris_BLN

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von Chris_BLN »

Besten Dank für diese Einblicke / Aussagen / Mutmaßungen! 8% Quote für eine Kulturwelle ist schon mal was. Wenn ich daran denke, daß D-Kultur und regionale ARD-Kulturwelle zusammen oft nur auf 3-4% kommen...
delfi hat geschrieben:meine private Meinung ist, dass DAB im Ausland oft mal besser klingt als in D.
Mag sein, mag nicht sein (UK DAB war schauderhaft, als man in D noch die paar Programme in anständigen 192 kbps MP2 gesendet hat), aber das hilft doch den ganz normalen Menschen nichts, die in D einfach nur das hören, was sie ohnehin kennen. Und das ist das, was es auf UKW gibt. Die wünschen sich weder etwas anderes noch kämen sie auf die Idee, daß es etwas anderes geben könnte. Das ist die Realität, die ich wahrnehme.

Fast niemand kennt DAB, noch weniger wollen DAB oder haben es sich gekauft. Einziges DAB-Radio, das ich in den vergangenen Monaten in Betrieb sah: ein TechniSat-Portable (UKW+DAB), als "Autoradio" in einem Transporter verwendet, der vom Arbeitgeber kein Radio spendiert bekommen hat. Der Fahrer: Mitarbeiter einer Antennenbaufirma, in IT- und Rundfunkdingen bewandert. Und was war eingestellt? MDR Jump. Dazu braucht man kein DAB, zumindest nicht im MDR-Gebiet. Da hat man immer mindestens 2 UKW-Frequenzen zur Auswahl.
iro hat geschrieben:1,9 Mio von 5 Mio Norwegern
Auf die Bevölkerungszahl hatte ich gar nicht geachtet. Kann es vielleicht sein, daß man sich in Norwegen näher ist, mehr als ein Volk betrachtet, fast wie eine Art großes Dorf? Wenn es eine gemeinsame Identifikation gibt, könnte auch Radio inniger und leidenschaftlicher genutzt werden... vielleicht. Gibt es eine Identität als "Norweger" in Norwegen? Also etwas, was den Deutschen meiner Meinung nach fehlt? Stolz auf das Land? Nein, ich meine keinen Nationalismus.

Ich kann deutsches Radio + TV ja schon nicht mehr anschalten wegen der täglichen Lüge, Hetze, Demagogie, Verbreitung einer als politisch korrekt angesehenen (und anzusehenden) Meinungshoheit der "Siegermacht". Aktuelles Stichwort: "Unrechtsstaat". An Verlogenheit nicht zu überbieten - ich bliebe fern, freiwillig. Und jeden Tag bröckelt die Bereitschaft, überhaupt noch in Deutschland zu bleiben, ein kleinwenig mehr weg. Es ist einfach nur noch widerlich, wie sich jeder, der es früher zu nix (und heute außer zu sowas auch zu nix) gebracht hat, mit solchen Themen profilieren darf. Mangels ausreichend Wort-Flächen im Radio läuft das ganze ja auch massiv in den Printmedien ab. Seitenweise.
Schwabinger hat geschrieben: Der allergrößte Radiofreak wird der nicht sein. Denn sonst hätte er den Stick zumindest mal als Empfangsgerät für die Technik behalten und um die Technik (und ihre ggf. vorhandenen klanglichen Widrigkeiten) weiter beobachten zu können.
Derjenige ist auf seinem Spezialgebiet (im Rundfunkbereich) einer der größten in Europa. Nenne ich jetzt das Gebiet, wäre sofort klar, um wen es geht, so bekannt ist er. Er hat sich immer für Inhalte interessiert und wo keine Inhalte sind, kümmert er sich auch nicht um die Technik, denn da ist sie nur Selbstzweck. Als jemand, dem die AM-Bereiche vertraut sind, kann er durchaus mit schlechtem Klang leben. Es kamen Inhalte darüber. Wozu sollte er sich mit ebenfalls (wenn auch etwas anders) schlecht klingender "Hightech" befassen, wenn darüber keine Inhalte mehr kommen? Wenn es im Gegenteil sogar so aussieht, daß die Kapazitäten zunehmend an Kinderzimmer-Spielprojekte mit peinlichen Facebook-Auftritten gehen oder gehen könnten? An teils gerade mal geschäftsfähig gewordene Kiddies, die das Spiel vom mikrofongeilen Radioboy spielen wollen?
Schwabinger hat geschrieben:Und selbst dieser Radiofreak sollte wissen, dass DVB-C und S nie eine Alternative für terrestrischen Rundfunk sein kann und dass DAB+ -auch wenn es für ihn klanglich unter aller Sau sein sollte- knister- und rauschfrei ist.
Blöd ist der nicht, im Gegenteil. Daß DVB-S/C nicht mobil ist, weiß er. Er hat nichtmal sowas.

Knister- und rauschfrei ist auch ein digitales Diktiergerät im Kugelschreiberformat - solange kein Ton rauskommt. Ein Kriterium kann das also kaum sein. Es muß auch schmerzfrei sein, wenn Signal kommt, und das ist bei SBR oft nicht der Fall. Ich denke mit Grauen an 70er-Jahre-Rockklassiker auf D-Kultur in nun AAC mit SBR, bei denen alles "untenrum" normal klingt und oben diese völlig synthetischen Pseudohöhen draufsitzen und so schneidend präsent sind, als wäre es eine Digitalproduktion der Neuzeit. Übler wurde Musik noch nie zerlegt.
Schwabinger hat geschrieben:Ich gehe mal davon aus, dass einige "DAB+-Freaks" dieses Forums auch noch LW- und MW-Empfänger zu hause haben und diese wegen dem gegenüber DAB+ deutlich schlechten Klang auch nicht einfach weg werfen. Schon rein um hin und wieder mal in diese Radiotechnik hinein zu schnuppern.
Wie gesagt: solange Inhalte kommen...
ulionken

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von ulionken »

Chris_BLN hat geschrieben: Auf die Bevölkerungszahl hatte ich gar nicht geachtet. Kann es vielleicht sein, daß man sich in Norwegen näher ist, mehr als ein Volk betrachtet, fast wie eine Art großes Dorf? Wenn es eine gemeinsame Identifikation gibt, könnte auch Radio inniger und leidenschaftlicher genutzt werden... vielleicht. Gibt es eine Identität als "Norweger" in Norwegen? Also etwas, was den Deutschen meiner Meinung nach fehlt? Stolz auf das Land? Nein, ich meine keinen Nationalismus.
Mir ist in Norwegen nicht aufgefallen, dass man dort mehr Radio hört als anderswo. Die Leute sind durchaus "stolz" auf ihr Land (was man auch als Ausländer zu spüren bekommt, selbst wenn man wie eine Verwandte schon seit Jahren dort wohnt), aber das Radio als identitätsstiftendes Medium? Ich weiss nicht so recht, das ist mir jedenfalls nicht speziell aufgefallen. NRK ist allerdings eines der wenigen seriösen Medien im Land; die Qualität der Printmedien ist doch überwiegend sehr reisserisch und provinziell. Und norwegisch hört man in den Medien natürlich am ehesten im Radio; die meisten Filme in TV und Kino sind nicht synchronisiert und nur untertitelt.

In Norwegen erhebt man den Anspruch, auch noch das kleinste Dorf an der Nordküste mit normaler Infrastruktur zu versehen - also direkte Strassenanbindung sowie Laden, Arzt und Schule in akzeptabler Entfernung. Bei der Radioversorgung auf UKW (bzw. früher MW/LW) betrifft das allerdings nur NRK P1 - die beiden anderen Programme kommen nicht flächendeckend bzw. nur von den Grundnetzsendern und haben je nach Topographie zum Teil unter Mehrwegeempfang zu leiden. Das Land ist insofern ideal für DAB - die Technik liefert ein annähernd gleichartiges Angebot fürs ganze Land mit guter Empfangsqualität. Der konsequente Ausbau des DAB-Netzes hat ein Übriges getan.
Ich kann deutsches Radio + TV ja schon nicht mehr anschalten wegen der täglichen Lüge, Hetze, Demagogie, Verbreitung einer als politisch korrekt angesehenen (und anzusehenden) Meinungshoheit der "Siegermacht". Aktuelles Stichwort: "Unrechtsstaat". An Verlogenheit nicht zu überbieten - ich bliebe fern, freiwillig.
Ich bezweifele mal, dass dieses Urteil pauschal für "deutsches Radio + TV" gerechtfertigt ist. Ich sehe das sehr viel differenzierter. Sicher, es wird bei den Hitdudlern und in den Nachrichten jede Woche eine neue Sau à la Unrechtsstaat oder bösem Streik durchs Dorf gejagt, aber es gibt auch guten, tief gehenden Journalismus, z.B. im Deutschlandradio und in einigen ARD-Programmen. Und den Rest braucht man ja erst gar nicht einzuschalten - bzw. die Ohren auf Durchzug, wenn man mit dem Kram zwangsweise beschallt wird. OK, die Qualität der Inhalte hat sich auch mit der Verbreitung auf DAB nach meinem Eindruck nicht gebessert.
Und jeden Tag bröckelt die Bereitschaft, überhaupt noch in Deutschland zu bleiben, ein kleinwenig mehr weg. Es ist einfach nur noch widerlich, wie sich jeder, der es früher zu nix (und heute außer zu sowas auch zu nix) gebracht hat, mit solchen Themen profilieren darf. Mangels ausreichend Wort-Flächen im Radio läuft das ganze ja auch massiv in den Printmedien ab. Seitenweise.
Es hindert Dich allerdings niemand daran, woanders hin zu gehen, innerhalb der EU und SUI/NOR sogar visafrei. Nur, wo sollten die kritisierten Zustände im Radio denn grundlegend besser als in D sein? Aus eigener Anschaung gibt es jedenfalls auch in UK, Frankreich oder Skandinavien neben einem Haufen von substanzlosem Geschwätz im Radio nur ganz wenige Lichtblicke mit guten Inhalten, zum Beispiel BBC Radio 4.

73 de Uli
DH0GHU

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von DH0GHU »

[OT]
Ein Unterschied zwischen einem Rechtsstaat und einem Unrechtsstaat ist z.B., dass man im Rechtsstaat den Staat ungestraft kritisieren darf, und ihn auch verlassen darf - und die Meinung dazu keinen Einfluß auf die Haltung des Staates gegenüber der Person in rechtlichen Fragen hat...
[/OT]
SCNR.
Chris_BLN

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von Chris_BLN »

ulionken hat geschrieben:NRK ist allerdings eines der wenigen seriösen Medien im Land; die Qualität der Printmedien ist doch überwiegend sehr reisserisch und provinziell. Und norwegisch hört man in den Medien natürlich am ehesten im Radio; die meisten Filme in TV und Kino sind nicht synchronisiert und nur untertitelt.
ulionken hat geschrieben:Bei der Radioversorgung auf UKW (bzw. früher MW/LW) betrifft das allerdings nur NRK P1 - die beiden anderen Programme kommen nicht flächendeckend bzw. nur von den Grundnetzsendern und haben je nach Topographie zum Teil unter Mehrwegeempfang zu leiden.
Danke, das sind weitere wichtige Punkte, die das Bild komplettieren. Da sind deutliche Unterschiede zu Deutschland erkennbar. Das macht die höhere Durchdringung mit DAB für mich verständlicher.
ulionken hat geschrieben: Ich bezweifele mal, dass dieses Urteil pauschal für "deutsches Radio + TV" gerechtfertigt ist.
Ist es natürlich nicht. Es hängt z.B. schon sehr von der Anstalt ab. Besonders übel wirkt auf mich der MDR. Wenn ich den mal zu hören oder zu sehen bekomme (auf Besuch bei den Eltern), muß ich raus aus dem Zimmer. Unerträglich. Nur noch dieses Thema. In der dortigen Lokalpresse genau das gleiche. Greife ich mir eine (westliche) Kulturwelle, siehts meist anders aus, da ist dieses Thema schon mal nicht mehr das einzige, man hat etwas Abstand.
ulionken hat geschrieben:Es hindert Dich allerdings niemand daran, woanders hin zu gehen, innerhalb der EU und SUI/NOR sogar visafrei.
...was ich inzwischen auch teils monatelang am Stück tue. Komplett raus kann ich noch nicht, meine Eltern sind in einem Alter, in dem sie zunehmend Hilfe brauchen, die ich als einziges Kind nunmal geben sollte und auch möchte. Ich fühle mich allerdings dort wie auch in Berlin und egal-wo-sonst in besiedelten Teilen Deutschlands völlig fremd: sowohl die Geisteshaltung (auch im Elternhaus!), die dominierenden Themen, die dominierenden Ansichten über Lebensgestaltung bis hin zum Straßenbild. Ja, ich bin nett zu meinen Nachbarn, wir haben einen guten Kontakt, sie leeren meinen Briefkasten und entsorgen den Werbemüll, wenn ich monatelang nicht da bin. Ich flicke dafür ihren Computer, verkabele ihre AV-Anlage, brenne mal eine CD mit einer alten Tonbandaufnahme von ihnen. Aber ihre Welt bleibt mir fremd: die bunten Zeitungen, der 60-Zoll-TV, das KDG-Abo in Vollausstattung, die Ansichten, was Leben bedeutet. So gehts mir überall in Deutschland, wo ich bislang war. Am wohlsten fühle ich mich in den Schweizer Bergregionen. Gäbe sicher auch in Skandinavien entsprechende Orte.

Ich hatte heute in Berlin-Adlershof zu tun (Wissenschaftsstandort) und es war für mich Jahre nach der Beendigung meines Arbeitsverhältnisses dort regelrecht schockierend, Straßenbild und Menschen zu sehen. Diese Härte, dieses Erdrückende, diese völlige Abwesenheit von Liebevollem. Es wirkte wie Automaten, die sich in einer künstlichen Umgebung nach vorgegebenen Algorithmen bewegen. Gruselig.

Letztlich habe ich nur noch in menschenleerer, unbebauter Umgebung das Gefühl, zu Hause zu sein. Die Natur liebt mich, das fühle ich. Da gehöre ich hin. Als ich vergangenen Sommer eine Woche alleine mit Wanderkajak und Zelt durch Mecklenburg bin, war das wohltuend, solange ich in menschenleerer Umgebung war. Schon Zeltplätze (muß man dort) waren teils eine Einschränkung. Ich fand aber auch einen regelrecht "liebevollen" Platz.

Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, daß ich mich in der Schweiz so wohlfühle: ich bin nicht in einer Stadt, sondern auf einer Alp, auf der man nachts Sternschnuppen zählen kann und wo paarmal am Tag ein Postbus in 10 Minuten Fußweg Entfernung vorbeikommt. Touristen hats dort keine, stattdessen spirituelle, auf ihre Art besondere Menschen, die aus der ganzen Welt anreisen und oft "abgebrochene" Biographien haben. Von der promovierten Physikerin zur Friedensaktivistin in den USA, von der Autohaus-Angestellten zur ayurvedischen Köchin, vom Polizisten zum Hausmeister.
ulionken hat geschrieben:Nur, wo sollten die kritisierten Zustände im Radio denn grundlegend besser als in D sein?
Eine Frage, die ich Dir nicht beantworten kann, weil ich die Situation in den einzelnen Ländern nicht kenne. Außerhalb des deutsch- oder englischsprachigen Raums käme noch die Sprachbarriere dazu. Wenn ich in der Schweiz bin, höre ich kein Radio. Dort habe ich keins, dort hat offenbar niemand eins, wo ich bin. TV das gleiche. In Berlin hörte ich ab und an in SRF2 rein, zum Gesamteindruck fehlt mir eindeutig die ausreichende Hör-Erfahrung. Ein bemerkenswerter Beitrag blieb mir in Erinnerung, so deutliche Worte über die gesellschaftliche Situation in Österreich wie die, die Robert Menasse auf SRF2 sagte, halte ich im deutschen Rundfunk für nicht mehr möglich. Sowas wäre 1990/91 im Nalepastraßen-Funk gegangen, aber vorher und danach eher nicht. Und Zeitungs-Kommentare haben in der Schweiz soweit ich es verfolgt habe nicht diesen hasserfüllten, hämischen Grundton, den sie in Deutschland inzwischen häufig haben. Die Redaktionen kommen doch mit Ausputzen der Kommentarspalten nicht mehr hinterher. Sachliche Diskussionen mit erkennbarer Vernunft und Sinn für eine gesunde Gemeinschaftsentwicklung fand ich hingegen in der Schweiz deutlich häufiger.

Mir geht es um deutlich mehr als um das Radio oder den Fernseher. Mir geht es um die Alltagskultur. Und da sehe ich einen erschreckenden Niedergang. Gewiß anderswo im besiedelten Raum in Abstufungen ähnlich, aber die Norweger beispielsweise (um wieder aufs Thema zu kommen) sind sehr am Rundfunk der DDR interessiert, an den technologischen Abläufen, an den Studiobauten. Die kommen nach Berlin, interviewen, so noch interviewbar, die damaligen künstlerischen und technologischen Fachleute. Es gibt einen Austausch, es wurden Filme gedreht über das Rundfunkzentrum Nalepastraße. Und es gibt seitens der Norweger die Aussage, daß es für sie unvorstellbar ist, wie ein Staat eine solche kulturelle Substanz der Verrottung preisgeben kann.
ulionken hat geschrieben:Aus eigener Anschaung gibt es jedenfalls auch in UK, Frankreich oder Skandinavien neben einem Haufen von substanzlosem Geschwätz im Radio nur ganz wenige Lichtblicke mit guten Inhalten, zum Beispiel BBC Radio 4.
In Deutschland siehts da auch nicht allzu dicht gesäht aus. In Bayern gibt es mit Bayern 2 (wie lange noch?) ein solches hochwertiges Programm. Radio Brandenburg war eins - ohne vergleichbaren Ersatz. Anderswo kann man nur auf den DLF bauen, so er empfangbar ist. Es gibt ja seit Jahren mindestens eine Anstalt, die auf keiner Welle mehr anständige gelesene Nachrichten ohne O-Töne bringt - der hr. Allein das ist unfassbar. Über den MDR ist wohl alles gesagt worden, ich empfinde nichtmal Figaro als kulturell hochwertig (was für einzelne Sendungen gewiß nicht zutreffend ist).
DH0GHU hat geschrieben: [OT]
Ein Unterschied zwischen einem Rechtsstaat und einem Unrechtsstaat ist z.B., dass man im Rechtsstaat den Staat ungestraft kritisieren darf, und ihn auch verlassen darf - und die Meinung dazu keinen Einfluß auf die Haltung des Staates gegenüber der Person in rechtlichen Fragen hat...
[/OT]
SCNR.
Das ist in der Tat ein Kriterium. Es ist aber nur eines. Zieht man weitere hinzu (letztlich geht es dabei stets um die Frage, ob die Gesellschaft auf der Grundannahme aufbaut, daß es immer Gewinner und Verlierer geben muß), kommt man meiner Ansicht nach zwangsläufig an den Punkt, daß sowohl DDR als auch BRD Unrechtsstaaten waren bzw. sind. Das zentrale Thema des Unrechts ist bloß ausgetauscht worden: in der DDR wars die politische Konformität, heute ists schlicht das Geld. An den Konsequenzen ändert das nicht viel.

Wo die DDR Biographien politisch zerstörte, zerstört heute das Geld Biographien. Einfach mal z.B. arbeitslos gewordene Orchestermusiker fragen. Oder Journalisten, die früher wegen geforderter politischer Linientreue nicht anständig arbeiten konnten und es heute wieder nicht können - wegen geforderter "monetärer Linientreue", also Treue zu den Anzeigen- und Werbekunden und dem Zwang, maximale Quote zu machen, was mit einem mehrheitlich eher schlichten Volk nur über eher schlichte Inhalte geht. Ja, es gibt ARD-Hörfunkjournalisten, die sich für den Output ihrer Programme schämen, aber von irgendwas halt auch leben müssen. Die Schere im Kopf ist genauso groß wie früher, mitunter sogar größer. Kulturell ist im deutschen Hörfunk heute weniger möglich als im DDR-Rundfunk der späten 80er Jahre. Wäre das nicht so, würden so harmlose Leute wie Klaus Walter auf hr3 noch senden dürfen. Sie dürfen es wegen des verordneten Quoten-Faschismus' nicht. Hier hat das Geld bereits eine größere Zensurwirkung als die ergreisten Polit-Eliten der DDR einst hatten. Das betrifft auch die sogenannten "Kulturwellen", auch dort fällt raus, was der Mehrheit zu anstrengend, zu verstörend sein könnte.

Das Problem, das ich mit der "Unrechtsstaat-Debatte" habe, ist nicht die Tatsache, daß die DDR ein Unrechtsstaat war. Das war sie, da sehe ich keinen Diskussionsbedarf. Das Problem besteht für mich darin, daß stillschweigend das heutige System als das beste, rechtsstaatlichste und wasweißich noch hingestellt wird - und das trifft eben nicht zu. Hier haben Profiteure massiv Angst, daß ihnen die Luft zunehmend eng wird. Die ganze einseitige Debatte wird umso heftiger, je enger es für sie wird. Deshalb gräbt man nach 25 Jahren die DDR-Mumie aus und treibt sie wieder durchs Dorf, jedes Jahr heftiger als im Jahr davor. Die Intensität korreliert mit der Tiefe der Probleme des heutigen Systems: Tendenz zunehmend. Allein die Tatsache, daß die Kommunen, unsere Wohnorte, zunehmend finanziell handlungsunfähig werden, zeigt, wie effizient der heutige Staat gegen die Wand fährt. Die einzigen Unterschiede zur untergehenden DDR: es gibt noch Bananen und geile bunte Dinge und bislang wird noch niemand eingeknastet, der nicht mitspielen will. Am Finale ändert das aber nichts.

Da es diesmal kein vermeintliches Paradies gibt, in das man überlaufen könnte, befürchte ich sogar, daß die nächste "Revolution" nicht als "friedliche" in die Geschichte eingehen wird.
Manfred Z

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von Manfred Z »

Mir scheint, du bist hier nicht nur im falschen Thread, sondern im falschen Forum.
NurzumSpassda

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von NurzumSpassda »

Back 2 topic please. :cheers:
DX-Fritz

Re: Norwegen plant den Umstieg von UKW auf DAB

Beitrag von DX-Fritz »

Trotzdem noch ein OT:
SCNR.
Ich hasse Abkürzungen, bei denen ich immer erst einmal googeln muss, was sie bedeuten! *grgrgrgr* :mad: Noch dazu scheint es sich hier um die Abkürzung einer englischen Redewendung zu handeln. Nehmt doch bitte Rücksicht auch auf weniger gebildete Forumsteilnehmer und wendet nur solche Abkürzungen an, die ziemlich sicher jeder versteht!
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